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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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immer geblendet und keuchte. Kein Wunder, dass niemand sich die Mühe machte, den Kelch zu bewachen. Das Ding gab selbst auf sich Acht. Mitt blickte sich nervös um und hoffte, dass niemand in der Nähe gewesen war und gesehen hatte, wie die Kapelle des Einen sich plötzlich mit Licht füllte.
    Jemand musste es beobachtet haben. Von draußen ertönten laute und verzweifelte Schreie. Die Schreie eines jungen Menschen.
     

14.
    Mittlerweile hatte Maewen von Hildi die Nase voll. Navis zeigte sich ihr gegenüber viel zu nachsichtig. »Nun hör doch, Liebes«, sagte er, während sie durch den Garten am Eingangstor spazierten, »es ist wirklich von entscheidender Bedeutung, dass du heute mit uns diese Akademie verlässt. Wenn du hier bleibst, spielst du Graf Keril in die Hände. Er benutzt dich als Geisel, damit ich mich ruhig verhalte – ganz zu schweigen von Mitt.«
    »Wir wollen nicht von Mitt reden«, erwiderte Hildi.
    »Na gut, sprechen wir also von dir«, pflichtete Navis ihr bei. »Sämtliche Schüler verlassen heute die Schule, oder nicht? Gewiss möchtest du nicht den ganzen Sommer allein hier verbringen.«
    Die grimmige kleine Falte zwischen Hildis Brauen wurde tiefer. »Warum machst du dir deswegen auf einmal Gedanken? In den Frühjahrsferien bin ich hier fast zwei Wochen lang allein gewesen – wenigstens war Biffa auch noch da, aber ich war fast allein –, und es war mir ganz gleich.«
    »Seitdem hat sich einiges geändert«, sagte Navis geduldig.
    »Was denn?«, fragte Hildi.
    »Die Politik. Ich weiß nun, dass es zu einem Plan gehörte, dich hierher zu schicken«, erklärte Navis. »Und die Pläne, die ich wiederum gemacht habe, um die Absichten der Grafen zu durchkreuzen, könnten dich in große Gefahr bringen. Keril weiß, dass du hier bist. Er braucht dich nur fortzuschaffen. Außerdem bist du in den nächsten drei Monaten ohnehin nur an meiner Seite sicher. Ich…«
    »Drei Monate!«, unterbrach Hildi ihn. »Aber dann verpasse ich doch das Ernte-Grittling und die Zwischenmarter und den Beginn des Mitteljochs … nein – niemals!«
    »Na ja, ich fürchte, da hast du Recht«, gab Navis zu. »Aber du wärst am Leben. Du würdest nicht im Kerker sitzen. Du kannst nächstes Jahr weitermachen, wenn alles so läuft, wie wir wollen.«
    »Ja, wenn! Und im nächsten Jahr! Ich soll ein ganzes Jahr verpassen?« Eindeutig traute Hildi ihren Ohren nicht. »Und nur wegen Politik? Niemals!« Ihr war es so ernst damit, dass sie tatsächlich versuchte, sich zu erklären. »Vater, du verlangst von mir, dass ich die Anfängerkurse wiederhole, und das nur wegen Politik!«
    Navis sah aufgebracht und zugleich, was bei ihm überraschte, hilflos drein. Sein Blick zuckte zu Maewen, und sie begriff, dass einige seiner Nöte mit ihr zusammenhingen. Vermutlich, weil Navis Hildi erzählt hatte, sie sei jemand namens Ilona Soundso, und er nicht wusste, ob er es wagen konnte, seiner eigenen Tochter zu offenbaren, wer Maewen wirklich war – oder genauer, für wen Navis sie hielt. Ach, was für ein Schlamassel! Maewen war das Ganze so leid. Mit großer Erleichterung sah sie, dass Biffa wie ein Turm auf Beinen durch den Garten auf sie zukam. Maewen lief ihr entgegen.
    »Da seid ihr ja!«, rief Biffa. »Ich habe überall nach euch gesucht. Ich habe mir überlegt, euch die Kapelle des Einen zu zeigen, deshalb bin ich hier. Oder wart ihr schon dort?«
    »Noch nicht«, sagte Maewen. »Wohin müssen wir?«
    Doch Biffa blickte über Maewens Kopf hinweg. »Was hat Hildi denn? Sie sieht aus, als bekommt sie gleich einen ihrer Wutanfälle.«
    Maewen sah wieder Navis und Hildi an, die im Streit die Köpfe einander zureckten. Sie standen vor einem großen Lavendelbusch, in dem es von Bienen wimmelte. Maewen sah die Wut auf Hildis blassem und die Sorge in Biffas gesundem rosa Gesicht, und sie fragte sich, wie Hildi es geschafft hatte, solch ein nettes Mädchen als Freundin zu gewinnen. »Navis möchte sie mit sich fortnehmen«, erklärte sie, »und sie will nicht gehen.«
    »Warum das denn nicht?«, wunderte sich Biffa. »Die ganze Woche war sie schlecht aufgelegt und sagte immer wieder, sie würde den ganzen Sommer hier allein zubringen müssen … Das ist doch nicht zu glauben!«
    Maewen glaubte es sehr wohl. »Dann rede du ihr zu. Navis sorgt sich zu Tode«, sagte sie. »Wo geht es gleich zur Kapelle des Einen?«
    »Dorthin«, sagte Biffa und wies ihr die Richtung. »Dir bleibt gerade noch genügend Zeit bis zum Grittling.« Sie schritt zu

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