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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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Ausflügen in der Umgebung und verstand überhaupt nicht, was daran interessant sein sollte, am Moldauufer gewesen zu sein. Sie selbst war viel in dieser Gegend unterwegs, spezielle Polsternägel für Frau Kličková holen. Dass sie sich dort einmal verlaufen hatte und weinend von irgendeiner Frau nach Hause gebracht worden war, erzählte sie ihm allerdings nicht.
    Bis vor kurzem hatte man noch den Eindruck, dass die Jungs rein gar nichts trennen konnte. Aber in letzter Zeit begannen sich dunkle Wolken über ihrer unzertrennlichen Freundschaft zusammenzuziehen. Ihre Mitschülerin Helena Bajerová hatte über die Ferien ein wenig Brüste bekommen, ihre Haare waren ein wenig länger, und die Zahnspange war weg. Darüber hinaus hatte sie gelernt, wie man sehr schön Jungs anlächelt, vor allem Máchal, Hnízdil, Šíša und Josef. Und sie fing an, ein nie dagewesenes Interesse für Dinge zu entwickeln wie Computer, Marsmenschen, Fußball, Boxen und Expeditionen aller Art. Kurzum, sie interessierte sich für alles, was bis dahin nur die Jungs interessierte.
    Und die Jungs fingen an, sich für Helena Bajerová zu interessieren. Nur dass es bloß eine Helena Bajerová gab und die Jungs zu viert waren.
    Sie zählten heimlich mit, wem Helena öfters zulächelte, wem sie freundschaftlich auf die Schulter klopfte und wen sie häufiger »Schatzi« oder »Spatzi« nannte. Von jemand anderem würde sich Josef wohl schwer so bezeichnen lassen, doch bei Helena gefiel ihm das, und es schmeichelte ihm sogar, wenn sie ihn auf einer Expedition hinter das Schwimmbad fünfmal »Waldi« nannte, während sie Máchal, Hnízdil und Šíša überhaupt nicht so nannte. Sie rief ihnen nur ein- oder zweimal »ihr Schweinchen« oder »Teufelchen« zu, oder »du mein kleines Ferkelchen.« Das sagte sie, als Šíša vom Aussichtsturm direkt in eine schmutzige Lache fiel, in der nur irgendwelche Käfer schwammen, und dann auch Šíša.
    Helena verdrehte den Jungs dermaßen den Kopf, dass sie ihr wie dressierte Hündchen nachliefen. Wenn sie zum Zahnarzt
ging, gingen sie auch zum Zahnarzt, wenn sie zur Reinigung ging, gingen sie mit ihr zur Reinigung. Sie warteten geduldig, bis sie im Nähgeschäft zehn verschiedene glitzernde Aufnäher ausgesucht hatte, um ihr dann dabei zu helfen, diese auf T-Shirts, Handtaschen und Jacken aufzunähen. Ihretwegen fingen die Jungs sogar an, Ballettstunden zu nehmen. So viele Jungs, die einen Ballettkurs besuchten, hatte Frau Miluška in ihrem Leben noch nicht gesehen. Aber die Jungs hielten es nur bis zur zweiten Stunde an der Stange aus. Danach warteten sie lieber draußen vor der Ballettschule auf Helena. Kurz und gut – sie waren ganz schön durcheinander.
    Eines Tages schlug den Jungs, als sie auf dem Weg zur Schule waren, ein heftiger Wind entgegen, der in der Allee oberhalb der Marienkirche die ersten Kastanien herabfallen ließ. Die Kastanien waren noch in ihre Schale gehüllt und es dauerte ein wenig, bis die Jungs sie aus diesen Hüllen herauspulen konnten. Plötzlich trug der Wind Hnízdils teure Mütze mit dem Zeichen der New Yorker Feuerwehr davon. Die Jungs jagten der Mütze von einem Ort zum andern nach, und es sah fast so aus, als ob sie sie niemals fangen konnten. Hnízdil war verzweifelt. Wie sich herausstellte, war es nicht ganz seine Mütze. Sie gehörte vielmehr seinem älteren und viel stärkeren Bruder. Zum Schluss hatte der Wind aber doch noch Mitleid mit ihnen, und die Jungs konnten die Mütze beim Hotel Pyramide in Dlabačov einfangen. Etwas hielt sie dann noch eine Weile auf.
    Sie sahen durch die Fensterfront die Hotelgäste, wie sie gerade frühstückten. Beim Anblick der knusprigen Hörnchen,
der Rühreier und des Schinkens lief den Burschen das Wasser im Mund zusammen. Máchal behauptete, dass sein Vater immer in diesem Hotel übernachten würde, wenn er sich wieder einmal mit Frau Máchalová überworfen hatte. Dann brachte er Máchal all die Delikatessen aus dem Hotel zum Probieren mit. Am liebsten hatte er die Nuni-Burger. Aber diesmal war Herr Máchal nicht hier und all die Köstlichkeiten, allen voran die Nuni-Burger, konnten von den Jungs nicht unter sich aufgeteilt werden.
    Und so standen sie vor der Vitrine und beobachteten gierig all die Glückspilze, die dort futterten, und sie schworen sich insgeheim, dass, wenn sie einmal groß wären, auch sie in solchen Hotels frühstücken würden, und als Allererstes würden sie die leckeren Nuni-Burger bestellen.
    Das alles nahm einige

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