Josefibichl
ich glaub, ich spinn! Wer schreibt so was, Ludwig?«
»Ich hab ja da so meinen Verdacht. Bestimmt hat der Hartinger seine Finger im Spiel. Der lenkt ab von seiner eigenen Tat und reißt uns da schön mit rein.«
»So schaut‘s aus«, stimmte Meier der Spekulation seines obersten Polizisten zu. »Dem müssen wir Einhalt gebieten. Es kann, nein, es darf nicht sein, dass unser schönes Werdenfelser Land, das in wenigen Jahren Olympische . . .«
»Ja, ja, passt scho«, fiel Bernbacher seinem Bürgermeister ins Wort. Für eine weitere Wahlkampfrede war wirklich keine Zeit. »Wir werden ihn stellen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue, das verspreche ich dir«, schwor Bernbacher beinahe feierlich. »Und dann werde ich dafür sorgen, dass das ein Lebenslänglich wird.«
»Mir ist sowieso zuwider, dass sich der Kerl wieder in unserem schönen Landl herumtreibt. So einer vergisst ja selten was, und wer weiß, wann ihn die Rachegelüste übermannen. Dass das gleich zu einem Mord an einem Mönch führt, wer hätte das gedacht, aber die Fakten sprechen doch für sich, oder?«
Bernbacher demonstrierte Geschlossenheit mit seinem Bürgermeister. »Ich hab mir auch sofort gedacht, dass der Ärger macht. Aber man hat halt keine Handhabe ohne Tat, ein Fehler unseres Rechtssystems. Allerdings, so hab ich mir gedacht, wär das Schlimmste, was passieren kann, dass er in der einen und anderen alten Geschichte herumwühlt und wer weiß wen anschießt. Aber so was?«
»Ja, und das wäre schon schlimm genug gewesen«, meinte der Bürgermeister. »Also tu, was du tun musst, um diese Laus in unserem Pelz zu eliminieren!«, gab er den Jagdauftrag und legte auf.
Wohlweislich hatte Hans W. Meier darauf verzichtet, auch noch Bernbacher zu verwirren. Es reichte, dass er den Münchner LKA-Schnösel auf die andere Spur, auf die des Veit Gruber, gesetzt hatte.
Einer dieser beiden Spürhunde würde schon etwas Brauchbares finden. Wer auch immer wegen der Tat einfahren würde, der Hartinger oder der Gruber, danach würde wieder Ruhe in seinem Ort einkehren.
Ludwig Bernbacher war wieder Herr der Lage. Oder so gut wie. Er hatte die Rückendeckung des Bürgermeisters, den Zeugen Hartinger als Haupttäter zu verfolgen. Ihm war klar, dass die »Geschichten«, auf die sein alter Spezi Meier Hansi angespielt hatte, nicht nur den Bürgermeister selbst, sondern auch viele andere hochstehende Persönlichkeiten des Orts und des gesamten Landkreises betrafen. Wenn einer wie der Hartinger erst einmal mit dem Schnüffeln anfing, wer wusste, was er alles an die Oberfläche brächte.
Die Sache war klar. Der Mann war in psychotherapeutischer Behandlung wegen unkontrollierbarer Wutausbrüche. Er war unbestritten am Tatort gewesen. Er hatte eine hinterlistige und lautlose Waffe gebaut, womit er sich als ehemaliger Polizeireporter bestens auskannte, und sie auch verwendet – Affekt hin oder her. Wenn nur noch eine einzige DNA-Spur vom Fundort, oder besser, von der Leiche mit der DNA Hartingers übereinstimmte, würde er den Rest seines Lebens auf Staatskosten verbringen. Und auch ohne DNA würde es aller Wahrscheinlichkeit nach für eine Verurteilung in einem Indizienprozess reichen.
Den Einzigen, den Bernbacher noch unter Kontrolle bringen musste, war dieser LKA-Hengst, der hier in seinem Gäu den Superbullen spielte. Der war nicht nur eine Nervensäge, sondern führte Bernbacher im Beisein seiner eigenen Leute vor. Je schneller der aus Garmisch-Partenkirchen verschwand, desto besser.
Kurz vor Lenggries, das Karl-Heinz Hartinger isaraufwärts, eine gute halbe Stunde nachdem er in Bad Tölz losgefahren war, erreichte, vertraute er das gelbe Postfahrrad dem grünen Fluss an. Er war das Radeln leid. Sicherer und bequemer war der RVO-Bus 9595, der kurz vor halb sechs in Lenggries hielt und ihn bereits um Viertel vor sechs in Jachenau ablieferte. Außer ihm saßen nur einige Touristen im Bus, die er nicht zu fürchten brauchte. Er schaute einfach stur nach links aus dem Busfenster.
»Gruber, ich hatte Ihnen bereits angedroht, dass ich mir Ihre Konten vornehmen werde. Stellen Sie sich vor, ich habe mich soeben dazu entschlossen, genau das zu tun. Dies ist meine Kollegin Claudia Schmidtheinrich von der Finanzfahndung.« Bernd Schneider wollte sich im zweiten Anlauf nicht noch mal von dem Tausendsassa Gruber und seiner Show einseifen lassen. Also gab er sofort Vollgas und blies zum Angriff.
Claudia Schmidtheinrich spielte mit. »Darf ich bitte Ihre Akten
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