Jordan, Penny
gerissen, aber sie durfte diese Frau nicht der Hölle ihrer Depressionen überlassen.
Immer wieder machte sich Peppers Abstammung von einer Zigeunerin bemerkbar. Und sie sagte ihr, dass es einen höheren Lebenszweck gab und dass dies eine Prüfung für sie sei. Sie hatte das Gefühl, ihre Großmutter stünde neben ihr, und ihre Kopfhaut begann zu prickeln.
Jahrelang hatte sie nicht mehr an ihr früheres Leben und die Menschen von damals gedacht. Aber sie waren Teil ihres Lebens, und Pepper begriff, dass es Dinge gab, die sich nicht mit Logik erklären ließen.
Diese Frau war aus einem ganz bestimmten Grund zu ihr geschickt worden, dessen war sie gewiss. Wenn sie ihr nicht half …
Pepper holte tief Luft, verließ sich ganz auf ihren Instinkt und sagten „Ja, so ist es, Julia. Bald wird Alex hier sein. Sie werden mit ihm nach Hause gehen und ihm alles erzählen.“
„Und dann – dann wird Gott uns ein anderes Kind schicken?“ Sie zitterte sichtbar, und Pepper bekämpfte ihre eigene Angst. Wie konnte sie sich derart einmischen? Sie durfte derartige Versprechungen nicht machen. Und trotzdem … Leise sprach sie einen Segensspruch der Roma, die Lieblingsworte ihrer Großmutter, und beinahe augenblicklich legte sich die Spannung im Raum.
Julia spürte es ebenfalls. Plötzlich zitterte sie nicht mehr, und ihr Blick wurde klarer. Pepper hielt den Atem an. In diesem Augenblick läutete der Hausapparat und unterbrach die Stille.
„Alex Barnett ist angekommen“, verkündete Miranda.
„In Ordnung. Warten Sie noch zwei Minuten, und führen Sie ihn dann herein.“
Pepper legte den Hörer wieder auf. „Ihr Mann ist hier, Julia“, erklärte sie. „Sagen Sie ihm nur, dass Sie nach Hause möchten, wenn er hereinkommt. Dort erzählen Sie ihm dann alles von dem Baby, nicht wahr? Sie müssen es tun, haben Sie das begriffen?“
„Wird Gott mir vergeben, wenn ich es tue?“
„Gott möchte, dass Sie es Alex erzählen“, versicherte Pepper ihr. „Nachdem Sie es getan haben, werden Sie sich viel besser fühlen. Gott wird Ihnen vergeben.“
Hoffentlich kann die Frau sich selbst vergeben, dachte Pepper, während sie ihr Büro durch eine andere Tür verließ.
Am Freitagnachmittag wurde es doch ziemlich spät. Alex Barnett hatte im Laufe der Woche mehrmals angerufen, aber Pepper hatte sich geweigert, mit ihm zu sprechen. Sie begriff selbst nicht, weshalb sie sich derart von ihren Gefühlen hatte hinreißen lassen. Sich vorzustellen, dass ihre Großmutter … Es war geradezu irrsinnig. Entschlossen verdrängte sie jeden Gedanken an die beiden Barnetts und stieg in ihren Wagen.
Ihre Sachen hatte sie schon gepackt. Ein rasches Bad und eine leichte Mahlzeit, dann konnte sie sich auf den Weg machen. Mit etwas Glück erreichte sie Oxford, bevor Oliver zu Bett ging.
Erschrocken überlegte Pepper, was sie gerade gedacht hatte. Oliver bedeutete ihr nichts. Sie hatte kein Recht, ihn sehen zu wollen. Er war Philips und Marys Kind.
Wenn ich so weitermache, werde ich seelisch noch ebenso labil wie Julia Barnett, verspottete sie sich. Neulich hatte sie das Gefühl gehabt, der Geist ihrer Großmutter sei bei ihr, und jetzt träumte sie von einem Kind, das sie zunächst keinesfalls gewollt hatte.
Und dennoch … Als sie Oxford kurz nach neun Uhr erreichte und Oliver sie strahlend begrüßte, konnte sie ihre seltsame Erregung nicht verbergen.
Viel Zeit hatte sie nicht. Gleich nach dem Frühstück musste sie die Simms wieder verlassen. Mary küsste sie zärtlich, bevor Pepper davonfuhr.
„Sie liebt Oliver“, sagte sie später zu Philip. „Ich wusste, dass es eines Tages so weit kommen würde.“
Ihr Mann drückte ihr die Hand und fragte sich, weshalb die bescheidensten Menschen häufig am meisten leiden mussten. „Tut es sehr weh?“
Mary schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich nicht.“ Lächelnd stand sie auf. „Oliver wird bald zurückkommen. Ich mache lieber das Mittagessen.“
Isabelle hatte ein Picknick für Smith’s Lawn vorbereitet. Jeremy war schon vorgefahren, und Pepper beobachtete ihre Freundin, die den gewaltigen Picknickkorb und ihre drei Kinder, die sich wie ein halbes Dutzend benahmen, hinten in dem großen Range Rover verstaute.
Es war belustigend und gleichzeitig traurig, wie stark Isabelle sich verändert hatte. Sie war inzwischen zu einer perfekten Ehefrau und Mutter der Oberklasse geworden, als hätte es die Zeit in Oxford nie gegeben. Die heutige Isabelle hätte niemals eine Fremde auf der Straße
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