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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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ermöglichen. Sie überzeugten die Sicherheitschefs verschiedener von der kontinuierlichen Verweigerungshaltung der British Airways abgeschreckter Fluglinien, dem Beispiel der BA nicht zu folgen. Sie wollten sein Leben verbessern und waren bereit zu helfen. Ihre Freundschaft und Unterstützung würde er niemals vergessen.
    Sie blieben wachsam. Paul Topper, der Teamleiter im Yard, sagte, Geheimdienstberichten zufolge gebe es ›Aktivitäten‹. Nachlässigkeit war nicht geboten.
    Es gab traurige Neuigkeiten: Phil Pitt – unter den Kollegen wurde er nur ›Rambo‹ genannt – war wegen einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung gezwungen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen und würde womöglich im Rollstuhl enden. Der Niedergang eines dieser großen, durchtrainierten, kräftigen und aktiven Männer hatte etwas sehr Verstörendes. Diese Leute waren professionelle Beschützer. Es war ihr Job, dafür zu sorgen, dass anderen Menschen nichts zustieß. Sie durften nicht versagen. Das war eine verkehrte Welt.
    *
    Elizabeth wollte ein zweites Kind, und zwar sofort. Sein Herz wurde schwer. Milan war solch ein großes Geschenk, solch eine große Freude, doch er wollte das genetische Roulette nicht noch einmal herausfordern. Er hatte zwei wunderbare Söhne, das war mehr als genug. Doch Elizabeth war eine willensstarke, geradezu störrische Frau, zumal wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, und er fürchtete, er könnte sie und mit ihr Milan verlieren, wenn er sich weigerte. Er selbst sehnte sich nicht nach einem weiteren Baby. Er sehnte sich nach Freiheit. Und diese Sehnsucht wurde womöglich niemals erfüllt.
    Diesmal wurde sie sehr schnell schwanger, während sie Milan noch stillte. Doch diesmal hatten sie kein Glück. Zwei Wochen nach der Bestätigung der Schwangerschaft ereignete sich die chromosomale Tragödie der frühen Fehlgeburt.
    Danach wandte sich Elizabeth von ihm ab und widmete sich ausschließlich dem kleinen Milan. Es fand sich ein Kindermädchen namens Susan, die Tochter eines Special-Branch-Beamten, doch sie wollte sie nicht einstellen. »Ich suche nur jemanden für ein, zwei Stunden am Tag«, meinte sie. »Nur ein bisschen Kinderbetreuung.«
    Sie fingen an, getrennte Leben zu führen. Sie weigerte sich sogar, mit ihm in einem Auto zu fahren, und nahm mit dem Baby ihren eigenen Wagen. Tagsüber sah er sie kaum und spürte, wie sein Leben in dem großen, leeren Haus leer wurde. Manchmal aßen sie abends um zehn ein Omelett zusammen, und danach war sie »zu müde, um noch länger wach zu bleiben«, und er zu wach, um ins Bett zu gehen. Sie wollte ihn weder irgendwohin begleiten noch etwas mit ihm unternehmen oder den Abend mit ihm verbringen, und wenn er vorschlug, zusammen auszugehen, reagierte sie gereizt. Und so setzte sich der babybedingte Freiheitsentzug fort. »Ich will noch zwei Kinder«, sagte sie kategorisch. Meist blieben ihre Unterhaltungen darauf beschränkt .
    Ihre Freunde bemerkten die wachsende Distanz zwischen ihnen. »Sie sieht dich gar nicht mehr an«, sagte Caroline Michel besorgt. »Sie berührt dich nie. Was ist los?« Doch er wollte nicht sagen, was los war.
    Milan fing an zu laufen. Er war zehneinhalb Monate alt.
    *
    Random House nahm die Taschenbuchausgabe von Die satanischen Verse ins Sortiment, und sofort setzte die britische Presse alles daran, Wind um die Sache zu machen. The Guardian brachte eine provokante Titelstory, in der er behauptete, die Entscheidung des Verlages würde den Ärger wieder ›hochkochen‹ lassen, und schon kochte er wieder hoch. Der Evening Standard drohte, einen Artikel mit der Behauptung zu bringen, Random House habe ohne Rücksprache mit der Polizei gehandelt. Dick Stark rief bei der Zeitung an und sagte, das treffe nicht zu, also drohte sie zu schreiben, Random House habe trotz Rücksprache mit der Polizei gehandelt. Dick Stark schloss sich mit den Leuten in der Weihnachtsbaumfestung kurz, die meinten, es gebe ein ›minimales‹ Risiko, was Gail Rebuck beruhigte. Andrew, Gillon und er hatten die Konsortiums-Taschenbuchausgabe seit nunmehr fünf Jahren im Druck gehalten, und so sollten diese neuen Sortimentsvereinbarungen eigentlich keine Nachricht wert sein. In Europa und Kanada und sogar in den Vereinigten Staaten, wo Henry Holts Owl-Imprint den reibungslosen Vertrieb des Taschenbuchs übernommen hatte, hatte sich die Lage ›normalisiert‹. Doch durch ein paar feindselige Berichterstattungen konnte die Sache in Großbritannien ganz anders

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