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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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sich die Augen des Ritters verengten, wie in seinem Blick Unglaube erschien, der plötzlichem Glanz wich, doch am Ende zeigte sich nur düstere Verachtung. Sie hatte es geahnt, gefürchtet, und unwillkürlich presste sie nun die freie Hand auf ihr wild pochendes Herz.
    Ein merkwürdiger Laut entrang sich der Kehle des Seigneurs. Aus schmalen, grünen Raubtieraugen nahm er jede Einzelheit Jorinas in sich auf. Das prächtige meeresblaue Seidengewand mit den Silberstickereien, das sie über einem Unterkleid aus cremefarbenem Stoff trug. Das spitzengesäumte Dekolleté, das den Ansatz ihrer Brüste und jede Menge alabasterfarbener Haut zeigte.
    Und dann das makellose Antlitz mit den hellblauen Augen unter den vollendet geschwungenen Brauen. Die zitternden rosa Lippen und die prächtigen Haare, die, von einem silbernen Reif gehalten unter dem hellen Schleier bis auf ihre Taille fielen.
    Zum ersten Male sah er sie höfisch gekleidet, in makelloser Schönheit und mit Silber geschmückt. Wäre da nicht der helle, eindringliche Blick gewesen, er hätte sie vielleicht gar nicht erkannt. Er hatte sich mit aller Gewalt bemüht, ihr Bild, ihre Person und alles, was zu ihr gehörte, für tot und vergessen zu halten, aber nun brachen die Dämme mit einem Schlag.
    »Jorina?« brachte er hervor. Ehe jemand begriff, was er vorhatte, war er an ihrer Seite und packte sie so rücksichtslos an den Schultern, dass sie taumelte.
    »Seid Ihr verrückt?«
    Der empörte Wutschrei des Herzogs übertönte den leisen Wehlaut, der über Jorinas Lippen kam. Sie schwankte, und die Herzogin persönlich griff nach ihrem Arm, um sie zu stützen, während Jean de Montfort Raoul zurückriss.
    »Welch ein Rüpel Ihr doch seid, Messire!« zischte die Herzogin den jungen Mann empört an, um danach auf Jorina einzureden. »Beruhigt Euch, mein Kind! Dieser Mann ist seiner Sinne nicht mächtig! Ich werde nicht zulassen, dass man Euch zu nahe tritt! Ihr habt Euch ja nun mit eigenen Augen davon überzeugt, dass dieser Mensch bei bester Gesundheit ist. Aber das ist auch schon das Erfreulichste, was man über ihn sagen kann!«
    Mit raschelnden Röcken führte die hohe Dame die wachsbleiche junge Frau aus dem Raum. Niemand machte den Versuch, die beiden zurückzuhalten.
    »Was wolltest du ihr tun?« Jos de Comper, der sich ebenso wie die Herzogin über seinen Freund empörte, baute sich vor Raoul auf. »Hätte sie mir nicht gesagt, wo ich diesen verdammten Stein finde, würdest du auch weiterhin in deinem Verlies schmoren und nach dem Dreikönigstag hingerichtet werden, ist dir das nicht klar, du Holzkopf? Du solltest dem Mädchen auf Knien danken, statt es zu beschimpfen!«
    »Laßt ihn«, mischte sich der Herzog ein. Er beobachtete Raoul de Nadier, bis er sicher sein konnte, dass jener seine nächsten Worte auch bewusst vernahm. »Ich nehme zu Euren Gunsten an, dass die Ereignisse, denen Ihr ausgesetzt wart, Eure Beherrschung ein wenig zerrüttet haben.«
    Raoul de Nadier hatte in der Tat Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Von dem Moment an, da er Jorina in diesem Dirnengewand an Paskal Cocherels Seite erblickt hatte, hatte sein Stolz einen erbitterten Kampf gegen sein Herz geführt. Er hatte sie abwechselnd gehasst, betrauert, bedauert und bis zum Wahnsinn vermisst. Ein verheerendes Wirrwarr der unterschiedlichsten Emotionen, Sehnsüchte und Träume hatte ihn durch Tage und Nächte verfolgt, stets von dem endgültigen Wissen begleitet, dass er sie nie wieder in seinen Armen halten würde. Bei ihrem unverhofften Anblick hatte er ohne nachzudenken reagiert.
    »Verzeiht«, murmelte er nach langem Schweigen. »Ich hätte der Dame nicht zu nahe treten dürfen.« In seiner Stimme klang nackte Qual mit.
    »Wollt Ihr nicht wissen, was Dame Jorina für Euer Leben geboten hat?« Der Herzog streute bewusst Salz in die offene Wunde.
    »Ich fürchte, Ihr werdet es mir sagen, ohne dass ich mich dagegen wehren kann«, erwiderte der Ritter bitter.
    »Ein wenig Strafe für diese Unverschämtheit verdient Ihr allerdings.« Jean de Montfort nickte und fasste nach einem Gegenstand, den er in der Tasche seines Wamses trug. »Seht her!«
    Widerwillig betrachtete Raoul de Nadier, was auf der Hand des Herzogs lag. Je länger er hinsah, desto mehr wich sein mürrischer Gesichtsausdruck fassungsloser Verblüffung. Der geschliffene, sternförmige Jadebrocken war von magischer Schönheit. Schwer und glänzend verstrahlte er ein grünes Feuer, das unabhängig von

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