Joseph Anton
Wollstrumpfhosen und Frauenkleidern) in Dürrenmatts Die Physiker die verrückte Ärztin Fräulein Mathilde von Zahnd gespielt. In Cambridge hatte er ein paar bescheidene Rollen in Studentenaufführungen bekommen, einen verängstigten Richter in Bertolt Brechts Privatleben der Herrenrasse , eine lebendig werdende Statue in Eugène Ionescos Die Zukunft liegt in Eiern , und Pertinax Surly, den skeptischen Handlanger des leicht zu übertölpelnden Sir Epicure Mammon, in Ben Jonsons Der Alchimist . Nach Cambridge kam das Oval House Theatre. Manchmal hatte er mit Bill Buford zusammen davon geträumt, einfach ein Jahr abzuhauen, sich bei irgendeiner Ferien-Tingeltangeltruppe im Mittleren Westen zu verdingen und mit Begeisterung in absurden Komödien und grauenvollen Melodramen aufzutreten, doch inzwischen kam das wohl nicht mehr in Frage. Sich ein paar Tage lang in Bridget zum Trottel zu machen, musste reichen.
Die Partyszene nahm zwei Tage in Anspruch. Da Renée Zellweger ihren englischen Akzent auch außerhalb der Drehzeiten nicht ablegte, beschlich ihn das seltsame Gefühl, Bridget Jones und nicht die sie verkörpernde Schauspielerin vor sich zu haben. Colin Firth war lustig und entgegenkommend. »Heimlich hoffe ich, dass Sie eine richtig miese Figur machen werden, schließlich kann ich auch keine Bücher schreiben.« Und Hugh Grant küsste ihn. Es gab eine Szene, in der er und Hugh einander als alte Freunde begrüßen sollten, die sich lange nicht gesehen hatten, und vor einem der Takes fragte Hugh: »Hätten Sie was dagegen, wenn ich Sie dann küsse?«, und drückte ihm einen riesigen Schmatzer auf die Lippen. Die Szene schaffte es nicht bis in den letzten Schnitt. Sein erster Filmkuss, dachte er, und das mit Hugh Grant!, und dann endete er auf dem Fußboden des Schneideraums. (Nur ein anderer hatte ihn je geküsst, der Filmregisseur Abel Ferrara, der ihn einmal in einem New Yorker Nachtclub in die Arme schloss und dabei seine knorpelige Zunge zum Einsatz brachte. Bei der Szene waren glücklicherweise keine Kameras zugegen gewesen.)
Es war schwerer als gedacht, eine Figur namens Salman Rushdie zu spielen, deren Dialog jemand anders geschrieben hatte. Wäre er auf einer Verlagsparty gewesen, und eine junge, unerfahrene PR -Frau würde sich irgendwie danebenbenehmen, wäre er instinktiv nett zu ihr gewesen, also versuchte er, es auch so zu spielen, doch das war nicht lustig. Je abfälliger er agierte, desto komischer wirkte Bridgets Verwirrung. Jeffrey Archer spielte ebenfalls in der Partyszene mit und war sehr verärgert, dass er nichts sagen durfte. »Wenn ich mir schon die Mühe mache und hier auftauche«, rieb er dem Produzenten unter die Nase, »könnten Sie zumindest ein oder zwei Sätze für mich reinschreiben.« Sie taten es nicht. Es galt, was in Richard Curtis’ Drehbuch stand, und sonst nichts. Er selbst versuchte, ›Salman Rushdies‹ Dialog noch ein wenig zu erweitern, doch aus der Endfassung wurde bis auf einen Wortwechsel, der leise im Hintergrund zu hören ist, alles herausgeschnitten. Jemand fragt ihn, wie autobiografisch seine Bücher seien, und er antwortet: »Wissen Sie, erstaunlicherweise wurde ich das noch nie gefragt.«
*
Nun hatten sie in New York einen Platz zum Leben, und aus der Nähe betrachtet, wurde seine Illusion real. Sie konnte so hochgradig narzisstische Dinge von sich geben, dass er nicht wusste, ob er die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder applaudieren sollte. Als beispielsweise irgendwelche Hochglanzmagazine den indischen Filmstar Aishwarya Rai als die schönste Inderin der Welt bezeichneten, verkündete Padma vor versammelter Zuhörerschaft, damit habe sie ›echte Probleme‹. Ihre Launenhaftigkeit war unvorhersehbar und extrem. Was ihn betraf, war sie vorsichtig. »Ich warte noch den Sommer ab, und dann sehen wir weiter.« Sie war mal heiß, mal kalt, und ihn beschlichen Zweifel, ob das Heiße das Kalte aufwog. Mal war sie tagelang grimmig und verschlosssen, und dann strahlte sie plötzlich wieder wie die Sonne. Sein Tagebuch war voller Fragen. »Wie lange halte ich es mit dieser Frau aus, deren stärkste Charaktereigenschaft ihre Selbstsucht ist?« Eines Abends, als sie nach einem durchzankten Abendessen im Washington Square Park saßen, sagte er ihr: »Für mich geht das so nicht weiter.« Danach zeigte sie sich für ein paar Tage von ihrer hinreißendsten Seite, sodass er nicht mehr wusste, weshalb er das gesagt hatte. Sie lernte einige seiner Freundinnen kennen,
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