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Jordan, Penny

Jordan, Penny

Titel: Jordan, Penny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Glut in mir
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und dort gesammelt hatte, selbst zusammengesetzt hatte. Er wusste genau, wie er auf ein Mädchen wirkte, wenn er es mit seinen nachtschwarzen Augen ansah.
    Ann Watts ahnte nicht, dass Tyler sie ebenso wie die anderen „Gorgio“-Frauen, die ihn begehrten, verachtete. Sie war bei Weitem nicht die erste. Mit vierzehn Jahren hatte er zum ersten Mal bemerkt, welch eine sexuelle Macht er besaß. Seine Unschuld hatte er bei einer gelangweilten, gut dreißig Jahre alten Hausfrau in Norfolk verloren und gegen dieses Motorrad und genügend Geld eingetauscht, um sich die begehrte Teenager-Uniform aus Jeans und einer schwarzen Lederjacke zu kaufen. Seitdem hatte es mehr gelangweilte Hausfrauen und Mädchen wie Ann Watts gegeben, als dass er noch mitzählte.
    Ann Watts würde ihm nicht lange im Gedächtnis bleiben. Sie drängte sich herausfordernd an ihn und schwelgte im Rhythmus seiner Hüften. Tyler war der dritte Junge, mit dem Ann „aufs Ganze ging“, und sie freute sich schon jetzt darüber, was sie ihren Freundinnen anschließend erzählen konnte. Mit aufgerissenen Augen würden sie ihren Vertraulichkeiten lauschen. Sie waren jünger als sie und immer noch unberührt.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Ann Rachel, die an ihr vorüberging. Es gefiel ihr nicht, wie stolz sich die Jüngere bewegte, beinahe als wäre sie etwas Besseres. Dabei wusste doch jeder, dass Zigeuner nicht mehr wert waren als Diebe und sich niemals wuschen.
    Ann badete einmal pro Woche in dem neuen Badezimmer, das gerade in ihrem Reihenhaus eingerichtet worden war. Es war das einzige Haus in der Straße, das eine Toilette innerhalb der Wohnung besaß. Anns Vater war Vormann in einer der wenigen Mühlen, die noch arbeiteten, und ihre Mutter bediente in der Schulkantine. Ann war ihr einziges Kind. Schon jetzt prahlte Mrs Watts damit, dass ihre Tochter sicher jung heiraten würde, da sie so hübsch war. Alle Jungen waren hinter ihr her.
    Tyler spürte, dass er nicht mehr Anns volle Aufmerksamkeit besaß. Er drückte sie fest gegen den harten Stein des Viadukts und drängte sich an ihre gespreizten Schenkel. „Wo guckst du hin?“, fragte er.
    „Da ist Rachel Lee.“ An seinem geringschätzigen Gesichtsausdruck erkannte sie, dass Tyler Rachel ebenso wenig mochte wie sie. „Was ist mit der?“, erkundigte sie sich neugierig. „Was hast du gegen sie?“
    „Ihre Mutter war eine Mörderin“, erklärte Tyler.
    Niemand im Stamm redete offen über Rachels Mutter, aber alle kannten die Geschichte, und Anns Augen bekamen einen boshaften Glanz. Sie hatte immer geahnt, dass Rachel ein Geheimnis umgab. Na warte, bis ich das den anderen erzählt habe, dachte sie.
    In diesem Augenblick schob Tyler ihren Rock in die Höhe und zog ihren Slip mit einer einzigen gekonnten Bewegung hinab. Rachel war vergessen – aber nicht für lange.
    Rachel merkte sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Ihre Sinne waren aufs Höchste geschärft und warnten sie vor der bedrohlichen Stille, die sie umgab, sobald sie den geteerten Schulhof betrat. Doch sie blickte weder nach rechts noch nach links, sondern lief an den schweigenden Gruppen vorüber.
    Ann Watts wartete, bis Rachel auf ihrer Höhe war, dann schoss sie die erste Salve ab.
    „Hey, wessen Mutter ist eine Mörderin?“, sang sie laut, und ihre Freundinnen fielen in den spöttischen Chor ein, sodass er über den Schulhof hallte.
    Rachel wusste inzwischen, wie sie gezeugt worden war, aber sie reagierte immer noch empfindlich auf den Schatten, der über ihrer Geburt hing. Instinktiv schlug sie Ann Watts mit der flachen Hand an die Nase, die sofort zu bluten anfing. Ann begann, hysterisch zu schreien.
    Kreischend stürzten sich die Schülerinnen auf sie, und vier Lehrer waren nötig, um das Knäuel aus Körpern zu entwirren. Als sie Rachel unter ihren Angreifern hervorgezogen hatten, waren ihr Schlüsselbein gebrochen und drei Rippen angebrochen.
    Trotz der Befragung durch die Lehrer und die Polizei weigerte sich Rachel, den Grund für die Prügelei zu nennen. Der Polizeibeamte war noch jung – er war erst kürzlich in das Gebiet von Cumbria gezogen und kam nur schwer mit der schwelenden Gewalt im Tal zurecht. In seiner Heimat hatte es ebenfalls Armut gegeben, aber es war eine andere Armut gewesen, wie sich auch die Leute hier von seinen unterschieden. Privat tat ihm das Zigeunermädchen leid. Aber das ließ er sich nicht anmerken, während er sie befragte. Sie wirkte sehr verloren und allein in dem sterilen Krankenhausbett, und

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