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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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Man muss den Unvergänglichen eindeutige Fragen stellen. Sie erzählen einem nichts so, dass man es gleich versteht.
    Tanamil legte mir meine Webarbeit auf die Knie. »Wir nennen so etwas einen Zaubermantel«, sagte er. »Ich glaube, du solltest ihn zum Urquell des Stromes mitnehmen. Aber sicher bin ich mir nicht. Du stellst hier etwas her, das über alles hinausgeht, was ich kenne. Ich wage nicht, es womöglich zu verderben, indem ich…«
    In diesem Augenblick schlug das Verhängnis zu. Der König kam mit Jay herein, um dem Einen seinen Abendbesuch abzustatten. Mit aufgequollenen Augen zwinkerte er Robin zu. »Meine liebste junge Dame! Endlich siehst du besser aus! Gesundheit und bemerkenswerte Schönheit sind zurück, was? Und wie geht es meinem güldnen Edelmann?«
    Tanamil stand neben meinem Webstuhl, doch der König sah ihn nicht, und Jay genauso wenig. Hern, Entchen und ich tauschten erstaunte Blicke. Robin war viel zu beschäftigt mit dem König, um irgendwohin zu sehen. Sie sagte, der Eine sei in Sicherheit, und sie fühle sich heute schon viel besser.
    »Gut! Dann können wir ja weiterziehen«, sagte unser König. Er schritt den Raum ab und ging währenddessen, ohne es zu merken, dicht vor Tanamil vorbei. Der Anblick meines Wollmantels schien ihn gefangen zu nehmen. »Mein liebes Wuschelköpfchen, das ist ja wunderschön! Jetzt erkenne ich, welchem Zweck dein Fleiß gedient hat. Das nenne ich wahrlich erlesen, meine Liebe!« Er nahm mir den Wollmantel vom Knie. Ich hob die Hände, um ihn daran zu hindern, doch er entwand ihn mir. Ich dachte, Tanamil könne ihn aufhalten, doch der stand da, als wären ihm die Hände an den Seiten festgeschnallt. Der König hielt sich den Wollmantel vor den Leib. Er war ihm viel zu groß. Wie ich sagte, ist er klein und dicklich. Doch seine Augen zwinkerten Robin entzückt an. »Deine Schwester hat einen wahrhaft königlichen Mantel für unsere Verlobung geschaffen, meine Liebste. Wann soll unsere Heirat sein?«
    Wenn ich an die Gesichter denke, die wir alle zogen, könnte ich fast lachen – nur dass es gar nicht komisch ist. Wir alle waren entsetzt, und Entchen noch mehr als Tanamil. Er schaute den König an, als sei er ein Ungeheuer, und wich vor ihm in die Ecke zurück. Was Jay betrifft, so traf es ihn noch schlimmer als Entchen. Er taumelte, als habe der König ihn geschlagen, und starrte mich wütend an. Mittlerweile habe ich begriffen, dass er gedacht hatte, der Mantel sei für ihn.
    »Aber Majestät«, wandte ich ein, »der Mantel ist zu groß für dich!«
    »Wir können ja den Saum etwas anheben«, meinte der König, »hier unten und an den Ärmeln. Ich muss zugeben, Wuschelköpfchen, dass du dich entweder verguckt oder an einen anderen Mann gedacht hast.« Der Seitenblick, den er Jay zwinkernd zuwarf, verriet, dass er keinen Zweifel hatte, wer dieser Mann war. Er verbeugte sich vor mir. »Ich danke dir für meinen Mantel. Ich grüße meine zukünftige Braut.« Er nahm Robins Hand und küsste sie. Wenn es ihm gefällt, kann er sehr höfisch sein.
    Robin entzog ihm die Hand. Sie sah wieder krank aus. »Ich habe noch nicht eingewilligt, Majestät.«
    »Unsinn«, entgegnete er. »Dieser Mantel bedeutet Einwilligung. Sollen wir morgen heiraten? Der Dorfvorsteher von Iglingen kann die Trauung vornehmen.«
    Robin warf Hern einen verzweifelten Blick zu. Mit gebrochener Stimme sagte Hern: »Majestät, wir sind mit Zwitt nicht einverstanden. Du musst schon einen anderen Vorsteher finden, der euch traut.« Hern sagt, so verlange es das Gesetz. Er meint, dass er Glück hatte, sich daran zu erinnern, weil seine Gedanken sich überschlugen.
    »Nun, offen gestanden, ich mag Zwitt auch nicht«, willigte der König sofort ein. »Wir erkennen deinen Einwand an, zukünftiger Schwager. Wir nehmen den nächsten Vorsteher, den wir finden. Ich gehe nun und gebe Anweisung, das Lager abzubrechen und abzumarschieren. Schlaf gut, meine junge Dame.« Er stopfte sich meinen Mantel unter den Arm und nahm ihn mit. Jay begleitete ihn. Er sah aus, als habe ihm jemand ins Gesicht geschlagen.
    Wir blieben in heller Aufregung zurück. Robin brach in Tränen aus, und Tanamil umarmte sie. Ich ertappte mich dabei, dass ich die gleichen Laute hervorbrachte, wie alte Frauen sie bei Begräbnissen von sich geben. Meine ganze Arbeit missbraucht und umsonst. Gerade, nachdem ich ihr Wesen begriffen hatte und wusste, wie ich sie einsetzen konnte. Hern verlangte zu erfahren, warum Tanamil den König nicht

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