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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Schildchen wies darauf hin, dass es sich nur um eine Replik des echten Kelches handele, der vor zweihundert Jahren gestohlen worden sei. Darum sah es ganz danach aus, als habe sie das verdammte Ding gestohlen – oder würde es gestohlen haben. Auf eine verrückte, sich selbst in den Schwanz beißende Art bedeutete das, dass sie nach Auental gehen und den Kelch stehlen musste, weil sie es bereits getan hatte.
    Es begann zu regnen. Ach, ich geb’s auf!, dachte Maewen.
    Moril und Hestefan hatten es am besten. Sie verkrochen sich im Wagen. Die anderen spannten die Ölhautplanen aus ihrem Gepäck über drei große Felsen und verkrochen sich darunter, wo sie eine warme, stickige, dunstige Nacht verbrachten, während der Regen unablässig prasselnd und trommelnd auf die Plane fiel. Sie schliefen so schlecht, dass sie schon bei Morgengrauen aufwachten und hervorkrochen. Da ließ der Regen nach und wurde zu einem sich auflösenden Nebel, als wolle er sie verspotten.
    Maewen juckte es am ganzen Körper; ihr war feuchtkalt, und sie fühlte sich – nun ja – einfach schmutzig. Sie roch sich selbst. Sie hätte sich gern die Zähne geputzt. Über Zahnpflege oder regelmäßiges Waschen schien sich hier jedoch niemand große Gedanken zu machen. Für ein heißes Wannenbad mit nach Rosen duftendem Badeöl hätte Maewen in diesem Augenblick ihr linkes Ohr und vielleicht noch ein paar Zehen gegeben. Nicht einmal eine Haarbürste war in ihrem Gepäck! Während Navis das Rasiermesser schwang und Hestefan sich die Knäuel aus dem Bart zupfte, tat Maewen für ihre Körperpflege, was sie konnte, indem sie ihr Haar aus dem kleinen Helm befreite, es lose ausschüttelte und sich fest den Scheitel kratzte. Ihr Haar roch fürchterlich, vor allem nach Pferd, aber schmutziges Menschenhaar trug durchaus auch zu dem Aroma bei.
    »Was würde ich nicht alles für ein Bad tun!«, rief sie, während sie sich wieder den Helm aufstülpte.
    Mitt blickte von seiner Beschäftigung auf. »Ja, ich auch«, stimmte er ihr überraschenderweise zu. Er zog gerade die Gurte an seinem Pferd fest. Dabei musste er immer sehr vorsichtig sein und ständig in Bewegung bleiben, um nicht gebissen oder getreten zu werden. Er war froh, dass man ihn ablenkte. »Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas im Leben einmal sagen würde«, sagte er, »aber durch das letzte Jahr in Aberath bin ich wirklich verwöhnt. Alk hat im Verlies einen Heizofen bauen und den ganzen Herrensitz mit Bleirohren durchziehen lassen. Aus den Leitungen kommt kochendes Wasser.«
    Ein Lachen löste sich aus Maewens Kehle. Plötzlich war alles wieder in Ordnung. Mitt hatte ihr verziehen. Nun konnte sie sich fast auf Auental freuen.
    Während ihres langsamen Abstiegs ins Tal erzählte Mitt noch mehr von Alk. Die empfindliche Stelle in seinem Kopf, wo das Versprechen saß, das er Alk gegeben hatte, hätte ihm ohnehin keine Ruhe gelassen. Darum konnte er gar nicht sagen, weshalb er plötzlich so fröhlich war. Vielleicht, weil der Nebel sich endlich verzogen hatte. Die Berge standen dunkelblau vor dem rosa Morgenhimmel, Gipfel für Gipfel bis hin zum Tanil, aus dessen spitzer Kuppe eine ruhige Rauchfahne stieg. In der Nähe war kein Zeichen für ein Tal zu sehen – nur eine Kluft aus schwarzblauer Leere, aus der der Nebel hochkochte, als stünde dort unten der riesenhafte Nachbau eines von Alks Eisen.
    »Ich habe gehört, in Hannart hätten sie eine große Dampforgel«, bemerkte er. Der wogende, hervorquellende Nebel hatte ihn daran erinnert.
    Maewen nickte. Bei dem Ausflug mit Tante Liss hatte sie die sorgsam konservierten Überreste dieses Mammutinstruments besichtigt.
    Vielleicht, überlegte Mitt, lag es auch nur am Anblick Noreths. Ihr Haar quoll wie lange, krause Wolken unter dem Helm hervor, und sie sah nun wieder aus wie die junge Dame, vor der er in der Halle ihrer Tante solchen Respekt empfunden hatte – die so anders war als Mitt und so unerreichbar, dass es einfach albern gewesen wäre, in ihrer Gegenwart verlegen zu sein. Vielleicht freute er sich aber auch nur auf das Wiedersehen mit Hildi.
    Der Pfad, der vom Wegstein weiterführte, war längst nicht so grasig und wohlbeschaffen wie die Grünen Straßen. Zumeist bestand er aus Bruchstein und Erdklumpen, und an der Kante des tiefen Abhangs, aus dem der Nebel sich immerfort hebend und senkend hervorquoll, wirkte er gefährlich abgenutzt. In Serpentinen führte er neben einem Waldbach hinunter, dessen weißschäumendes Wasser über nasse

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