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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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damit der Weg eben verlief. Maewen wunderte sich sehr über die Grüne Straße. In ihrer Zeit gab es, soweit sie wusste, nichts Vergleichbares. Was hatte Wend gemeint, als er sagte, er hüte die Grünen Straßen? Sie blickte ihn an; er schritt neben Hestefans Maultier einher. Zweihundert Jahre alt. So alt musste er sein. Also war er wirklich ein Unvergänglicher.
    Als sie sich wieder umblickte, sah sie, dass der Weg auf ein Hochland mündete. Wie um sie zu trösten, zogen sich ringsum blaue Gipfel und staubfarbene Bergschultern dahin. Die Straße bog leicht nach rechts, und Maewen starrte auf den hohen, wie ein Hufeisen geformten Gipfel des Aberather Felsturmes. Augenblicklich wusste sie, wo sie war: im hohen Norden unweit von Adenmund. Mutter, Tante Liss und sie lebten nur zwanzig Meilen von hier – oder würden nur zwanzig Meilen von hier entfernt leben. Dennoch hatte es keinen Sinn, im Eiltempo nach Hause zu galoppieren. Das Haus würde sie vielleicht sogar vorfinden – es war recht alt –, aber Fremde würden darin wohnen. Welch elender Gedanke voll Einsamkeit! Und sie hatte richtig vermutet. Wend hatte sie genau an den Anfang von Noreths Königsreise versetzt, und Noreth war entführt worden, also musste Maewen tagelang durchhalten. Ach – verdammt!
    Maewen sah Wend wieder verärgert an. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Rest der Gruppe auch nicht gerade fröhlich war. Mitt und Navis ritten Seite an Seite, aber nur, damit sie sich leise streiten konnten. Als sie hinsah, sagte Navis gerade: »Ich hätte nie gedacht, dass du solch ein Musterknabe sein könntest.«
    Mitt entgegnete: »Jetzt beschimpf mich noch! Du bist es doch, der ihre Lage ausnutzt!«
    »Ich nutze niemanden aus«, widersprach Navis. »Bei allem, was du schon erlebt hast, müsstest du dir doch eigentlich vorstellen können, was es heißt, mit einem unheilbaren Trinker verheiratet zu sein!« Er kehrte ihm hochmütig die Seite zu und begegnete Hestefans Blick. Auch von dem Barden wandte er sich ab, als missfalle ihm Hestefan genauso sehr wie Mitt.
    Hestefan beachtete ihn nicht. Er starrte verträumt auf die Hängeohren des Maultiers. Vermutlich war er von Natur aus selbstvergessen, aber wie er gerade dreinblickte, musste er recht bittere Träume haben. Der Junge – Moril hieß er, so viel wusste Maewen bereits – saß genauso verträumt neben Hestefan und zupfte an seiner großen alten Quidder, und er war nicht glücklicher als sein Lehrmeister. Noch hatte er nicht ganz den melancholischen Gesichtsausdruck, den Maewen von seinem Porträt her kannte, aber sie sah genau, dass er über etwas ziemlich Schrecklichem brütete. Was immer das war, musste etwas mit Mitt zu tun haben. Wenn Mitt sich nämlich gerade nicht mit Navis stritt, machte er die ein oder andere freundliche Bemerkung zu Moril, doch der Bardenjunge tat entweder so, als habe er nichts gehört, oder er gab ihm eine knappe, abfällige Antwort, die jedes Gespräch schon im Keim erstickte.
    Außer Maewen schien niemand Wend zu kennen. Nach ihrem letzten Streit versuchte Navis, Mitt zu ignorieren und sich mit Wend zu unterhalten. Wends Antworten waren so unterwürfig höflich, dass Navis beide Brauen hochzog und es aufgab. Geschieht Wend nur recht!, dachte Maewen, doch dann überlegte sie: So geht das nicht! Entsetzlicher kann eine wichtige Reise doch gar nicht beginnen.
    Ärgerlich hielt sie ihr Pferd quer vor ihnen an. »Was ist denn nur mit euch los?«
    Sie starrten sie aus einem Wirrwarr von halbgezügelten Pferden und einem Maultier an. Mitts Pferd sah nicht ein, weshalb es stehen bleiben sollte, und schritt rückwärts in die Steine der Randbefestigung. Mitt schlug es. »Benimm dich, du Gräfin, du!«
    »Was los ist?«, fragte Navis mit herablassend erhobenem Kopf. Er erinnerte Maewen an jemanden, der sich genauso benahm, aber sie hatte nicht die Ruhe, um darüber nachzusinnen.
    »Jawohl«, sagte sie. »Ihr seid nur fünf und ärgert euch mit Absicht gegenseitig. Das hört jetzt auf, habt ihr verstanden! Warum könnt ihr denn nicht alle fröhlich sein?«
    Mitt, der das im Großen und Ganzen wenigstens versucht hatte, wie Maewen zugeben musste, gab seinem Pferd noch einen Klaps und sagte aufgebracht: »Das musst ausgerechnet du sagen! Wer reitet denn die ganze Zeit stur voraus und macht ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter?«
    Als Moril das hörte, grinste er, als könne er nicht anders.
    Maewen funkelte sie nacheinander an. Jungen! »Also schön. Dann gebe ich mir mehr Mühe.

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