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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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als wäre er in einem Film. Nicht mehr in Veit Grubers Spirit-Of-The-Alps-Phantasie, sondern in einem Video der Drehbuch-Neigungsgruppe des Staatlichen Gymnasiums Pullach. Er stellte sich dem BND-Mann gegenüber, um seinen Größenvorteil zu nutzen. Im Fall der Fälle würde der ihm sicher wenig bringen. Der Mann war womöglich nicht allein, konnte bestimmt auch die eine oder andere fiese Krav-Maga-Variante, und außerdem war das Haus wahrscheinlich mit liechtensteinischen Arabern durchsetzt.
    »Was wollen Sie von mir?« Schneider wollte hier raus.
    »Ihnen helfen, was sonst? Ich bin deutscher Staatsdiener, Sie sind deutscher Staatsdiener, wir sind beide per Diensteid verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk fernzuhalten. Und genau dabei will ich Ihnen helfen.« Müller oder Schmidt wurde pathetisch.
    »Und dabei helfe auch ich Ihnen, richtig?«
    »Irgendwie schon. Aber vor allem sich selbst.«
    »Da bin ich mal gespannt, wie Sie mir helfen wollen«, brauste Schneider auf. »Ich sehe das ganz anders. Ich bin von Leuten entführt worden, denen Sie offenbar nahestehen. Und Sie wollen nicht, dass diese Entführung an die große Glocke gehängt wird, denn sonst ist der Teufel los. Also wollen Sie, dass ich die Schnauze halte, richtig?« Er hatte wieder zu seiner alten Form zurückgefunden. »Dann sagen Sie mir mal, warum ich Letzteres tun sollte!«
    »Das will ich gern tun«, erwiderte Müller oder Schmidt, »a) Wir wissen zu jeder Zeit, wo Sie sich aufhalten, wenn wir es wissen wollen. b) Wir wissen, wie man Leute so sang – und klanglos verschwinden lässt, dass sie selbst nicht merken, dass sie gar nicht mehr da sind. c) Schon auf diesem wunderschön gelegenen Villenanwesen gibt es genug Möglichkeiten, Sie verschwinden zu lassen. Erprobte Möglichkeiten. Aber«, Müller oder Schmidt tänzelte um Schneider herum, um sich wieder im Chefsessel hinter dem Schreibtisch niederzulassen, »wir wollen uns doch nicht auf dieses Niveau herablassen. Ich nenne Ihnen sehr gern den wichtigsten Grund, warum Sie die Schnauze halten sollten. Aufgemerkt. d) Wir machen Ihnen hier und heute ein Jobangebot, verehrter Kollege Schneider. Sagen Sie nur Ja, und schon spielen Sie nicht mehr in der Regionalliga, sondern in der Champions League. Ach, was sag ich, in der Weltauswahl.«
    Schneider war perplex. War das nun ein billiger Ruhigstellungsversuch oder ernst gemeint? Er hatte doch gerade in diesem Fall keine große Fortune gezeigt, seine Ermittlungen waren bisher erfolglos. Und er hatte sich auch noch von ausländischen – ja, was denn? Spionen? Agenten? – ausknocken lassen. Das sollte eine Empfehlung für den Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik Deutschland sein?
    »Für einen Geheimdienst, der Leute wie mich anstellt, will ich nicht arbeiten«, entgegnete er.
    »Oh, das glauben Sie mir jetzt nicht, verstehe. Muss ich erläutern.« Müller oder Schmidt holte tief Luft und erhob sich wieder aus dem Sessel, um dozierend im Zimmer auf – und abzustolzieren. »Wir haben Mitarbeiter im In – und Ausland. Nicht alle sind offizielle Mitarbeiter. Leider hat der Begriff durch die Tätigkeiten der ehemaligen Ostkollegen einen schlechten Beigeschmack bekommen, sonst würde ich von inoffiziellen Mitarbeitern sprechen. Wir nennen sie Freiberufler. Oder auch Spechte. Warum? Keine Ahnung, hat sich so eingebürgert. Kuckuck wäre wohl zu offensichtlich. Egal. Spechte sind erstklassig ausgebildete Kolleginnen und Kollegen, aber sie haben alle eine andere offizielle Existenz. Sie sind Taxifahrer, Bäcker, Lehrer, Manager und so weiter. Alles dabei. Auch Polizeibeamte. Wissen immer nur diese Mitarbeiter und wir, sonst niemand. Auch untereinander kennt man sich nicht, zumindest nicht, solange man nicht gemeinsam einen Auftrag erledigen muss. Im In – oder Ausland. Und dass wir Sie heute ansprechen, ist natürlich kein Zufall, sehr verehrter Herr Kollege Schneider. Wir beobachten Sie schon seit Längerem, und Ihre Arbeit gefällt uns. Sie gefallen uns. Dass Sie hier und heute Abend mir vor die Füße gefallen sind, ist allerdings ein sehr lustiger Zufall. Aber warum nicht Zeit sparen und das Beste daraus machen?«
    Schneider konnte sich das mit den Spechten durchaus vorstellen, und es überraschte ihn bei einem Geheimdienst nicht. Aber wieso war er durch die Entführung dem BND-Mann vor die Füße gefallen? War der schon vorher hier gewesen? Überhaupt: Was machte der hier eigentlich?
    Als er genau zu dieser Frage ausholen wollte, begann Müller

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