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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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gewonnen, die dringend im Maximilianeum, dem Sitz des Landtags, benötigt wurde. Stümperhaftes Krisenmanagement konnte parteiintern alles zerstören. Denn gerade in der Partei brauchten sie in diesen Zeiten krisenerprobte Männer.
    Mehr als ein resigniertes »Ja, mei« hatte Bernbacher nicht zu bieten.
    »Ja, mei, Bernbacher, ja, mei?«, tobte Meier am anderen Ende. »Jetzt sag ich dir mal was: Wir sind ein sauberer Ort. Ein schöner Ort. Wir haben ein herrliches Bergpanorama. Den höchsten Berg Deutschlands. Die niedrigsten Arbeitslosenzahlen. Unser Klinikum ist Weltmeister im Einbau künstlicher Hüften. Unser Wasser ist klar. Unsere Luft ist gesund. Unsere Kirchen sind voll. Unsere Feuerwehren bestens ausgestattet. Wir haben zweiundsechzig Kilometer Skipisten, davon sechzig Prozent technisch beschneit. Wir sind in Bayern, in Deutschland, in Europa Spitze auf vielen Gebieten. Wir streben zusammen mit unserer Landeshauptstadt die Ausrichtung Olympischer Winterspiele an. Die Welt schaut auf Garmisch-Partenkirchen! Bei uns wird nicht gemordet. Schon gar kein Mann des Glaubens! Und jetzt kommst du, lässt einen Mord zu – den Mord an einem braven Mönch aus unserer Mitte –, und alles, was dir einfällt, ist › Ja mei ‹ ?« Meier überschlug sich beinahe in seiner Empörung.
    »Das ist ein Mordfall, Herr Bürgermeister. Keine Wahlkampfrede hilft da und auch nicht das sauberste Wasser und die schönste Beschneiungsanlage. Helfen alle gar nichts!« Bernbacher hätte sich so viel Selbstverteidigungswillen gar nicht zugetraut, wie er seinem Bürgermeister mit diesen Worten entgegenbrachte, um dessen hirnlose Suada zu stoppen.
    Meier fing sich wieder. »Ich wünsche über alle Fortschritte eurer Ermittlungen informiert zu werden«, wies er seinen alten Freund an. »Und schick alle Presseleute ruhig zu mir, damit ich unseren Ort ins richtige Licht stelle«, schloss er, bevor er den Hörer auf den Apparat knallte.
    Der Tag hatte ja prächtig angefangen. Bernbacher brauchte erst einmal ein zweites Frühstück. Er ließ seine mittlerweile eingetrudelten Beamten in ihren Dienstzimmern links und rechts sitzen und startete zum Schnellamerikaner auf der anderen Straßenseite durch.
    Der alte Abt Gregorius war um diese Zeit wie jeden Tag bereits seit Stunden auf den Beinen. Nach dem Morgengebet um fünf Uhr bereitete er die Morgenmesse vor, zu der auch an diesem Morgen um halb acht wieder die drei alten Frauen aus Partenkirchen auf der linken Seite des Kirchenschiffs saßen. Die Messe war dem verstorbenen Mitbruder gewidmet. Nach der Messe wartete Abt Gregorius auf die Ermittler der lokalen Polizeibehörden, mit deren Erscheinen er fest rechnete. Auf alle ihre möglichen Fragen hatte er sich Antworten zurechtgelegt. Doch bevor die Herren kamen, um den Menschen zu befragen, der – den Mörder ausgenommen – wahrscheinlich den jungen Bruder Engelbert zum letzten Mal lebend gesehen hatte, klopfte gegen 8 Uhr 45 ein dem Abt gut bekannter Mann an der Klosterpforte.
    Zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Stunden hatte Karl-Heinz Hartinger per Anhalter die knapp hundert Kilometer zwischen München und Garmisch-Partenkirchen zurückgelegt. Er war nach seiner Kreuz-und-Quer-Fahrt im öffentlichen Personennahverkehr Münchens um 7 Uhr 30 am Partnachplatz – irgendwie zog es ihn eben in diese Richtung – aus der U-Bahn gestiegen, um am Luise-Kiesselbach-Platz, wo die A 95 nach Garmisch begann, mit einem selbst gemalten GAP-Schild auf sein Fahrtziel hinzuweisen.
    Diesmal ließ er sich nicht wie auf dem Hinweg von einem Trasporto Latte mitnehmen, dessen italienischer Fahrer ihm wenig gefährlich werden konnte, weil er wahrscheinlich keine deutschen Boulevardzeitungen las. Er gab vielmehr selbst den Italiener, der kein Wort Deutsch sprach und nur fetzenweise Englisch verstand. Somit gelang es ihm, jede Konversation mit dem jungen Kaffeemaschinenvertreter zu vermeiden, der im Oberland seine Hoteliers und Gastwirte abklapperte. Sicherheitshalber war er bereits bei der Abzweigung Starnberg in einen Scheinschlaf gefallen, was ihm ermöglichte, sein Gesicht vom Fahrer weg komplett nach rechts abzuwenden.
    Als der rote Passat des Kaffeemenschen eine knappe Dreiviertelstunde später die Autobahn bei Eschenlohe verlassen und Oberau und den Farchanter Tunnel passiert hatte, tat Hartinger kurz hinter dem Garmisch-Partenkirchner Ortsschild so, als würde er unvermittelt auf-wachen und sich übergeben müssen. Er würgte dreimal nach rechts in

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