Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
Vom Netzwerk:
umherführten, welche genauso verwirrt aussahen wie Maewen. Wenn sie an die Besichtigungstour zurückdachte, die sie mit Tante Liss unternommen hatte, so kam sie nur noch mehr durcheinander: Sie fand keine Übereinstimmungen. Rief sie sich einzelne Gebäude ins Gedächtnis, so erschienen sie ihr nun entweder kleiner oder an der falschen Stelle. Und Teile der Akademie sahen genauso aus wie irgendeine alte Schule.
    Maewen brummte der Schädel, und auch ihre Bauchschmerzen kehrten zurück. Während sie hinter Navis und Hildi einherschlich, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als sich setzen zu können, doch Hildi zerrte Navis an der Hand immer weiter und sagte dabei Dinge wie: »… und hier halten die Schneckmacher das Verlesen ab. Selbst als Tugendwandler droht einem der Abstieg, wenn man zu kammgeschwollen daherkommt.« Sie machte sich niemals die Mühe, auch nur ein einziges dieser abstrusen Wörter zu erklären. Bei allem, was sie sagte, nickte Navis mit zunehmender Ironie. Hildi will gar nicht, dass wir begreifen, was es wirklich heißt, dachte Maewen. Sie ist eine von diesen Leuten, die gern zum inneren Kreis gehören und mit ihrem Wissen protzen, während die anderen außen vor bleiben und sich für dumm halten sollen.
    Vielleicht bewertete sie Hildi zu hart. Maewen war sich bewusst, dass sie sich noch immer sehr eigenartig fühlte, weil jemand versucht hatte, sie zu töten. Sie gab sich Mühe. Sie schloss höflich zu Hildi auf, während sie einen weitläufigen Hof überquerten, den es in Maewens Zeit nicht mehr gab, und versuchte, mit Hildi ins Gespräch zu kommen. Doch schon nach wenigen höflichen Phrasen ertappte Maewen sich dabei, dass sie – in nicht sonderlich freundlichem Ton – die Frage stellte, die sie beschäftigte: »Warum hast du Mitt so garstig behandelt? Er hatte sich sehr auf das Wiedersehen mit dir gefreut.«
    »Wirklich?«, entgegnete Hildi. »Wie dumm von ihm. Das kommt wohl davon, dass er so ungebildet ist.«
    »Ist er tatsächlich ungebildet?«, fragte Maewen noch unfreundlicher.
    »Er ist praktisch ein Analphabet«, sagte Hildi. »Er kann kaum seinen Namen schreiben.« Bei ihr klang es, als rede sie von einer ansteckenden Krankheit. Sie fügte hinzu: »Früher hat er als Fischer gearbeitet.« Wie sie es aussprach, ließ sie Maewen spüren, dass sie sich Maewens Unfreundlichkeit sehr wohl bewusst sei, dass sie sich damit schon häufig konfrontiert gesehen habe, dass sie damit rechne und dass sie es völlig kalt lasse.
    Soso, dachte Maewen, während sie sich wieder zurückfallen ließ. Das spricht wohl Bände über das Leben, das sie früher geführt hat. Sie hat Kummer. Nun, unerfreuliche Menschen haben wohl immer Kummer, sonst wären sie nicht unerfreulich, aber deshalb muss ich sie noch lange nicht leiden können – oder ihr verzeihen! Und sie hielt weiterhin ein Stück Abstand. Sie hatte am ganzen Leib Schmerzen. Sie fühlte auch einen Stich im Herzen, als sie daran dachte, wie Mitt sich fühlen musste.
    Ist nicht das erste Mal, dachte Mitt gerade. Ich bin schließlich daran gewöhnt. Damit war doch wirklich zu rechnen. Hildi führt wieder das Leben, auf das sie vorbereitet wurde, und damit hat sich’s. Obwohl diese Überlegungen seinen Schmerz – ein wenig – dämpften, plagte ihn dennoch ein Leid, an das er überhaupt nicht gewöhnt war.
    Er hatte Hildi für eine Freundin gehalten. Dass Freundschaft ein solch zerbrechlich Ding sein konnte, hatte er nicht gewusst. Falls sie Ynen fanden, würde er vermutlich ebenfalls so tun, als würde er Mitt nicht mehr kennen. Und was soll’s?, sagte er sich, während er der gewaltigen Biffa und dem viel kleineren Moril folgte. So verletzt er war, bei Biffas Größe musste er grinsen. Sie war noch einige Zoll größer als er, und Mitt wusste, dass er mittlerweile sechs Fuß Körperlänge erreicht hatte.
    »Meinen Eltern gehört die Mühle drüben in Anstal«, sagte Biffa gerade zu Moril, »und sie sind beide noch größer als ich. Wenn du mich für groß hältst, dann musst du erst meinen Bruder sehen. Groß zu sein liegt bei uns in der Familie.«
    »Bis Anstal ist es nicht weit«, sagte Moril.
    »Zwei Tage«, entgegnete Biffa. »Wenn einer von ihnen mich abholt, ist er also vier Tage unterwegs. Das können sie sich nicht leisten. Aber sie haben mir Geld geschickt, damit ich mir ein Pferd mieten und nach Hause reiten kann. Ich muss nicht die ganzen Ferien hier bleiben wie Hildi.«
    Mitt fragte sich, was für ein Riesenpferd sich Biffa wohl

Weitere Kostenlose Bücher