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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Einen, dessen wahre Namen nicht ausgesprochen werden dürfen und von dem alle Könige abstammen. Als Beweis für meinen Anspruch hat mir mein Vater ein Pfand versprochen, das ich am diesjährigen Mittsommer finden sollte, und dieses Versprechen hat er gehalten. Hier ist das Pfand.« Sie hob die goldene Statuette über die nächsten Laternen, damit sie deutlich zu sehen war. »Wer bezeugt«, rief sie aus, »dass mir der Strom Aden heute dieses goldene Abbild meines Vaters, des Einen, gegeben hat?«
    Mitt fuhr zusammen und blickte sich nach einem Versteck um. Dann seufzte er und schob sich zur Tür vor. »Wenn ich gewusst hätte, was du meinst, als du mich gefragt hast«, sagte er, »wäre ich auf der Stelle nach Aberath zurückgekehrt.«
    Der Rechtsgelehrte nuschelte: »Bezeugscht du dasch?«, und schwankte leicht.
    »Sicher«, sagte Mitt voll Bitterkeit. Selbst wenn Keril und die Gräfin persönlich den Erdrutsch verursacht hätten, sie hätten ihn nicht tiefer in die Sache hineinstoßen können. »Auf halbem Weg durch den Bach bin ich über die Statue gestolpert. Sie hat sie aufgehoben. Zufrieden?«
    Noreth antwortete ihm mit einem zielstrebigen, aufgeregten Lächeln. Ihre Hände zitterten noch immer, während sie die Statue hochhielt. Sie war außerordentlich nervös. Was sie tat, tat sie nicht etwa, weil sie verrückt gewesen wäre, sondern weil sie es als ihre Pflicht ansah, und vielleicht hatte sie Recht. Mitt sah sich veranlasst, ihr Lächeln zu erwidern, bevor er von ihr abrückte. Hinter Noreth entdeckte er den Bardenjungen, der ihn voller Groll mit Blicken maß. Was glaubt der denn wohl, was ich jetzt gemacht habe?, fragte sich Mitt gereizt.
    »Ich rufe euch alle auf«, sagte Noreth, »mich in meinem Anspruch zu unterstützen. Heute Mittag, am Mittsommertag, werde ich aufbrechen und den Grünen Straßen folgen, bis ich an den Ort komme, wo die Krone verborgen liegt, und dort werde ich zur Königin gekrönt werden. Wer immer meinen Anspruch unterstützen und mit mir reiten möchte, trifft sich bei Sonnenaufgang am Wegstein über dem Steinbruch mit mir.«
    Erneut herrschte Schweigen, auf das anschwellendes Gemurmel folgte, welches halb zweifelnd, halb begeistert klang. Navis wisperte Mitt zu: »Nun, dann scheint uns nur noch eins zu bleiben.« Mitt nickte, aber seine Aufmerksamkeit galt Moril an der Tür. Er spürte beinahe, dass der Junge soeben eine Art Entscheidung traf. Ja tatsächlich, Moril nahm die Quidder zur Hand und stimmte das Lied an, das ›Des Königs Weg‹ hieß. Hestefan warf ihm einen erstaunten Blick zu, nahm aber die Melodie mit seiner Quidder auf und trat zwischen die beiden Reihen aus tropfenden Kerzen zu seinem Lehrling. Moril beugte sich vor und begann wieder auf die merkwürdige, besondere Art die Saiten zu zupfen. Das Summen schaukelte sich neben der Melodie immer weiter auf, bis es zu mehr geworden war als nur dem Anklang eines Liedes. Mitt spürte eindeutig die ernsthafte Entschlossenheit, die hinter den Tönen dröhnte. Alles sang:
    »Wer reitet nun des Königs Weg,
    des Königs Weg?
    Wer reitet auf der edlen Straß’
    Und folgt dem König nun ?«
    Der Gesang kam ein wenig aus dem Takt, weil etwa die Hälfte aller Anwesenden versuchte, ›Königin‹ zu singen statt ›König‹, aber trotzdem war er schwungvoll. Mitt kam es vor, als steige ihm das Lied zu Kopf – entweder war es der Gesang oder das Dröhnen von Morils Quidder. Später war sein Erinnerungsvermögen an diese Ereignisse etwas getrübt. Er wusste noch, dass Noreth, die leuchtend in der Tür stand, die schimmernde Statue hochhielt, damit jeder sie sah, während alles sang. Er erinnerte sich, Navis unbehaglich angesehen zu haben, weil das Lied im Süden verboten war, und zu seiner Verwunderung sang Navis mit. Mitt kannte das Lied natürlich, denn er war ein Freiheitskämpfer gewesen, aber Navis war der Sohn eines Grafen, bei Ammet!
    Als Nächstes erinnerte er sich, in Navis’ Zimmer zu sein, wo Navis ihn zu überreden versuchte, sich schlafen zu legen. Mitt unterbrach sich mitten im Satz – er schien fortwährend gesagt zu haben: »Das ist ernst, Navis, es war ihr ernst!« –, um einzuwenden, dass er gar nicht müde sei.
    »Wie du möchtest«, entgegnete Navis. »Bis Sonnenaufgang sind ohnedies nur noch wenige Stunden.« Mitt glaubte, war sich aber nicht sicher, dass Navis sodann fortging, weil er noch viel zu tun habe, und wusste, dass Navis nicht wiederkam, bis er bei Morgengrauen erwachte, weil Navis ihn

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