Joseph Anton
Caroline gab ihr recht. »Ja, worauf wartest du?« Elizabeth schien an seiner Antwort lebhaft interessiert zu sein. Als er nach Hause kam, lehnte er sich in der Küche gegen den Herd und sagte spitz: »Na, dann sollten wir wohl heiraten.« – »Weißt du noch, was du gestern Abend gesagt hast?«, fragte Elizabeth, kaum dass er am nächsten Morgen die Augen aufgeschlagen hatte. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass es sich gut anfühlte. Nach der Wiggins-Katastrophe hatte er geglaubt, er würde sich auf keine Ehe mehr einlassen. Doch wie hieß es in dem Song so schön: Here I go again, taking a chance on love.
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Die BBC versuchte, Mitternachtskinder für eine fünfteilige Fernseh serie zu bearbeiten, doch es gab Schwierigkeiten mit dem Drehbuch. Für den Autor Ken Taylor, der Paul Scotts Das Juwel in der Krone erfolgreich für das Fernsehen adaptiert hatte, erwies sich Mitternachtskinder als harter Brocken. Alan Yentob rief an und sagte: »Wenn Sie wollen, dass diese Serie zustande kommt, müssen Sie wohl einspringen.« Der Serienproduzent Kevin Loader versprach, Ken Taylor die schlechte Nachricht zu überbringen, tat es aber nie, und so war Ken zu Recht sauer, als er es erfuhr. Dennoch wurden die neuen Drehbücher ausgearbeitet, und der Direktor Tristram Powell ließ ihn wissen, dass der neue Controller bei BBC 2, Mark Thompson, begeistert sei und ›hundertprozentig‹ hinter dem Projekt stehe. Das war gut. Doch die eigentlichen Schwierigkeiten, die diesem Unternehmen bevorstanden, sollten nicht von der BBC kommen.
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Rab Connolly suchte ihn in versöhnlicher Stimmung auf. Zwar bestritt er, dass Labour-Abgeordnete irgendwelchen Druck auf Scotland Yard ausgeübt hätten, doch es erschien denkbar. »Ich glaube, wir können sagen, dass Sie bei Angelegenheiten wie dem McEwan-Besuch in Zukunft keine Probleme mehr haben werden«, sagte er.
Es war die Woche des Fatwa-Jahrestages und die ›top-geheime‹ In formation, die er von Mr Morning und Mr Afternoon bekommen hatte, war in allen Zeitungen. Die Sicherheitsvorkehrungen für ihn seien verstärkt worden, berichtete The Guardian , was nicht stimmte, »weil MI 5 von einer konkreten Bedrohung weiß«, was stimmte. Unterdessen hatte Kopfgeld-Sanei die Prämie um eine halbe Million Dollar aufgestockt. Die Times machte das ausgeschriebene Kopfgeld zu ihrem Aufmacher und verlangte in einem Leitartikel, dass Großbritannien die EU zu einer neuen, härteren Linie gegenüber dem Iran bringen sollte. Er selbst schrieb ein Stück, das in der ganzen Welt vielfach veröffentlicht wurde, und gab CNN und BBC zusätzliche Interviews, in denen er zu bedenken gab, dass, hätte sich ein solcher Angriff gegen eine als ›bedeutend‹ geltende Person – Margaret Thatcher, Rupert Murdoch, Jeffrey Archer – gerichtet, die Welt nicht acht Jahre lang zeternd auf ihren Händen gesessen hätte. In der Unfähigkeit, zu einer Lösung zu kommen, spiegele sich nur die weit verbreitete Überzeugung wider, dass das Leben einiger Menschen – das unbequemer Schriftsteller beispielsweise – weniger wert sei als das anderer.
Doch Zafar bereitete ihm mehr Sorgen als der Iran. Er hatte seine Fahrprüfung bestanden und ein kleines Auto bekommen, doch das Erwachsensein schien dennoch weit weg zu sein. Der Besitz eines Autos stiftete ihn zu wilden Eskapaden an. Es gab da ein Mädchen, Evie Dalton, und Zafar schwänzte die Schule. Er ging frühmorgens aus dem Haus und sagte, die ganze Klasse habe zusätzliche Englischstunden, um durch den Stoff zu kommen – was für ein gewandter Lügner er geworden war! Das war eine Folge der Fatwa, und sollte es eine Langzeitfolge sein, wäre das unerträglich. Ein Mädchen hatte in der Schule angerufen, sich als Clarissa ausgegeben und gesagt, er habe einen Arzttermin und komme später. Die Schule roch den Braten, rief Clarissa an, und die Lüge war aufgeflogen. Clarissa redete mit Evies Mutter Mehra, und natürlich war die nette indische Dame geschockt.
Als Zafar gegen Mittag in die Schule kam, steckte er ziemlich in der Patsche. Seine Eltern erteilten ihm Hausarrest, und dazu durfte er das Auto für eine ganze Weile nicht benutzen. Dass er einfach verschwand, wohl wissend, welche Panik er damit bei seinem um seine Sicherheit besorgten Vater auslöste, zeigte, wie neben der Spur er bereits war. Er war immer ein lieber und besonnener Junge gewesen. Doch jetzt war er ein Teenager.
Er ging mit Zafar essen, nur sie beide, und das half. Er begriff, dass es
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