Joseph Anton
befürchtet hatte – war ein Erfolg. Hitchs Freund Martin Walker von The Guardian sagte, alles sei ›perfekt gelaufen‹. Dann kam das Quid pro quo , das Exklusivinterview mit David Frost, der nicht glücklicher hätte sein können und sich danach in schier endlosen Super und Großartig und Mein Lieber und Wunderbar erging und auf einem gemeinsamen kleinen Drinkie in London vor Weihnachten bestand.
Einzig der Chef des Sicherheitsdienstes, Jim Tandy, sorgte für einen kleinen Missklang. Ein verdächtiger ›nahöstlicher Mann‹ sei um das Gebäude geschlichen. Er habe telefoniert und sei dann in einen Wagen mit drei weiteren Insassen gestiegen und davongefahren. »Wollen Sie bleiben oder sollen wir Sie woanders hinbringen?«, fragte Tandy. »Bleiben«, sagte er, doch die Entscheidung lag bei Christopher und Carol. »Bleiben«, sagten beide.
Der britische Botschafter gab einen Empfang für sie. Am Botschaftseingang wurden sie von einer affektiert daherredenden Amanda begrüßt, die ihnen erzählte, dies sei das einzige Lutyens-Gebäude in ganz Amerika, »in Neu-Delhi hat er ja so viel gebaut … waren Sie mal in Indien?« Er ging darüber hinweg. Die Renwicks waren reizende Gastgeber. Sir Robins französische Frau Annie verliebte sich sofort in Elizabeth, die in D. C. zahlreiche Herzen eroberte. »Sie ist so herzlich, so direkt, so gelassen; sie gibt einem das Gefühl, als würde man sie schon ewig kennen. Ein ganz besonderer Mensch.« Sonny Mehta kam und sagte, Gita gehe es gut. Kay Graham kam und sagte so gut wie nichts.
Thanksgiving verbrachten sie bei den unendlich gastfreundlichen Hitchens. Die englischen Journalisten und Dokumentarfilmer Andrew und Leslie Cockburn kamen mit ihrer äußerst aufgeweckten neunjährigen Tochter Olivia zu Besuch, die ihm sehr eloquent darlegte, weshalb ihr Harun und das Meer der Geschichten so gut gefiel. Dann ging sie, um zur Schauspielerin Olivia Wilde heranzuwachsen. Auch ein rothaariger Teenager war da – sehr viel ungesprächiger als Olivia, obwohl einige Jahre älter –, der sagte, er habe Schriftsteller werden wollen, sei aber wieder davon abgekommen, »denn man sieht ja, was Ihnen passiert ist«.
Das Clinton-Treffen war auf sämtlichen Titelseiten und die Berichterstattung fast durchweg positiv. Die britische Presse schien die Bedeutung herunterspielen zu wollen, wohingegen für die vorher sehbaren Reaktionen aus dem fundamentalistischen Lager mit Druckerschwärze nicht gespart wurde.
Nach Thanksgiving schien Clinton zurückzurudern. »Ich habe ihn nur ein paar Minuten gesehen«, sage er. »Einige meiner Leute waren dagegen. Ich hoffe, es führt nicht zu Missverständnissen. Niemand sollte sich dadurch beleidigt fühlen. Ich wollte nur für Meinungsfreiheit eintreten. Ich glaube, ich habe das Richtige getan.« Und so weiter, ziemlich schwammig. Das klang nicht nach dem Führer der freien Welt, der sich gegen Terrorismus starkmacht. The New York Times dachte ähnlich und schrieb einen Leitartikel mit dem Titel ›Bitte keine Ausflüchte‹, in dem sie den Präsidenten aufforderte, uneingeschränkt zu seiner guten Tat zu stehen; den Mut für seine (oder vielleicht George Stephanopoulos’ und Anthony Lakes) Überzeugungen aufzubringen. In der TV -Sendung Crossfire saß Christopher Hitchens einem zeternden Muslim und Pat Buchanan gegenüber, der sagte, »Rushdie ist ein Pornograf«, seine Bücher seien ›schweinisch‹, und den Präsidenten angriff, weil er solch einen Menschen getroffen hatte. Die Sendung war niederschmetternd. Spätabends rief er Hitch an, der ihm sagte, der Gastgeber Michael Kinsley sei der Meinung, die Gegner hätten eine ›Abfuhr‹ kassiert, es sei richtig, das Thema ›aufs Tapet zu bringen‹, und Clinton würde ›dranbleiben‹, auch wenn sich die Lake-Stephanopoulos-Fraktion und die sicherheitsfixierten Berater hinter den Kulissen in den Haaren lägen. Und auch Christopher hatte ein paar weise Worte für ihn. »Jedes Mal, wenn du einen Punkt machst, werden die alten Argumente gegen dich wieder ans Licht gezerrt und rausgeblasen. Dafür werden sie aber auch ein weiteres Mal umgenietet, und ich habe den Eindruck, die Gegner werden das Spielchen langsam müde. Hätte es keine Ausflüchte gegeben, hättest du den Times- Artikel nicht gekriegt, und unterm Strich wird das deine Fürsprecher stärken. Alldieweil hast du immer noch Clintons State ment und das Treffen mit Christoper und Lake, und das kann dir keiner nehmen. Also, lächeln
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