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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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für Demokratie, Men schenrechte und Arbeit, John Shattuck, stattfinden. Der Präsident wurde ›nicht be stätigt‹. Am Tag von Thanksgiving habe der Präsident schließlich eine Menge zu tun. Er musste einen Truthahn begnadigen. Womöglich blieb ihm da keine Zeit, auch noch einem Schriftsteller aus der Klemme zu helfen.
    Am Flughafen JFK warteten acht Wagen statt der in Aussicht gestellten diskreteren drei. Der diensthabende Officer Jim Tandy, ein langer, dünner, schnauzbärtiger Mann mit großen, ernsten Augen, die Ruhe und Hilfsbereitschaft ausstrahlten, war eine erhebliche Verbesserung zu Lieutenant Bob. Zuerst wurde er zu Andrews Wohnung gebracht, wo die Polizei viel Aufhebens um sein Kommen machte und die übrigen Hausbewohner davon abhielt, die Aufzüge zu benutzen. Damit würde er sich bestimmt beliebt machen, dachte er. Er sollte als pakistanischer Diplomat namens Dr. Ren durchgehen, doch niemand ließ sich für blöd verkaufen.
    In Andrews Wohnung wurde er von Freunden begrüßt. Norman Mailer wünschte ihm Glück, und Norris Mailer sagte: »Wenn Sie Bill sehen, grüßen Sie ihn von mir.« Als junge Frau hatte sie bei Clintons Wahlkampf um den Gouverneursposten von Arkansas mitgearbeitet. »Ich habe ihn sehr gut kennengelernt«, sagte sie. Gern, entgegnete er höflich, das richte ich aus. »Nein«, sagte sie und legte ihm in Margaret-Thatcher-Manier ihre elegante Hand auf den Arm. »Sie verstehen nicht. Ich meine, ich habe ihn wirklich sehr gut kennengelernt.« Oh. Verstehe. Gut, Norris. Wenn das so ist, werde ich ihn auf jeden Fall von Ihnen grüßen.
    Er traf Paul Auster und Siri Hustvedt, die ihm sehr herzlich begegneten; es sollte der Beginn einer seiner engsten Freundschaften sein. Don DeLillo war ebenfalls da. Er sagte, er arbeite an einem ›riesenhaften Buch‹. Es solle Underworld heißen. »Ich kenn mich mit der Unterwelt aus«, antwortete er. Paul und Don wollten einen Handzettel mit einem Text über die Fatwa drucken, der jedem Buch, das am 14. Februar 1994 in Amerika über den Ladentisch ging, beigelegt werden sollte, doch leider sollten sich die Produktionskosten auf schwindelerregende 20 000 Dollar belaufen. Peter Carey kam und sagte mit seinem typisch trockenen Humor: »Hallo, Salman, du siehst beschissen aus.« Susan Sontag, die sich bereit erklärt hatte, ihm beim MIT den ›Strohmann‹ zu machen, freute sich schon auf ihren kleinen Auftritt. David Rieff war erschüttert über Bosnien. Annie Leibovitz redete ein wenig über ihre Bosnienfotos, blieb in Susans Gegenwart jedoch merkwürdig zurückhaltend. Sonny und Gita Mehta trafen ein, und Gita sah krank und mitgenommen aus. Sie meinten, es gehe ihr wieder gut, sie erhole sich vom Krebs, und er hoffte, dass es stimmte. Und dann sagte Andrew plötzlich: »O Gott, wir haben vergessen, Edward Said einzuladen.« Das war schlecht. Edward war bestimmt beleidigt.
    Elizabeth und er übernachteten bei Andrew. Als sie am nächsten Morgen aus dem Fenster sahen, standen eine schwarze Wagenkolonne und ein klobiger Riesenvan mit der Aufschrift BOMB SQUAD (Bombenentschärfungskommando) in der Straße. Dann folgte die Fahrt nach Concord, Massachusetts, wo sie bei Alan und Jean Lightman zu Gast sein würden. Alan machte mit ihnen einen Spaziergang um den Walden-See, und als sie an den Überresten von Thoreaus Hütte vorbeikamen, sagte er zu Alan, sollte er je etwas über diese Reise schreiben, würde es ›Vom Blockhaus zum Weißen Haus‹ heißen. Die Hütte lag enttäuschend nah an der Stadt, und hätte Thoreau gewollt, hätte er problemlos auf ein Bierchen rüberschlendern können. Wilde Abgeschiedenheit war etwas anderes.
    Am nächsten Morgen wurde er in ein Bostoner Hotel gebracht, und Jean Lightman machte mit Elizabeth eine Tour durch die Stadt. Andrew und er hängten sich ans Telefon, um zu hören, welche Fortschritte es gab oder geben könnte. Es stellte sich heraus, dass Frances und Carmel mit Scott Armstrong über Kreuz lagen, doch Christoper Hitchens nahm ihn in Schutz. Im Weißen Haus seien Stephanopoulos und Shattuck auf seiner Seite und würden den Präsidenten bearbeiten, meinte Hitch, doch etwas Konkretes gebe es noch nicht. Der US -Beamte Tom Robertson rief an, um zu sagen, das Treffen sei um eine halbe Stunde nach hinten verschoben worden, von 11.30 Uhr auf zwölf Uhr mittags. Was hatte das zu bedeuten? Hatte es etwas zu bedeuten? Später sagten Scott und Hitch, die Terminänderung sei unmittelbar nach George Stephanopoulos’

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