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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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später, als die Misstöne lauter und schräger wurden und kaum noch zu überhören waren, hatte ich immer eine Schwäche für Sie, ich konnte Sie nie so hassen, wie viele Sie zu hassen begannen, weil Sie oder zumindest Ihr Mr Cook und Mr Fatchett sich ehrlich vorgenommen hatten, mein Leben zum Guten zu wenden. Und am Ende hatten sie Erfolg. Das wiegt den Einmarsch in den Irak zwar nicht ganz auf, aber in meiner persönlichen Waagschale hatte es zweifellos dennoch Gewicht.
    Nochmals danke für den bezaubernden Abend.
    *
    Am Tag nach dem Abendessen auf Chequers – an dem die Nachricht darüber an die Öffentlichkeit drang – verkündete der Iran, er sei von Robin Cooks Forderung, die Fatwazu beenden, ›überrascht‹. »Sie wird für zehntausend Jahre weiterbestehen«, lautete das iranische Statement dazu, und er dachte: Wenn ich so lange lebe, soll’s mir recht sein.
    Und am Tag danach standen er und Robin Cook im Ambassadors Waiting Room des Auswärtigen Amtes vor der Presse und den Fotografen, und Cook machte ein paar knallharte Kommentare, und die Khatami-Regierung im Iran war um eine unmissverständliche Botschaft reicher. Sein Sicherheitsbeamter Keith Williams raunte ihm beim Hinausgehen zu: »Die haben Ihnen alle Ehre gemacht, Sir.«
    Die neuerdings energische Haltung der britischen Regierung schien Wirkung zu zeigen.
    Die ehemalige irische Präsidentin und neue UN -Menschenrechtsbeauftragte Mary Robinson fuhr nach Teheran und traf hohe Beamte und gab nach ihrer Reise bekannt, dass der Iran die Umsetzung der Fatwa »in keinster Weise unterstützt«. Dem auf den Iran spezialisierten UN -Berichterstatter wurde gesagt, »ein gewisser Fortschritt hinsichlich der Fatwa sei möglich«. Und der italienische Außenminister Lamberto Dini traf sich mit seinem iranischen Kollegen Kamal Kharrazi und bekam mitgeteilt, der Iran sei »durchaus zu einer Zusammenarbeit mit Europa bereit, um bestehende politische Probleme zu lösen«.
    *
    Jetzt hatten sie ein Familienheim. Eines der Polizistenschlafzimmer wurde zu Milans Kinderzimmer, deren ›Wohnzimmer‹ mit den recht abgewohnten Möbeln konnte ein Spielzimmer werden, und dann gab es noch zwei zusätzliche Schlafzimmer. »Wenn das Haus auffliegt, wird das ein Riesenproblem«, bekamen sie ständig zu hören, doch die Wahrheit war: Das Haus flog niemals auf. Es wurde nie bekannt, landete niemals in der Zeitung, wurde nie zu einem Sicherheitsproblem, erforderte nie den angedrohten ›kolossalen‹ Aufwand an Sicherheitsvorkehrungen und menschlichem Einsatz. Dazu kam es nicht, und ein Grund, weshalb es nicht dazu kam, war seiner Überzeugung nach die Gutartigkeit des normalen Menschen. Er war sich sicher, dass die Handwerker, die im Haus gearbeitet hatten, wussten, wer dort lebte, und die ›Joseph Anton‹-Geschichte nicht schluckten; und nicht lange nachdem die Polizisten ausgezogen waren und Frank für ihn zu arbeiten begonnen hatte, gab es Probleme mit dem Garagentor – einem verdächtig massiven Holztor mit einer Stahlplatte auf der Innenseite, dessen Gewicht den Hebemechanismus zuweilen übeforderte –, und die Firma, die das Tor eingebaut hatte, schickte einen Mechaniker vorbei, der in redseligem Ton zu Frank sagte, »Sie wissen, wem das Haus gehört hat, oder? Es war dieser Mr Rushdie. Armes Schwein.« Es wussten also Leute, die es nicht wissen ›durften‹. Doch niemand tratschte, niemand ging zur Presse. Jedem war klar, es ist ernst. Niemand sagte ein Wort.
    Und zum ersten Mal in neun Jahren hatte er ein ›zuständiges Team‹ von Schutzbeamten für seine ›öffentlichen‹ Eskapaden (Essen in Restaurants, Spaziergänge auf Hampstead Heath, ein gelegentlicher Kinobesuch, und hin und wieder eine Literaturveranstaltung – eine Lesung, eine Signierstunde, ein Vortrag). Bob Lowe und Bernie Lindsey, die hübschen Teufel, die zum Schwarm der Londoner Literaturszene avancierten, wechselten sich mit Charles Richards und Keith Williams ab, die nicht umschwärmt wurden. Und die BBF s Russell und Nigel wechselten sich mit Ian und Paul ab. Für diese Beamten bedeutete ›Zuständigkeit‹ nicht nur, dass sie ausschließlich für Malachite arbeiteten. Sie hatten sich seiner Sache verschrieben, waren vollkommen auf seiner Seite und bereit, für ihn zu kämpfen. »Wir alle bewundern Ihre Ausdauer«, sagte Bob. »Wirklich.« In ihren Augen gab es keinen Grund, weshalb sein Leben nicht so erfüllt sein sollte, wie er es sich wünschte, und ihre Aufgabe war es, es ihm zu

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