Josefibichl
rechtzeitig mit diesem unseren wunderschönen Landl verloben. So, wie es uns mit den Amis gelungen ist nach dem letzten großen Krieg. Auch damals hatten wir hier eine Blüte.«
»Na ja, wir haben die Amis nicht an uns gebunden, die haben uns halt kassiert und zum Vergnügungsviertel erklärt. Gezahlt haben die dafür nix, und eine Menge junger Madln sind schwanger geworden. Das müssen wir dieses Mal anders machen.« Veit Gruber war gottfroh, dass der Bürgermeister seine weltpolitische Weitsicht offensichtlich anerkannte.
»Aber unsere Madl gehen doch nicht mit solchen Chinesen ins Bett!«, empörte sich Hans W. Meier.
»Ah, geh zu, Hansi, da brauchst dir keine Sorgen zu machen, dafür werden wir schon jede Menge Polinnen und Ukrainerinnen importieren, wenn die Chinesen erst einmal da sind. Weißt ja, die haben diese kleinen und flachbrüstigen Weiber. Wenn du denen ein bissl Oberweite präsentierst und drei Halbe Bier dazu, dann machst du die aber so was von glücklich. Darum geht‘s ja jetzt nicht. Ich mein, wir müssen die rechtzeitig immobilienmäßig einfangen. Schau her: Das Wankeck, wo ich meinen Wald drauf hab, was ist denn das alles wert? Das ist ein Haufen Arbeit, aber sonst nix. Und eine Wohnbebauung wird da nie entstehen. Schreien ja die selbst ernannten Umweltschützer Zeter und Mordio. Aber wenn wir da ein Spirit Of The Alps hinsetzen, und da können sich alle Weltreligionen von ihrer besten Seite zeigen – Christen, Moslems, Juden, Buddhisten, Hindus, alles, was da kreucht und fleucht –, dann zeig mir mal den Politiker, der das nicht als weltweit einmaliges Projekt begrüßt. Und damit verkaufen wir den Chinesen einen richtigen Batzen Land, mit dem eh keiner was anfangen kann.«
»Und du wirst reich.«
»Ah, geh, Hansi, reich bin ich doch schon. Es geht doch hier ums Machen. Ums Umsetzen. Nachhaltig, verstehst?«
»Nachhaltig ist superwichtig.«
»Ja, freili! Und das soll ja auch nicht zu deinem Schaden sein, eh klar. Weil wenn die erst amal da sind, die Chinesen, wollen die mehr. Und noch mehr. Und das Spirit-Projekt bringt uns die reichsten Gäste aus aller Welt. Noch mehr Chinesen. Inder. Juden. Araber. Amis. Einfach ois! Die Immobilienpreise werden ins Unermessliche steigen. Endlich werden wieder teure Hotels gebaut. Richtige Hotels. Fünf Sterne plus. Ach was, sechs Sterne. Endlich kommen wieder gute Leut nach Garmisch-Partenkirchen. Und nicht dieses frühverrentete Busgschwerl, das sie mittags in der Spielbank abladen und abends um ihre Pension erleichtert wieder abholen. Oder diese Ferienwohnungs-Preißn, die das ganze Jahr die Rollläden unten haben und nur zwischen Weihnachten und Dreikönigstag zum Skifahren kommen. Und in der Zeit beim Aldi ihre Dosenravioli kaufen. Was haben wir denn von denen? Und diese Pauschaltouris erst, die beim gemütlichen Heimatabend eine Würstelparade inklusive Maß Bier verschlingen, wo pro Person eins achtzig verdient sind, solang sie keinen Schnaps auf eigene Rechnung saufen.« Der Ekel vor seiner eignen Kundschaft ließ Veit Gruber erschaudern.
Bürgermeister Hans Wilhelm Meier blickte gedankenverloren hinüber zum Kramer, dessen Umrisse im ersten Tageslicht erkennbar wurden. Ja, der Gruber Veit mochte recht haben. Die Araber waren unter dem Gesichtspunkt »Nachhaltigkeit« wahrscheinlich ein Auslaufmodell. Deren Reichtum, der noch aus dem Wüstenboden sprudelte, war endlich. Und die Brot-und-Butter-Klientel, die sich Garmisch-Partenkirchen in den letzten Jahrzehnten gezogen hatte, war nun wirklich nicht die internationale Hautevolee. Wollte Hans W. Meier als Bürgermeister, der Garmisch-Partenkirchen ganz nach vorn gebracht hatte, in die Geschichte eingehen, würde er diese Reise in die Geschichtsbücher auf dem Chinesenticket womöglich eher antreten, als wenn er auf den Scheich setzte.
Meier beendete seinen kurzen Gedankenflug in die Zukunft und fasste einen Entschluss. »Veit, jetzt, wo du es sagst, muss ich es dir gestehen. Ich hab exakt die gleichen Gedanken wie du. Schon seit Wochen, Monaten, ach was, Jahren. Und ich bin immer sicherer, dass unser Glück nicht im Nahen, sondern im Fernen Osten liegt. Ist es nicht eine unglaubliche Fügung, dass wir beide Männer zur gleichen Zeit in diesem unseren Olympiaort leben? Und dass wir mit unserer Innovationskraft und unseren Visionen diesem Ort eine neue, eine goldene Zukunft bereiten werden? Was für ein Glück für dieses unser Landl! Auf dass es wieder das Goldene Landl wird! Was die Römer
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