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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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fragte er scharf.
    »Das könnte man so sagen«, entgegnete Mitt. »Wir sind uns ein-oder zweimal begegnet.«
    Wend starrte ihn einen Moment lang ernst an, als bewerte er etwas neu. Dann wandte er sich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck ab.
    Die Frische und die Sicherheit, die von dem Lagerplatz ausgingen, erquickten die Gefährten, und sie packten tüchtig zu. Sie kümmerten sich um die Pferde und entfachten ein Feuer. Nicht lange, und auch Hestefan kroch aus dem Wagen, rieb sich die Augen und sagte, er wisse nicht, was über ihn gekommen sei. Die anderen begrüßten ihn heiter. Viel schien Hestefan nun nicht mehr zu fehlen. Tatkräftig pflückte er wilde Erdbeeren mit Wend, während Mitt und Moril bachaufwärts nach Pilzen suchten. Mit vereinten Kräften hatten sie bald ein Festmahl zusammengetragen.
    Maewen blickte immer wieder Mitt an und fragte sich, ob er wegen Hildi noch immer sosehr leide. Es war ihm aber einfach nicht anzusehen, und auch Mitt selbst hätte ihr diese Frage nicht beantworten können. Während Navis Wend und Hestefan erzählte, was in Auental geschehen war, sagte sich Mitt manchmal, dass er Hildi vollkommen vergessen könnte, wenn ihm nur jemand den eindeutigen Beweis lieferte, dass sie und Biffa unbehelligt auf dem Weg nach Anstal wären – und er hätte dabei nichts anderes als Erleichterung empfunden. Mein Problem ist eben, dachte er, während Wend sein offenes, stattliches Gesicht mit einem Ausdruck des Entsetzens Noreth zuwandte, dass ich mich wie ein dummer Hund verhalte, der nur darum bittet, getreten zu werden.
    »Zweimal?«, fragte Wend. »Herrin, ich muss dich bitten, die Grünen Straßen nicht mehr zu verlassen. Hier auf diesen Pfaden bist du in Sicherheit.«
    »Aber hast du den Kelch bekommen?«, fragte Hestefan.
    »Navis hat ihn«, sagte Moril. In dieser Hinsicht war er noch immer ein wenig empfindlich.
    »Bitte zeig ihn uns«, bat Hestefan höflich.
    Maewen vergaß Moril völlig. Nun wurde es beunruhigend. Nervös sah sie zu, wie Navis in die Tasche griff und das in das seidene Taschentuch eingeschlagene Bündel hervorzog. Es dämmerte schon, und alles war in grünliches Licht getaucht. Als das Taschentuch zur Seite fiel, ließ der Schein des Lagerfeuers ein mildes Schimmern über den silbernen Kelch laufen. Navis verbeugte sich auf seinem Platz auf dem Felsen vor Maewen. »Dein Kelch, Noreth«, sagte er und reichte ihn Mitt, damit er ihn weitergab.
    Mitt hatte nicht damit gerechnet, dass Navis ihm den Kelch geben würde. Er fuhr abrupt aus seinen Gedanken hoch und packte das Gefäß ungeschickt an. Das Taschentuch verrutschte. Einen Augenblick lang verschwanden das grünliche Licht und der Feuerschein in den strahlenden blauen Blitzen. »Autsch!«, rief Mitt. Während alles noch blinzelte und nur gelbe Nachbilder sah, wickelte er hastig den Kelch wieder ein und gab ihn an Maewen weiter. »Vorsichtig«, sagte er. »Der ist verhext.«
    Maewen nahm das Bündel. Es war noch schlimmer als beim Ring: Alles wartete darauf, dass sie es öffnete und den Kelch nahm, und wahrscheinlich würde sie dabei nur einen elektrischen Schlag bekommen. Aber wenn ich wirklich an einem elektrischen Schlag gestorben wäre, sagte sie sich, dann hätte Wend es doch im Palast erwähnt. Also los. Sie zog das Taschentuch weg und sagte: »Seht alle her. Dies ist der Kelch des Adons.« Sie nahm die schiefe Silberschale fest in die Hand und hob sie hoch.
    Zu ihrer großen Erleichterung zischelte nichts. Jeder wandte das nur undeutlich erkennbare Gesicht der Schale zu. Nach einem kurzen Augenblick bemerkte Maewen, dass alle auf ihre Hände schauten, die sich dunkel vor dem Kelch abzeichneten, unnatürlich dunkel. Der Kelch hingegen schien viel heller geworden zu sein. Jawohl, er war heller geworden. Er füllte sich mit einem sanften blauen Leuchten, strahlte wie eine blaue Lampe in der hereinbrechenden Dunkelheit, und Maewens Hände hoben sich blutrot vor ihm ab. Der Anblick war so schön und so erwünscht, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.
    Mehrere Menschen stießen lautstark den angehaltenen Atem aus. »Jawohl, das ist der Kelch«, sagte Wend. »Er hat dich erkannt, wie er den Adon erkannte.«
    Na, dem Einen sei Dank!, dachte Maewen, während sie den Kelch wieder in das Taschentuch wickelte.
    Unter dem freundlichen Rascheln der Ebereschen und Birken schliefen sie sehr gut. Als es jedoch auf die Morgendämmerung zuging, etwa um die Zeit, da der herabstürzende Bach weniger beunruhigend und eher

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