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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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dem Loch herausgeholt...«
    »Der Schwarze Landry ist ein Unterführer Cocherels«, erklärte Jorina flüsternd dem Herzog.
    »Er hat das Fest zur Wintersonnenwende ausgenutzt, als alle betrunken waren, und mich an eine Wegkreuzung gebracht, wo eigenartigerweise ein Fuhrwerk wartete. Ein mürrischer Kerl hat mich nach Rennes gebracht und in der Wachstube der Burg abgeliefert. Weiß der Himmel, was er dem Kerl dort gesagt hat, dass er mich hierhergebracht hat. Ich fürchte, das ist ...«
    »Hast du nichts in deinem Besitz, was nicht dir gehört?« fiel ihr der Herzog ungeduldig ins Wort und streckte auffordernd die Hand aus.
    »Möcht’ schon sein ...« Maé duckte sich unter seiner unzweifelhaften Autorität, aber sie erinnerte sich an die genauen Einzelheiten ihres Auftrages. »Der Schwarze Landry meinte, der Mann, dem es gehört, würd’ mir zwei Worte sagen, damit ich ihn erkenn’! Und er würd’ mir helfen und mich in einen Dienst geben, wo ich es besser hab’ und mich keiner mehr quält ...«
    »Sainte Croix!«
    Jorina sah verblüfft vom Herzog zu Maé und wieder zurück. »Kann es sein, dass ich nichts begreife?« fragte sie steif.
    »Je weniger Ihr wisst, mein Kind, um so besser ist es für Euch«, entgegnete der Herzog und betrachtete in mildem Abscheu das eckige flache Ding, das Maé nun ausgerechnet unter ihrem blutigen Ohrverband hervorzog. Bräunliche Flecken zierten die Oberfläche.
    »Tut mir leid, wenn’s was abgekriegt hat«, entschuldigte sie sich verlegen. »Aber Landry meinte, dort würd’ man am wenigstens danach suchen. Welcher ordentliche Christenmensch will schon sehen, wie ein geschorener Kopf ohne Ohr ausschaut?«
    Jean de Montfort glättete den zerknitterten, eng beschriebenen Pergamentbogen und begann zu lesen. Jorina fiel auf, dass er von Zeit zu Zeit zu ihr hinübersah und dass er ungläubig den Kopf schüttelte. Sie hätte zu gerne gewusst, was in dieser Nachricht stand.
    »Wie sagtet ihr, heißt der Schurke, der Nadiers Rüstung getragen haben soll?«
    »Luc de Feu«, antwortete Maé schnaubend an Jorinas Stelle. »Er gibt mächtig damit an, dass er die Schlacht von Auray entschieden hätte, dieser Spitzbube. Ihm hätte man ein Ohr abschneiden sollen und nicht einer armen Frau wie mir ...«
    Der Herzog ließ das Blatt sinken, warf noch einen Blick darauf, und schon segelte es auf die Glutbrocken im offenen Kamin, wo es sich mit braunen Rändern wölbte, schwärzte und verbrannte.
    »Ihr habt der Bretagne und Eurem Herrscher einen großen Dienst erwiesen, gute Frau«, wandte er sich an Maé. Jorina konnte ihm indes vom Gesicht ablesen, dass er sich gleichzeitig fragte, was er mit dem tapferen, aber schmutzigen und höchst gewöhnlichen Wrack anfangen sollte, das da in seiner Burg abgeladen worden war.
    »Erlaubt mir, dass ich mich um Maé kümmere«, schlug sie hastig vor. Irgendwie verkörperte die Magd plötzlich ein Stück Heimat für sie. Jemand, den sie kannte, dem sie vertraute und bei dem sie einfach Jorina sein durfte. »Sicher gibt es irgendwo eine Kammer, wo sie sich säubern und wo ich mich um ihre Wunden kümmern kann ...«
    »Nun ja, aber ...« Der Herzog brach ab und zuckte ergeben mit den Schultern. Er begann Jorinas Überzeugungskraft langsam, aber sicher zu fürchten. »Wie es aussieht, werde ich die Herzogin bitten müssen, sich Eurer anzunehmen.«
    »Die Herzogin?«
    Maé fiel fast der Pokal aus den Fingern. Jorina begriff, dass sich bisher niemand die Mühe gemacht hatte, ihr zu sagen, wer der prächtig gekleidete Herr in Wirklichkeit war, dessen Wein sie so durstig trank. Sie unterdrückte ein Lachen und hob den amüsierten Blick zu Seiner Gnaden, dem so respektlos behandelten Herzog.
    Jean de Montfort seinerseits starrte in die türkisfarbenen Augen, sah die zuckenden Mundwinkel und wünschte sich einen verrückten Augenblick lang, wieder jung zu sein und Raoul de Nadier zu heißen.

25. Kapitel
    Die Aussicht blieb stets die gleiche. Zwei schmale, steinerne Bögen, die, wenn er sich an die Wand neben der Pforte stellte, zwei längliche, halbrunde Stücke Winterhimmel zeigten. Meist grau, manchmal mit jagenden Wolken. Seltener mit den weißen geballten Gebilden, die in seiner Fantasie Gestalten annahmen. Je nach Windrichtung traf ihn manchmal ein Schwall frische Luft oder das feuchte Gespinst kühler Regentropfen.
    Es war kalt in dem winzigen Gemach, denn der Winter drang durch die Fensterhöhlen und überzog bei Nacht die Steine mit Feuchtigkeit oder Reif. Es

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