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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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einen Gefallen getan hatte?
    »Ein Schmarrn!«, erzürnte sich Gruber. »Der junge Mönch war ja dafür. Ein sehr aufgeschlossener junger Mann. Zukunftszugewandt. Der hat genau erkannt, dass das mit dem Klosterleben auf Dauer nicht so weitergehen konnt. Die sterben ja aus. Und irgendwann wär auch St. Anton zugesperrt worden, darum wollt er von unseren touristischen Plänen profitieren und rechtzeitig die Hebel umstellen. Touristische Dienstleistung der spirituellen Art. Das passt eins a zu den Zielen der Franziskaner, hat er immer gesagt. Sind ein Missionarsorden. Und arbeiten tun die auch gern. Perfekt für die Hotellerie geeignet.«
    »Und was ist mit den Chinesen? Ich dachte, der Scheich finanziert dich.«
    »Wollt er ja auch. Oder will er noch immer. Nur irgendwie haben’s die Chinesen geschmeckt. Und jetzt wollen sie auch. Sie sind zu mir gekommen und haben schon mal als Einstandsgeschenk einen Geldkoffer auf den Tisch des Hauses gelegt. Einfach so. Und den hab ich genommen. Und damit hab ihnen eine Zusage gegeben . . .«
    ». . . wobei die Araber auch schon eine hatten. Und du steckst in der Scheiße, weil du deinen Kragen nicht voll genug bekommen kannst«, tadelte der Bürgermeister.
    Er wusste genau, dass mit den Arabern – so kultiviert sie auch auftreten mochten – nicht zu spaßen war. Erst im vergangenen Jahr hatte der Bruder des Kronprinzen von Abu Dhabi einen Mann vor laufender Kamera ausgepeitscht und mit seinem Geländewagen überfahren. Die Tat war zwar zu Hause in Abu Dhabi begangen worden, wäre also in Bayern niemanden etwas angegangen. Aber der Prinz musste daraufhin sein Feriendomizil in der Nähe von Bad Tölz verkaufen, weil er von der Herrscherfamilie unter Hausarrest gestellt worden war. Das wäre ja zu verschmerzen gewesen, hätten nicht die bayerischen Lokalzeitungen und die Boulevardblätter groß über den »Folter-Scheich von Dietramszell« berichtet. Im Internet waren die Artikel immer noch zu lesen, wie der Bürgermeister Meier aus seiner wöchentlichen Konkurrenzauswertung wusste. So eine Geschichte wollte er über seinen Scheich und vor allem seinen Ort nicht im Tagblatt und den Münchner Revolverblättern lesen. Selbst wenn ihm die Vorstellung, Veit Gruber von einer gepanzerten Mercedes-G-Klasse überfahren zu wissen, nicht gerade zuwider war. Der Gruber hatte nicht nur sich selbst, sondern unter Umständen das ganze Landl in den Dreck geritten. Meier musste die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.
    »Sehr gut, sehr gut«, lobte er den überraschten Gruber. »Wir können Investoren brauchen. Egal, ob gelb oder – sagen wir mal – dunkler. Wir müssen nur darauf achten, dass sich deren Interessen mit den unsrigen an den richtigen Stellen treffen. Dass das alles in meinen . . . in unseren Masterplan für diesen unseren wunderschönen Ort. . .«
    »Ich hab‘s mir wirklich lang überlegt, Hansi, das kannst mir glauben«, fiel ihm Gruber aufgeregt ins Wort. »Aber ich denk, dass die Chinesen die Zukunft sind. Die wachsen derzeit mit einer derartigen Geschwindigkeit, da war unser Wirtschaftswunder dagegen ein Flohmarkt. Die haben vierzig Megacitys, von denen kennt bei uns keiner auch nur den Namen, und in so einer Megacity arbeiten Millionen Menschen, und es bildet sich langsam, aber sicher eine Oberschicht, die wird sich die ganze Welt zusammenkaufen. Wart‘s ab, unser schönes Europa wird das Österreich der Chinesen. Wir werden alle noch froh sein, wenn wir denen den Kaffee servieren und › Jawoll, gnä‘ Frau Generaldirektorin, gschamster Diener! ‹ sagen dürfen, nur auf Chinesisch halt. Und da hab ich mir gedacht: Eigentlich passen sie doch eh besser zu uns als die Araber mit ihren verhüllten Weibern und den verzogenen Saubamsen. Der Chines‘ is doch im Herzen eher ein Deutscher. Fleißig, zukunftsorientiert, innovativ. Außerdem sauft er gern. Der Wilhelm Zwo war ja auch schon vor hundert Jahren da und hat denen gezeigt, wie das Feiern geht.«
    »Was du alles weißt, Veit«, staunte Bürgermeister Hans W. Meier. »Und wahrscheinlich hast du auch noch recht. Ich hab heut erst im Merkur gelesen, dass, wenn der Chines’ Schnupfen hat, dann haben wir einen anständigen Katarrh und der Ami eine ausgewachsene Lungenentzündung. Also verkürzt. Wie das alles zusammenhängt, dem Chines‘ sein Schnupfen und dem Ami sei Lungenentzündung, das versteht ja eh alles kein Mensch mehr. Aber tatsächlich, Veit: Wir sollten diese neue Großmacht bei uns willkommen heißen und

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