Joseph Anton
Ende doch noch vereiteln und wie die Schlagzeilen des nächsten Tages lauten würden. »Clinton begnadigt Truthahn, Rushdie guckt in die Röhre«, blödelte er. Ha ha ha ha ha! Dann waren sie am ›Diplomateneingang‹, der Hintertür, und wurden eingelassen. Am Ende mündete das große, schmutzige Spiel der Weltpolitik immer wieder in dieser unspektakulären weißen Villa, in der ein großer, rotgesichtiger Mann in einem ovalen Zimmer saß und Ja-Nein-Entscheidungen traf, obwohl ihm seine Berater mit gellenden Vielleichts in den Ohren lagen.
Um zwölf Uhr mittags wurden sie eine schmale Treppe hinauf und durch ein Spalier aufgeregt lächelnder Berater zu Anthony Lakes bescheidenem Büro geführt. Es sei aufregend, endlich im Weißen Haus zu sein, sagte er dem Sicherheitsberater, und Lake gab zwinkernd zurück: »Na, dann warten Sie mal ab, es wird noch ein bisschen aufregender.« POTUS hatte zugestimmt, ihn zu empfangen! Um 12.15 Uhr würden sie zum Old Executive Building hinübergehen und Mr Clinton dort treffen. Frances sprudelte los und konnte Lake überzeugen, dass sie mitkommen durfte. Die arme Elizabeth musste zurückbleiben. Lakes Vorzimmer war voller Bücher, die signiert werden wollten, und er machte sich gerade daran, als Warren Christopher eintraf. Elizabeth durfte den Außenminister unterhalten, während Lake und er zum Präsidenten gingen. »Das hätte schon vor Jahren passieren sollen«, sagte Lake zu ihm. Clinton stand in einem Korridor unter einer orangefarbenen Kuppel, George Stephanopoulos war auch da und lächelte breit, und dazu zwei weibliche Berater, die ebenfalls erfreut aussahen. Bill Clinton war noch größer und rotgesichtiger, als er gedacht hatte, und dazu sehr umgänglich, doch er kam sofort auf den Punkt. »Was kann ich für Sie tun?«, wollte der Präsident der Vereinigten Staaten wissen. Sein politisches Jahr hatte ihn auf diese Frage vorbereitet. Wenn du der Bittsteller bist, musst du immer wissen, was du bei einem Treffen erreichen willst, hatte er gelernt, und bitte immer um etwas, was dein Gegenüber dir gewähren kann.
»Mr President«, hob er an, »wenn ich das Weiße Haus verlasse, werde ich in den Presseclub fahren, wo zahlreiche Journalisten drauf warten, zu hören, was Sie gesagt haben. Ich würde ihnen gerne sagen können, die Vereinigten Staaten beteiligen sich an der Kampagne gegen die iranische Fatwaund unterstützen progressive Stimmen in der ganzen Welt.« Clinton nickte lächelnd. »Ja, das können Sie sagen, denn es trifft zu.« Ende des Treffens , dachte der Bittsteller und verspürte ein triumphierendes Flattern in der Brust. »Wir haben gemeinsame Freunde«, sagte der Präsident. »Bill Styron, Norman Mailer. Die haben mich immer wieder auf Sie angesprochen. Wissen Sie, Normans Frau Norris war bei meinem ersten Wahlkampf dabei. Ich habe sie ziemlich gut kennengelernt.«
Der Bittsteller dankte dem Präsidenten für das Treffen und sagte, es sei von enormer symbolischer Bedeutung. »Ja«, entgegnete Clinton. »Es soll ein Signal an die Welt sein. Amerika will zeigen, dass es die Meinungsfreiheit unterstützt und die Stärkung von Rechten befürwortet, die dem ersten Zusatzartikel unserer Verfassung entsprechen.« Es gab keine Fotos. Das wäre der Signale zu viel gewesen. Doch das Treffen hatte stattgefunden. Daran war nicht zu rütteln.
Auf ihrem Weg zurück in Anthony Lakes Büro bemerkte er ein breites, dümmliches Grinsen in Frances D’Souzas Gesicht. »Frances«, fragte er, »wieso hast du so ein breites, dümmliches Grinsen im Gesicht?« Ihre Stimme klang abwesend und gedankenverloren. »Findest du nicht«, fragte sie seufzend, »dass er meine Hand ein bisschen zu lang gehalten hat?«
Als sie zurückkamen, war Warren Christopher regelrecht verliebt in Elizabeth. Christopher und Lake waren ganz klar der Ansicht, dass die Fatwa»ganz oben auf der amerikanischen Agenda mit dem Iran« stehe. Ihr Wunsch, den Iran zu isolieren, kam dem seinen mehr als entgegen. Auch sie waren dafür, Kredite einzufrieren, und suchten nach entsprechenden Wegen. Die Unterredung dauerte über eine Stunde, und als sie danach in Hitchens’ Wohnung zurückkehrten, war allen Bittstellern ganz schwindlig von ihrem Erfolg. Christopher meinte, Stephanopoulos, der sich sehr für das Treffen mit Clinton eingesetzt hatte, sei ebenfalls beglückt. »Der Adler ist gelandet«, sagte er.
Die Pressekonferenz – siebzig Journalisten am Tag vor Thanksgiving, besser, als Scott Armstrong
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