Jordan, Penny
öffentlich bekannt geben, was Simon getan hatte. Die Vorbereitungen dafür hatte er schon getroffen und verärgert eine Erklärung verfasst. Darin hieß es, Elizabeth sei derart verliebt in ihren Engländer gewesen, dass er wider besseres Wissen sein Einverständnis zu der Heirat gegeben habe. Gleich nach Kenntnisnahme der Tatsache, dass sein Enkel von seinem eigenen Vater missbraucht worden sei, habe er darauf bestanden, dass seine Tochter in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, wo es eine derartige Verderbtheit nicht gäbe – zumindest nicht innerhalb der guten Bostoner Gesellschaft.
„Ich habe den Schlüssel meiner Tochter benutzt“, antwortete Henry Calvert auf Simons ungehaltene Frage. „Dies ist schließlich ihr Haus.“
„Unser Haus“, widersprach Simon ihm. „In England gehört die eheliche Wohnung beiden Partnern zu gleichen Teilen. Wo ist meine Frau übrigens?“
Henry war zwar dagegen gewesen, aber seine Söhne hatten recht. Wenn der Skandal bekannt wurde, musste Elizabeth wieder in ihrem Elternhaus sein, um sich im Schoß der Familie von ihrem schweren Los zu erholen. Jede andere Lösung machte einen seltsamen Eindruck.
Zum Glück hatte sie angekündigt, dass sie nicht in Boston bleiben werde. Ihr Junge, der offensichtlich viel zu lange am Rockzipfel seiner Mutter gehangen hatte, würde in ein gutes Internat kommen, und Elizabeth sollte nach Möglichkeit irgendwo hinziehen, wo sie nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand.
„Was wollen Sie von mir?“, fragte Simon düster.
„Eine Erklärung, dass Sie Ihren Sohn sexuell missbraucht haben, und Ihr Einverständnis in die Scheidung.“
Von der ersten Forderung hatte Henry Calvert seiner Tochter nichts erzählt. Sie wollte unbedingt verhindern, dass die Presse den Vorfall breittrat und ihre Kinder den wahren Grund für die Scheidung erfuhren. Doch sie begriff nicht, welch einen Schaden die ganze Familie erleiden würde, wenn sie keinen einleuchtenden Grund für die Trennung nachwies.
Henry hatte bereits einige Abschlüsse mit dem Hinweis auf seine künftige Stellung als Schwiegervater des englischen Premierministers getätigt. Diese Geschäfte hatten keinen Bestand, wenn sich die Nachricht von der Scheidung herumsprach – es sei denn, er lieferte eine einleuchtende Erklärung. Kein Calvert verlor gern Geld, nicht einmal solches, das er noch gar nicht verdient hatte.
„Und wenn ich mich weigere?“, schnarrte Simon.
„Dann bin ich gezwungen, die ganze Geschichte der britischen Presse zu übergeben“, erklärte Henry seinem Schwiegersohn unbarmherzig und fügte bitter hinzu: „Weshalb mussten Sie Ihren eigenen Sohn mit hineinziehen, Sie Narr?“
Sein Zorn drang durch den Schutzwall, den Simon zwischen sich und der Wirklichkeit gezogen hatte. Er war es nicht gewöhnt, von seinesgleichen verachtet zu werden. Am liebsten hätte er seinem Schwiegervater die Kehle zugedrückt.
Dann fiel ihm plötzlich Pepper ein. Die Sache mit seinem Schwiegervater hatte Zeit. Erst war Pepper dran … Peppers Strafe war entschieden wichtiger als die kurze Befriedigung, die er vielleicht empfand, wenn er Henry zum Schweigen brachte.
Die Erklärungen waren schon vorbereitet, und Simon unterschrieb sie unbekümmert. Als Henry Calvert sie in seine Aktentasche legte, ahnte er nicht, dass Simon in Wirklichkeit Pepper Minesses Todesurteil unterzeichnet hatte.
Das Flugzeug mit Miles und Pepper landete am späten Abend in Heathrow.
Eigentlich müsste mir der Zeitunterschied zu schaffen machen, dachte Pepper. Stattdessen war sie in einer Hochstimmung, dass sie den Eindruck hatte, wochenlang nicht schlafen zu müssen.
Während sie in das Taxi stiegen, bedauerte sie einen Moment, nicht sofort zu Miles zu ziehen. Heute Nacht würden sie zum ersten Mal seit beinahe vierzehn Tagen getrennt schlafen. Aber sie musste für einige Zeit wieder in ihren Alltag zurückkehren, um sich und ihre wahren Gefühle für Miles zu prüfen.
Zwar zweifelte sie nicht, dass sie ihn liebte und ihm ihr Leben anvertrauen konnte. Aber der Gedanke an eine dauerhafte Beziehung war so neu, dass sie sich erst an ihn gewöhnen musste.
Tief im Innern ahnte sie, dass Miles sich nicht mit einer halben Sache zufriedengeben würde. Er wollte sie für immer, doch sie war nicht sicher, ob sie eine solche Verpflichtung eingehen konnte. Und sie liebte Miles zu sehr, um ihm Gefühle vorzuspielen, die sie nicht besaß.
Nein, sie brauchten beide Zeit. In Goa war es völlig richtig und natürlich
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