Josefibichl
oder Schmidt, ebendiesen Sachverhalt zu erklären: »Sie wundern sich sicher, was mich hierher führt. Nun, wir westlichen Geheimdienste – und Sie wundern sich jetzt vielleicht, dass auch die arabischen dazugehören – arbeiten nicht erst seit dem 11. September 2001 äußerst eng zusammen. Nein, wir wissen durchaus schon seit Langem, wer zu wem gehört. Und die Araber auf der südlichen Seite des Golfs gehören ebenso zum Westen wie unsere israelischen Freunde. Auch wenn die sich vielleicht untereinander manchmal nicht so toll finden, so bilden sie doch mit den Mitteleuropäern und unserem großen amerikanischen Bruder eine Einheit. Wir sorgen gemeinsam für freien Handel und den freien Verkehr von Rohstoffen und Energie.«
»Mit anderen Worten: Es geht ums Öl«, verkürzte Schneider den Scholl-Latour-Vortrag seines Gegenübers.
»Wenn Sie so wollen: Ja, das spielt eine gewisse Rolle. Aber bitte sehen Sie die Dinge nicht immer nur so eindimensional wie die Pressefritzen und die Öffentlichkeit.« Er machte eine abwinkende Handbewegung. »Doch worum es unseren Dienstherren im Einzelnen geht, hat uns ausführende Kräfte auch gar nicht zu interessieren. Uns interessiert, wem wir trauen können und wem nicht. Und den arabischen wie den israelischen Freunden können wir seit über fünfzig Jahren bedingungslos trauen. Nun, so gut wie bedingungslos.«
»Dann hätten die ja vor dem 11. September warnen können«, warf Schneider ein.
»Haben sie es denn nicht?« Müller oder Schmidt machte eine bedeutungsschwere Pause. »Aber das tut hier nichts zur Sache. Um was es hier geht: Der Emir von Al-Wai Dabbeyh hat an diesem Ort gewisse Interessen. Interessen, die übrigens nicht zum Schlechtesten dieses Landstrichs sind. Ein Mann von Wohlstand und Geschmack sucht Orte von Welt. Manche müssen eben dazu gemacht werden. Aber was schwätze ich da. Wie ich eben sagte, was unsere Auftraggeber wollen, ist uns herzlich egal. Wir sind dazu da, dass sie es kriegen. Und dass Seine Königliche Hoheit seinen Willen bekommt, dafür bin ich an diesem Ort zuständig. Und da Seine Königliche Hoheit viel vorhat, kann ich hier nicht mehr alles allein regeln. Jetzt begreifen Sie vielleicht allmählich, warum wir für solcherlei Spezialaufträge auch Leute wie Sie brauchen.«
»Und was genau ist hier der Auftrag?«, erkundigte sich Schneider.
»Wir geben acht, dass gewisse Immobiliengeschäfte zwischen Einheimischen und dem Emir nicht gestört werden.«
»Und das erzählen Sie mir alles so einfach?«, wunderte sich Schneider.
»Ich bin ganz sicher, dass Sie die Schnauze halten. Vergessen Sie bitte nicht die Gründe a, b und c.«
»Verstehe. Bleibt mir eine Wahl?«
»Ja. Sie müssen nicht für uns arbeiten. Sie können jetzt sofort gehen. Wichtig ist nur in beiden Fällen: Schnauze halten! Sie sind deutscher Staatsdiener. Dem deutschen Staat ist es äußerst wichtig, dass unsere arabischen Freunde glücklich sind. Denn dann sind auch der deutsche Autofahrer und der deutsche Heizölkäufer glücklich. Die deutsche Industrie sowieso. Was glauben Sie, wer die Straßen und Hochhäuser baut, die im Oman und in Dubai entstehen? Ganz nebenbei, auch der amerikanische Präsident und die Königin von England sind auf diese Weise leicht glücklich zu machen. Und mit ihnen viele ihrer reizenden Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt. Dieses traute Glück wollen Sie sicher nicht stören, verehrter Kollege.«
Schneider überlegte kurz. »Und wenn ich für Sie arbeite, hören Sie dann auf, › verehrter Kollege ‹ zu mir zu sagen?«
»Oh, es kommt noch besser: Wenn Sie für uns arbeiten, sage ich gar nichts mehr zu Ihnen, denn dann kenne ich Sie nicht mehr. Außer ich werde vielleicht Ihr Führungsoffizier. Und bevor Sie auch das fragen: Ja, Sie bekommen zu Ihren nicht gerade üppigen Polizeibezügen eine schöne monatliche Summe in einem Land Ihrer Wahl ausbezahlt. Wir empfehlen übrigens die Kaimaninseln oder einen der uns vertrauten Golfstaaten.«
Das war, was Schneider schon seit Längerem hören wollte. »Wie lange habe ich Bedenkzeit?«
Müller oder Schmidt blickte auf die Uhr. »Drei Minuten.«
»Verraten Sie mir, um welche Immobiliengeschäfte es geht?«
»Unter Umständen nach den drei Minuten.«
»Nur noch eine letzte Frage, bevor ich mich entscheide.« Schneider stellte sich einen knappen Meter vor Müller oder Schmidt und musterte ihn ausgiebig von oben bis unten. Dann fixierte er die Augen des kleinen Spions und sagte:
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