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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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seiner Gerechtigkeit. Silber hat bleiches Licht«, fuhr er fort, indem er es vermied, nach dem Monde zu sehen, dem aber Joseph sofort einen schrägen Blick schickte, »Silber ist Harm, und des Fürchtenden bitterste Furcht ist der Leichtsinn derer, um die ihm schwer ist.«
    Der Knabe verband mit bittendem Aufblick eine tröstend liebkosende Gebärde.
    Jaakob ließ sie sich nicht vollenden, er sagte:
    »Es war dort draußen im Hirtenfelde, hundert Schritte von hier oder zwei, daß der Löwe sich anschlich und der alten Mutter die Lämmer schlug. Das Kind aber sitzt allein am Brunnen bei Nacht, unbesonnen und bloß, ohne Wehr, und vergißt des Vaters. Bist du gemacht für die Gefahr und gewappnet für den Streit? Bist du wie Schimeon und Levi, deine Brüder, Gott soll schützen, die in die Feinde fallen mit Geschrei, das Schwert in der Faust, und die Stätte der Amoriter verbrannten? Oder bist du wie Esau, dein Oheim zu Seïr im wüsten Mittag, – ein Jäger und Mann der Steppe, rot von Haut und rauh wie ein Bock? Nein, sondern fromm bist du und ein Kind der Hütte, denn du bist Fleisch von meinem Fleisch, und als Esau kam an die Furt mit vierhundert Mann und meine Seele nicht wußte, wie alles ausgehen werde vor dem Herrn, da stellte ich die Mägde vorn mit ihren Kindern, deinen Brüdern, dann Lea mit den ihren, und siehe, dich, dich stellte ich ganz hinten an mit Rahel, deiner Mutter ...«
    Schon hatte er die Augen voll Tränen. Er konnte den Namen der Frau, die er über alles geliebt hatte, nicht nennen, ohne daß ihm so geschah, obgleich es acht Jahre her war, daß Gott sie ihm unverständlicherweise genommen, und seine ohnedies immer bewegte Stimme geriet in schluchzendes Schwanken.
    Der Jüngling streckte die Arme nach ihm und führte dann die gefalteten Hände an die Lippen.
    »Wie müht sich doch«, sagte er mit zärtlichem Vorwurf, »das Herz meines Väterchens und lieben Herrn so ohne Not, und wie übertrieben ist seine Besorgnis! Als der Gast uns Gesundheit gewünscht, um nach seinem teuren Bilde zu sehen« (er lächelte mokant, um Jaakob zu erfreuen, und fügte hinzu:), »das mir recht arm und ohnmächtig schien und gering zu achten wie unfeine Töpferware auf dem Markt ...«
    »Du hast es gesehen?« fiel Jaakob ein ... Schon dies war ihm mißfällig und verfinsterte ihn.
    »Ich habe den Gast ersucht, es mir zu zeigen vor dem Mahl«, sagte Joseph mit Lippenaufwerfen und Achselzucken. »Es ist mäßige Arbeit und die Ohnmacht steht ihm an der Stirn geschrieben ... Als ihr zu Ende gesprochen, du und der Gast, bin ich hinaus mit den Brüdern, aber einer der Söhne von Lea’s Magd, ich glaube, es war Gad, dessen Art ist bieder und geradezu, hat mir anheimgegeben, meine Füße zu setzen, wo die ihren nicht gingen, und hat mir etwas weh getan an der Seele, weil er mich nicht mit meinem Namen nannte, sondern mit falschen und üblen, auf die ich nicht höre ...«
    Unversehens und gegen seine Absicht war er ins Angeben hineingeraten, obgleich er diese seiner eigenen Zufriedenheit nur abträgliche Neigung an sich kannte, auch aufrichtig wünschte, ihr zu steuern, und sie vorhin für den Augenblick schon erfolgreich bekämpft hatte. Es war das eine Hemmungslosigkeit seines Mitteilungsbedürfnisses, das mit seinem Mißverhältnis zu den Brüdern einen üblen Kreislauf bildete: denn indem dieses ihn absonderte und an den Vater drängte, schuf es ihm einen Zwischenstand, der ein Sporn war zur Geschichtenträgerei; diese wieder verschärfte die Entfremdung, und so rundherum, so daß nicht zu sagen war, ob mit dem einen oder dem anderen der Schaden begonnen hatte, und jedenfalls die Älteren Rahels Sohn kaum noch sehen konnten, ohne daß ihre Gesichter sich entstellten. Womit es ursprünglich begonnen hatte, das war ohne Zweifel die Vorliebe Jaakobs für dies Kind, – eine sachliche Notiz, mit der man dem gefühlvollen Mann nicht zu nahe zu treten wünscht. Aber das Gefühl eben neigt von Natur zur Zügellosigkeit und einem weichlichen Kult seiner selbst; es will sich nicht verbergen, es kennt keine Verschwiegenheit, es trachtet, sich zu bekennen, sich kund zu tun, es möchte aller Welt, wie wir sagen, »unter die Nase gerieben« sein, auf daß sie sich damit beschäftige. Dies ist die Unenthaltsamkeit der Gefühlvollen; und Jaakob fand sich in ihr noch ermutigt durch die seine Überlieferung und seinen Stamm beherrschende Vorstellung von Gottes eigener Unenthaltsamkeit und majestätischer Launenhaftigkeit in

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