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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Sie erlauben: Die Liechtensteiner sind Mitarbeiter Seiner Königlichen Hoheit Sheikh Qaudee ibn Said ibn Burj, des Emirs von Al-Wai Dabbeyh, dessen Gast Sie übrigens gerade sind. Der verwaltet seine europäischen Liegenschaften von Liechtenstein aus. Darum die Autokennzeichen. Aber die Insassen der Autos: waschechte arabische Spezialagenten. Lizenz zum Töten. Und auch zum langsamen Töten. Zum gaaanz langsamen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also hier ist kein Hotel, sondern das Gästehaus der Herrscherfamilie. Zugegeben, nicht das repräsentativste und größte Zimmer. Aber mit tollem Blick. Ach ja, wo Sie sich allerdings leider gründlich vertun: Nicht nur ein paar Minuten waren Sie weg. Es ist vier Uhr, und in einer Stunde dämmert hier drüben über dem Wettersteingebirge der Morgen. Dann wird der Blick richtig großartig. Vielleicht haben Sie Glück, und es gibt ein tolles Morgenrot.«
    Für einen Geheimagenten schwätzte der Mann ziemlich viel, fand Schneider. »Morgenrot – Schlechtwetterbot‘«, entgegnete er. »Lieber nicht. Außerdem würde ich jetzt gern gehen. Ich kann mir nämlich durchaus ein ordentliches Hotelzimmer leisten und bin nicht auf die großzügige Gastfreundschaft des Herrn Scheich angewiesen.«
    Schneider schlug die Kamelhaardecke zurück und sah, dass er in einem goldbestickten seidenen Pyjama steckte. Sie mussten ihn also aus – und umgezogen haben. Der Schlag mit dem Totschläger war wohl heftig gewesen. Oder das, was ihm per Kanüle eingeflößt worden war. Oder beides.
    »Mhm, Partenkirchner Hof, Juniorsuite Wetterstein mit Gebirgsblick, auf Staatskosten.« Müller oder Schmidt war standesgemäß gut informiert. »Mit Frühstück zwohundertdreißig Euro die Nacht. Ein bisschen überzogen, der Preis, für das Zimmerchen im alpenländischen Stil, finden Sie nicht? Da ist es doch hier sehr viel mondäner und passt besser zu Ihrem Lebensstil. Das Holz dieses Schreibtisches hier ist Wenge, geölt. So ähnlich haben Sie es doch in Ihrer Küche. Nur, dass dieses Holz hier massiv ist und kein Null-Komma-drei-Millimeter-Furnier wie bei Ihnen zu Hause.«
    Schneider sprang auf die Beine und wollte dem Mann an die Gurgel springen. Doch nach einem Schritt in Richtung Schreibtisch riss ihn das Stahlseil, das an einer gepolsterten Manschette um sein linkes Sprunggelenk befestigt war, zurück, und er schlug der Länge nach auf den hochflorigen Teppich auf.
    »Warum so ungestüm?«, fragte Müller oder Schmidt ungerührt. »Das passt so gar nicht zu Ihrem Alter. Genau wie Ihre Kleidermarken, übrigens. Unsere Kollegen wundern sich sehr, warum bei Ihnen zu Hause all das Zeug hängt, das eher in den Kleiderschrank eines spätpubertie-renden verwöhnten Junggrünwalders passt. Verehrter Kollege, Sie gehen auf die vierzig zu!« Der kleine Nachrichtendienstler mit seiner Fiepsstimme genoss es offenbar, sich über den körperlich weit bevorteilten Schneider lustig zu machen. »Meinen Sie nicht, es wird Zeit, erwachsen zu werden?«
    Schneider musste einsehen, dass er mit Gewalt nicht weiterkam. Wenn er hier unbeschadet rauskommen wollte – und dabei dachte er mehr an seine Karriere als an körperliche Unversehrtheit, denn so weit würde es doch auf deutschem Boden unter deutschen Beamten sicherlich nicht kommen –, war es sicherlich hilfreich, wenn er zunächst einmal kooperativ war. Der kleine Mann mit der unangenehmen Stimme saß momentan am längeren Hebel.
    »Binden Sie mich los, und lassen Sie uns wie normale Menschen reden«, appellierte er an den Geheimdienstmann.
    »Nur zu gern.« Müller oder Schmidt erhob sich. Er war im Stehen kaum größer als die Chefsesselrückenlehne, wie Schneider registrierte. Er ging an Schneider vorbei und tippte in das elektronische Display der Fußfessel eine Zahlenkombination. Darauf ließ sie sich wie ein Klettverschluss öffnen.
    »Toll, was unsere israelischen Freunde da wieder entwickelt haben. Gibt‘s in der High-End-Version auch als Selbstläufer. Springt über den Boden, schließt sich um den Fuß eines Steineschmeißers in einer Menschenmenge und hält ihn gefangen. Wär auch ‚ne feine Sache für unsere Bahnhofsdemonstranten in Stuttgart oder am Ersten Mai in Berlin. Aber das exportieren die Jungs nicht, wir bekommen nur die einfache Ausführung. Außerdem darf der BND nicht im Innern tätig werden. Leider.« Der Spion stellte eine ironisch übertriebene Trauermiene zur Schau, bevor er schelmisch zwinkerte.
    Schneider stand auf. Ihm war immer noch,

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