Jones, Diana Wynne
Mittsommer nach ihrem achtzehnten Geburtstag. Das musste Mitt natürlich alt vorkommen. »Wirf es mir nicht vor«, sagte sie. »Ich bitte dich!«
Mitt lachte. »Ich will’s versuchen.«
Das Gespräch wurde dadurch nicht gerade einfacher. Maewen versuchte herauszufinden, wer Mitt eigentlich war – er hatte einen schrecklichen Südländerakzent für jemanden, der sich so weit nördlich aufhielt –, woher er Noreth kannte, worin seine Verbindung zu Navis bestand, weshalb Moril ihn nicht leiden konnte, warum Mitt sprach, als lebe er in Aberath und nicht in Adenmund, was ihn auf diese Reise führte und ob er weiter über die goldene Statue sprechen wollte. Sein freches Pferd war Maewen keine Hilfe. Unablässig versuchte es, sie ins Bein zu beißen.
Mitt riss dann jedes Mal den Kopf des Pferdes zur Seite und beschimpfte es: »Hör auf damit! Willst du nicht hören, du Gräfin, du!«
Etwa beim sechsten Mal musste Maewen lachen. »Das ist ein Wallach. Warum nennst du ihn Gräfin?«
»Das hab ich dir doch gestern schon erzählt!«, sagte Mitt offensichtlich erstaunt.
Hilfe! »Ach ja, richtig, jetzt erinnere ich mich«, sagte Maewen eilig.
Und so ging es die ganze Zeit. Dennoch gab Maewen nicht auf, denn sie musste alles erfahren. Sie fühlte sich grotesk befangen für jemanden, der unter freiem Himmel dahinritt, während sich langsam die Berge rings um ihn drehten. Immerhin gelang es ihr nach einer Weile, die Geschichte der Statue herauszufinden. Mitt und Noreth hatten sie gemeinsam im Aden gefunden. Maewen runzelte leicht die Stirn, als sie das hörte. Sie dachte an den eigenartigen Traum, den sie im Zug gehabt hatte …
»Und ich brauche meinen Anteil«, erklärte ihr Mitt. »Ich brauche ihn dringend. Ich muss damit auch Navis aushelfen, sonst würde ich nicht andauernd darauf herumreiten.«
Mitt glaubte offensichtlich an den Nutzen offener Worte, das merkte Maewen gleich. Obwohl es ihr gefiel, kam sie sich nun unredlich vor. »Die Statue ist völlig sicher… ehrlich«, wiederholte sie. Sie begann inbrünstig zu hoffen, dass das Pferd, auf dem sie ritt, Noreth gehört hatte. Es war herrenlos am Wegstein herumgelaufen. Noreth hatte dort auf ihre Gefolgsleute gewartet und war entführt worden, bevor einer von ihnen eintraf. Das Pferd konnte also sehr gut ihr gehört haben, wenn man zum Beispiel annahm, dass die Entführer sie in eine Kutsche gezerrt und das Pferd weggejagt hatten. Wenn es so war, konnte die goldene Statue sehr gut in das Gepäck hinter dem Sattel eingerollt sein.
Sie machten Rast in einer grasigen Talbucht, die hohe Felsen umgaben. Eilig führte Maewen ihr Pferd über das zarte feuchte Gras zur Seite und durchwühlte das Gepäck, wobei sie vorgab, nach Essbarem zu suchen. Sie fand Vorräte, wenngleich nicht viel – Brot, Käse, Äpfel und eine kleine, aber feine Pastete –, längst nicht genug, um sie bis nach Karnsburg zu ernähren. Sie fand außerdem ein sauberes Unterhemd, Unterhosen und Socken, alles in ihrer Größe. Darum sah es schon mehr danach aus, als hätte das Pferd wirklich Noreth gehört, aber von einer Statue gab es keine Spur. Während sie noch beschäftigt war, sprach jemand dicht neben ihr sie an:
»Du wirst die Statue nicht finden. Sie wurde gestohlen.«
Es war eine Männerstimme, tief und tönend. »Was meinst du mit gestohlen?«, fragte Maewen und wunderte sich, woher wer auch immer sprach davon wusste. Sie blickte sich um, in der Erwartung, Navis oder Hestefan zu sehen. Doch zu ihrer Verblüffung sah sie Hestefan viele Schritt weit entfernt; er saß noch immer verträumt auf dem Kutschbock seines Wagens, und Navis sattelte genau am anderen Ende der grünen Talbucht seine Stute ab. Wie Wend hatte die Stimme nicht geklungen, und Wend saß ohnehin an einem Rad des Wagens und holte gerade einen Laib Brot aus seinem Beutel. Mitt stand neben Navis, und Moril begann erst aus dem Wagen zu klettern, als Maewen hinschaute. Sie alle waren zu weit entfernt, um sie angesprochen zu haben – es sei denn, einer von ihnen war Bauchredner. Maewen schaute zu den Felsen und im Kreis umher, dann bückte sie sich sogar und sah unter den Bauch des Pferdes. Niemand sonst war zu sehen. Doch als sie sich bückte, entrollte sich die Decke, sodass offensichtlich wurde, dass nichts darin versteckt war. In ihrem. Gepäck gab es keine goldene Statue.
»Wer bist du?«, fragte sie, während sie die anderen fünf wachsam beäugte. »Wo bist du? Und woher weißt du das?«
Sie hatte zu leise
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