Jones, Diana Wynne
mieten würde, um darauf nach Hause zu reiten, doch das Übelkeit erregende Gefühl seiner Kränkung schnürte ihm die Kehle zu und hielt ihn davon ab, sich in das Gespräch einzumischen.
Sie durchquerten einen gedeckten Bogengang, in dem jedes Geräusch widerhallte, und gelangten schließlich in einen hellen, warmen Hof mit Treppen an beiden Enden. »Hochhinaus«, sagte Biffa. »Da ist sie.«
Gegenüber saß eine Anzahl von Gefolgsleuten in Hannarter Montur auf den Stufen und beobachtete nachsichtig Kialan Kerilsohn, der im Gespräch mit einem dunkelhaarigen Mädchen in der Uniform der Rechtsakademie über den Hof schlenderte. Mitt schreckte bei diesem Anblick ein wenig zurück. Er hatte nicht richtig zugehört, wohin Moril eigentlich wollte. Aber natürlich!, dachte er voll Bitterkeit. Kialan kommt hierher, um seinen Schatz zu sehen, und weil er der Sohn eines Grafen ist, lassen sie ihn früher rein als die anderen. Wahrscheinlich hat er nicht mal bemerkt, dass er bevorzugt wird. So sind die Grafen eben. Mitt überlegte, ob er nicht lieber gehen sollte. Doch sein Elend riet ihm: Was soll’s – gib ihm lieber eine freche Nachricht an seinen Vater mit! Darum stieg er mit Biffa und Moril die Stufen hinunter.
»Brid«, sagte Moril ernst.
Das Mädchen fuhr herum. Sie war sehr hübsch, sogar noch hübscher als Fenna, und nicht so alt, wie Mitt erwartet hatte; sie war wohl kaum älter als er. »Moril!«, kreischte sie, und im Gegensatz zu den Schülern in der nüchternen Reihe schoss sie auf Moril zu und schlang die Arme um ihn. Sie wirbelten immer wieder im Kreis herum und lachten und redeten beide zugleich, während Kialan, ebenfalls ganz ausgelassen, Moril immer wieder Bemerkungen zurief. Mitt stand daneben und litt.
»Ich bin gekommen, um sie nach Hannart zu holen«, sagte Kialan.
Brid erhob ihre helle Stimme nach Art der Barden; der feste Unterton war unüberhörbar. »Selbstverständlich werfe ich weder mein Bardenerbe fort, Moril, noch die Juristerei! Trotzdem, es ist mein Leben, und ich treffe meine Entscheidungen selbst!«
»Sie wird noch drei Jahre hier verbringen«, sagte Kialan traurig. »Zufrieden, Moril?«
Mitt sagte sich, dass er wohl wirklich in Brid verliebt sei. Man braucht nur zu sehen, wie er sie anhimmelt. Bei diesem Gedanken schnürte sich ihm die Brust noch enger zusammen.
Während sie sich weiter munter ins Wort fielen, fragte Moril plötzlich: »Ist dein Vater hier?«
Kialan schüttelte den lockigen Kopf. »Nein, ich bin allein hierher gekommen. Warum?«
Allein mit zwanzig Gefolgsleuten, dachte Mitt und hörte überrascht, wie Moril antwortete: »Gut. Dann kann ich dir meinen Freund Mitt vorstellen.«
Mitts Brust zog sich erneut zusammen, weil Moril ihn Freund nannte, dann hüpfte sein Herz, weil Kialan so erwartungsvoll herumwirbelte und ihn mit hocherhobenem Kopf anstarrte, sodass er wegen seiner Nase aussah wie ein Adler auf Ausschau nach Beute. »Mitt?«, fragte Kialan. »Aus Aberath? Wirklich?« Mitt nickte wachsam. »Was machst du denn hier?«, fragte Kialan mit unvermindertem Eifer.
Mitt versuchte zu lachen, brachte jedoch nur ein abgehacktes Krächzen hervor. »Hildi Navistochter besuchen.«
Kialans Mund zog sich zusammen, dass er an eine Backpflaume erinnerte. »Diese blassgesichtige kleine Kuh. Die wird am Ende schlimmer sein als Graf Hadd; sie sieht ja jetzt schon so aus wie er! Ihr Bruder Ynen ist zehnmal so viel wert wie sie.«
Wiederum gingen seltsame Dinge in Mitts Brust vor sich. Er konnte nicht genau sagen, was er empfand, doch aus einem unerfindlichen Grund erhob er keinen Einwand, als Kialan mit einer Geste Brid bedeutete, weiter mit Moril zu reden, Mitt beim Arm nahm und ihn außer Hörweite der Geschwister zog. Er benahm sich wie ein Herr, doch Mitt stellte fest, dass es ihm recht egal war. Er sagte sich, dass Kialan das Herrische im Blut lag und sich auch dann so gegeben hätte, wenn er der Erbe eines Fischers gewesen wäre. Mitt fand die Entdeckung eigenartig. Er sah Kialan ins Gesicht, und das ungewohnte, merkwürdige Gefühl, sich mit Menschen wieder etwas besser auszukennen, machte ihn ganz kribblig.
»Bin ich froh, dich endlich kennen zu lernen!«, sagte Kialan, und Mitt merkte, dass er es ehrlich meinte. »Als ich in Aberath war, habe ich dort überall nach dir gesucht. Bist du wirklich mit den Unvergänglichen nach Norden gesegelt?«
»In gewisser Weise schon«, antwortete Mitt, während sie nebeneinander die Treppe hinaufstiegen. »Das Boot gehörte
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