Jordan, Penny
Offensichtlich hatte er erraten, dass sie einen Fluchtversuch unternehmen würde, sobald er ihr den Rücken zudrehte. Und selbstverständlich hatte er Vorkehrungen dagegen getroffen. Miles French schien ein Meisterstratege zu sein, kein Wunder bei seinem Beruf als Rechtsanwalt. Da kam es auf jeden Punkt und jedes Komma an. Wahrscheinlich ist er ebenso pedantisch im Bett, dachte Pepper bitter. Pedantisch und alles andere als spontan.
Er lächelte, und einen entsetzlichen Augenblick lang fürchtete sie, er hätte ihre Gedanken gelesen. Dabei freute er sich vermutlich nur, dass sie ihm nicht entkommen konnte.
„Ich möchte nichts trinken“, erklärte Pepper plötzlich und bedauerte ihre Worte kurz darauf, denn aus der Küche duftete es herrlich nach frisch gebrühtem Kaffee.
Miles kehrte mit einer Kanne und zwei Tassen zurück und erklärte: „Für den Fall, dass Sie es sich inzwischen anders überlegt haben …“
Auch ein kleiner Krug mit heißer Milch stand auf dem Tablett. Miles goss sich eine Tasse ein und trank ihn schwarz. Der Duft war zu verlockend.
„Vielleicht trinke ich doch etwas“, sagte Pepper und wagte nicht, Miles anzusehen. Wenn er jetzt frohlockte – oder lachte … Doch er goss nur die zweite Tasse ein. Als sie zu drei Viertel voll war, hob Pepper die Hand. „Ich trinke ihn gern mit Milch.“
„Bedienen Sie sich.“ Miles deutete auf den Krug. „Ich habe vorsorglich schon ein bisschen davon heiß gemacht.“
Pepper tat die Milch in den Kaffee, nahm die Tasse und legte ihre kalten Finger darum. Die Wärme und der Duft hatten etwas ungeheuer Tröstliches, und sie trank einen Schluck nach dem anderen. Fünf Minuten später war die Tasse leer, und sie blickte sehnsüchtig auf die Kaffeekanne. Gerade wollte sie danach greifen, da nahm Miles sie fort.
Was soll denn das? fragte sich Pepper gereizt. Ist das eine neue Art der Folter? „Ich wollte noch eine Tasse …“
„Dieser ist nicht mehr heiß. Ich brühe uns frischen auf.“
Pepper öffnete den Mund, um etwas einzuwenden, und musste plötzlich gähnen. Seltsam, sie war mit einem Mal so müde – sehr müde sogar und beinahe entspannt. Sie lehnte sich zurück und schloss die Lider.
Es dauerte eine Weile, bis sie begriff. Entsetzt riss sie die Augen auf, kämpfte gegen den Schlaf an, der sie zu überwältigen drohte, und schrie mit belegter Stimme: „Sie haben mich betäubt!“ Im nächsten Augenblick war sie eingeschlafen.
Miles blickte auf Pepper hinab und verzog das Gesicht. Das wäre beinahe schiefgegangen! Er hatte ihr das Medikament ungern gegeben und war gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass Pepper eine zweite Tasse trinken könnte. Damit hatte sie ihn ganz schön erschreckt. Zum Glück hatte das Mittel schnell gewirkt.
Miles hatte lange überlegt, wie er Pepper den Schlaftrunk einflößen könnte, ohne Gewalt anzuwenden. Dann hatte Miranda zufällig erwähnt, dass ihre Chefin gern Kaffee mit Milch trinke …
Miles blickte auf seine eigene Tasse, die er kaum angerührt hatte. Er verabscheute schwarzen Kaffee. Aber er hatte Pepper nicht misstrauisch machen wollen, indem er zwei fertig eingeschenkte Tassen hereinbrachte.
Jetzt brauchte er nur noch den letzten Teil seines Plans auszuführen.
Der Flug war bereits gebucht. Sein Fahrer würde Pepper und ihn zum Flughafen bringen. Er war der Sohn von Colonel Whitegates ehemaligem Offiziersburschen und hatte ihm die Geschichte von seiner romantischen Liebe zu einer angeblich etwas unwilligen Dame ohne Weiteres geglaubt.
Etwas unwillig … Miles erinnerte sich, wie heftig und verbittert Pepper sich gewehrt hatte. Schon deshalb hätte er Herries am liebsten umgebracht …
Nun, an der Vergangenheit ließ sich nichts ändern, es gab kein Zurück. Er würde dem Personal an Bord erklären, seine Freundin habe schreckliche Angst vorm Fliegen und daher zu viel Beruhigungsmittel genommen und ein großes Glas Alkohol dazu getrunken … Es wäre nicht das erste Mal und würde vermutlich auch nicht das letzte Mal sein.
Miles betrachtete die schlafende Pepper. Sie war in einem ziemlich unbequemen Winkel gegen die Kissen gesunken. Er zog die Unterlage vorsichtig glatt und achtete darauf, dass er ihren Körper nicht berührte. Seltsam, dass er das Bedürfnis verspürte, ihre Lage nicht stärker auszunutzen, als es unbedingt erforderlich war … Als wäre sie ihm später für diese Fürsorge dankbar.
Er lächelte über diesen Gedanken. Dankbar … Viel eher musste er mit einer fauchenden
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