Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
von Jaakobs Aufenthalt, kam Adina, Labans Weib, unscheinbar wie sie war, in Umstände, hegte und heckte mit stolzem Ächzen, was sie empfangen, indes sie das Gleichnis ihres Zustandes, einen hohlen Stein, worin ein kleiner klapperte, um den Hals trug, und kam nieder unter Geheul und Gebeten, in Labans Haus und in seiner Gegenwart, auf je zwei Ziegeln kniend, um Raum zu schaffen für das Kind vor der Pforte ihres Leibes, von hinten mit den Armen umfangen von einer Wehmutter, während die andere zur Bewachung der Pforte neben ihr kauerte. Die Geburten waren glücklich, und trotz Adina’s vorgerückten Jahren brachte kein Zwischenfall ihrem Leben Gefahr. Wiederholt hatte man dem roten Nergal Verköstigung dargebracht, ihn mit Bier, Emmerbroten und sogar Schafopfern bestimmt, seine vierzehn krankheitstragenden Diener an jeder Einmischung in diese Angelegenheit zu hindern. So kam es, daß in keinem der drei Fälle das Innere der Kreißenden sich umkehrte oder die Hexe Labartu darauf verfiel, ihr den Leib zu verschließen. Es waren drei starke Knaben, die sie zur Welt brachte und deren ungestüme Ansprüche Labans längst so langweiliges Haus nun zu einer rechten Wiege des Lebens machten. Der eine ward Beor, der zweite Alub und der dritte Muras genannt. Adina’s Natur aber litt nicht nur nicht unter den ohne Pause einander folgenden Schwangerschaften und Entbindungen, sondern sogar jünger und weniger unscheinbar war die Frau danach anzusehen und putzte sich eifrig mit Kopfbinden, Gürteln und Halsgehängen, die Laban für sie einhandelte zu Charran in der Stadt.
Labans schwerfälliges Herz war hoch erbaut. Der Mann strahlte, so gut es ihm gegeben war. Das gelähmte Hängen seines Mundwinkels verlor im Ausdruck an Sauerkeit und nahm das Gepräge satten und selbstgefälligen Lächelns an. Hält man die Blüte seiner Wirtschaft, den prachtvollen Gang seiner Geschäfte zusammen mit der glückhaften Fruchtbarkeit seiner Lenden, der gnadenvollen Aufhebung des Fluches, der so lange, als Folge einer falschen geistlichen Spekulation, sein Hauswesen verdüstert hatte, so wird jede Geblähtheit begreiflich, die er an den Tag legte. Er zweifelte nicht, daß, wie all sein Glück, auch das Erscheinen der Söhne in genauem Zusammenhang stand mit Jaakobs Nähe und Hauszugehörigkeit, mit Jizchaks Segen, und er hätte sehr unrecht getan, daran zu zweifeln. Mochte immerhin die schon vorher gehobene Stimmung der beiden Gatten, und namentlich Labans, ob der guten Geschäfte, die dem Neffen dort draußen gelangen, ihre eheliche Tätigkeit dergestalt belebt haben, daß die Schleusen der Fruchtbarkeit sich wieder öffneten: so oder so war dies jedenfalls auf des Jaakob Wirken zurückzuführen. Aber das hinderte Laban nicht an persönlichem Stolz. War ja er es gewesen, der klug-gewandten Sinnes, mit Kunst und Weisheit, den Segensträger ans Haus zu fesseln gewußt hatte, – diesen Flüchtling und Bettler, von dem Gedeihen offenbar ausging, wohin er kam, und sogar ob er nun wollte oder nicht. Daß er des Oheims Vaterglück nicht einmal besonders angelegentlich gewollt haben mochte, schloß Laban aus den gemäßigten Bezeigungen von Freude und Bewunderung, die Jaakob ihm bei den Geburten Beors, Alubs und des Muras darzubringen für gut befand.
»Das sage mir, Neffe und Eidam«, sprach Laban wohl bei diesen Gelegenheiten, wenn er hinauskam aufs Feld, die Herden zu besuchen, auf dem Rücken eines Ochsen, oder wenn Jaakob zu Rechnungslegungen auf dem Hofe weilte. »Das sage mir, ob ich zu preisen bin, und ob die Götter dem Laban lächeln oder nicht, da sie mir Söhne erwecken aus meiner Kraft auf meine grauen Tage, und mein Weib Adina bringt sie strotzend zur Welt, ob sie gleich vorher schon unscheinbar anmutete!«
»Freue dich immerhin!« antwortete Jaakob dann. »Aber etwas gar so Besonderes ist das nicht vor unserem Gott. Abram war hundert Jahre alt, als er den Jizchak zeugte, und der Sarai ging es bekanntlich schon gar nicht mehr nach der Weiber Weise, als der Herr ihnen dies Lachen zurichtete.«
»Du hast eine dürre Art«, sagte Laban, »große Dinge herabzusetzen und einem Manne die Freude zu schmälern.«
»Es kommt uns nicht zu«, erwiderte Jaakob kühl, »allzuviel Aufhebens zu machen von Glücksfällen, an denen wir uns ein Verdienst zuschreiben dürfen.«
SECHSTES HAUPTSTÜCK
DIE SCHWESTERN
Der Üble
Da nun die sieben Jahre zu Ende gingen und der Zeitpunkt sich näherte, daß Jaakob Rahel erkennen sollte, faßte er es kaum
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