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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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gebrauchen konnten, einer, in dem Hartinger schlecht aussehen würde.
    Abt Gregorius bückte sich, wobei er fast hinter seinem Schreibtisch mit den Papierstapeln, Aktenordnern und aufgeschlagenen Büchern verschwand, und kramte in der unergründlichen Tiefe einer seiner Schubladen. Endlich fand er, was er gesucht hatte, erhob sich und reichte Hartinger ein Mobiltelefon. »Das hat im letzten Jahr einer der Personenschützer des Scheichs von Al-Wai Dabbeyh, der St. Anton besuchen wollte, bei einer Vorbesichtigung bei mir liegen lassen. Zu dem Besuch kam es nicht mehr, denn die Finanzkrise des Emirats kam dazwischen, da hatte der Scheich dann anderes zu tun. Das Handy hat aber nie jemand abgeholt, und ich konnte nirgends anrufen, die Herren haben keine Karten hinterlassen.« Gregorius musste lächeln. »Sicher wird es das fürstliche Budget trotz Finanzkrise nicht überstrapazieren, wenn du ein paar Tage mit dem Gerät telefonierst. Und du kannst dir das alte Postfahrrad, das neben der Pforte steht, nehmen.«
    Hartinger stand auf und wollte los. »Danke«, sagte er nur zu dem alten Mann.
    »Halt!«, bremste ihn der Abt, der sich an einer anderen Schublade des Schreibtisches zu schaffen machte. »Nimm das hier.« Er drückte Hartinger einen kleinen Notebook-PC in die Hand, ohne einen weiteren Kommentar abzugeben. Es war klar, wem der Computer gehört hatte.
    Hartinger nickte, drehte sich um und machte sich auf den Weg. Diesmal konnte er sich weder von einem italienischen Milchkutscher noch von einem deutschen Kaffeeröster chauffieren lassen. Er nahm das gelbe Postrad, das wohl eine Spende der ehemaligen Behörde an das Kloster war. Jedenfalls konnte er sich nicht vorstellen, dass jemand ein gackerlgelbes Fahrrad klaute, schon gar nicht ein Mönch.
    Dann sah er zu, dass er ungesehen aus dem Kloster verschwand.
    Bis neun Uhr wartete Bernd Schneider im Hotel auf die Obduktionsergebnisse aus München. Das konnte bis zum Abend dauern, wurde ihm auf Nachfrage mitgeteilt, da in der Stadt in der Nacht einiges passiert war. Erstochener Zuhälter in Milbertshofen. Tödlich verunglückter Mopedfahrer am Fuße des Giesinger Bergs, Drogenverdacht. Vereinsamte Oma auf der Schwanthaler Höhe. Die Gerichtsmediziner würden sich vor der Mittagspause nicht um den Toten aus der Provinz kümmern können.
    Schneider erwartete aber keine großen Überraschungen. Der Mann war erdrosselt worden, das Mordwerkzeug war sichergestellt. Todeszeitpunkt hatte der Leichenbeschauer vor Ort mit »zwischen 12.00 und 16.00 Uhr« angegeben. Mehr mussten die in München herausfinden. Die Leiche war also tatsächlich mehrere Stunden dort oben auf dem Hügel gelegen. Der Verdächtige Hartinger schied dadurch nicht aus. Leider waren weder am Mordwerkzeug noch am Körper des Toten Fingerabdrücke einer fremden Person zu finden. Das war das erste Ergebnis der Spurensicherer, das er bereits in der Nacht erhalten hatte. Auch der Tatort gab keine verwertbaren Spuren her. Fußabdrücke waren massenhaft vorhanden, aber keine zwingend einem möglichen Tatbeteiligten zuzuordnen. Kein Wunder, nachdem dort nicht nur Wanderer am Wochenende durchströmten, sondern auch die Beamten der Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen alles niedergetrampelt hatten. Natürlich: Frische Spuren von Laufschuhen der Marke ASICS in Größe US 13, die wahrscheinlich zur Joggingausrüstung Hartingers gehörten. Nur war der mitsamt seinen Schuhen verschwunden. Die letzte Hoffnung war die kriminaltechnische Untersuchung der Leiche und der Bekleidung des Mönchs auf DNA-Anhaftungen. Doch das konnte Tage dauern.
    So viel Zeit untätig zu vertrödeln war Schneiders Sache nicht. Außerdem war er sich der alten Regel bewusst, nach der Morde, die nicht binnen vierundzwanzig Stunden aufgeklärt wurden, mit hoher Wahrscheinlichkeit nie aufgeklärt wurden. Daher hieß sein Motto: klassische Recherchearbeit. Leute befragen. Das Leben des Toten durchleuchten. Er musste zunächst ins kleine Franziskanerkloster St. Anton, um das Lebensumfeld des Toten zu erforschen. Er hoffte, dass der Abt kooperativ sein würde.
    Als Schneider seine Kollegin Schmidtheinrich im Nachbarzimmer zum Frühstück abholen wollte und er sein Hotelzimmer verschloss, lief ihm auf dem Flur ein untersetzter Mann im Trachtenanzug entgegen. Der Mann steuerte direkt auf ihn zu und hielt ihm seine fleischige Hand hin.
    »Erster Bürgermeister Hans Wilhelm Meier. Willkommen in Garmisch-Partenkirchen.« Meier konnte auch in dieser

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