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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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ließet; denn Warten ist ganz allgemein eine große Qual, dazu unwürdig einer Frau meines Ranges und dadurch noch qualvoller. Daß mir diese Sache im Herzen brennt, nämlich die jenes ausländischen Jünglings, dessen Namen ich mir notgedrungen habe merken müssen, da er ja, wie ich höre, Meier des Hauses geworden ist statt des Osiris Mont-kaw und zur Wonne euer aller oder doch der meisten von euch als Herr des Überblicks durch die Betriebe geht in seiner Schönheit, – daß mir, so sage ich, diese Schande und Scham im Herzen brennt, sollte dir lieb sein, Zwerg, da du selbst mir sie ja erregt hast mit deinen Klagen und hast mir den Sinn geweckt für das Ärgernis, vor dem ich sonst vielleicht Frieden gehabt hätte, da es mir nun vor den Augen steht Tag und Nacht. Du aber, nachdem du mir die Sache angelegen gemacht, kommst nicht von selber zu mir, um mit mir davon zu sprechen, wie es doch nötig ist, sondern läßt mich allein mit meinem Gram, so daß ich endlich nach dir schicken und dich befehlsweise vor mein Angesicht bestellen muß zur Erörterung des leidig Anhängigen, denn nichts ist peinlicher, als allein gelassen zu werden in einer solchen Sache. Das sollte Er selber wissen, Freund, denn was will Er wohl ausrichten allein und ohne die Herrin als Bundesgenossin gegen den Verhaßten, der ja auf alle Weise so sehr im Vorteil gegen ihn ist, daß man deinen Haß auf ihn, Gewandhüter, geradezu ohnmächtig nennen kann, so sehr ich ihn billige. In der Gunst des Herrn, der dich nicht leiden kann, sitzt jener unerschütterlich, da er sich ihm teuer zu machen gewußt hat durch Witz und Zauber und weil seine Götter alles in seinen Händen gelingen lassen. Wie vermögen sie das? Ich halte seine Götter nicht für so stark, zumal nicht hier in den Ländern, wo sie fremd sind und unverehrt, daß sie auszurichten vermöchten, was ihm auszurichten gelang, seit er bei uns eintrat. In ihm selbst müssen die Gaben sein, die ihm dazu verhalfen, denn ohne solche wächst und gedeiht man nicht vom niedersten Käufling zum Aufseher aller Dinge und Folgemeier, und es ist klar, daß du, Zwerg, ihm in Dingen der Klugheit ebensowenig das Wasser reichst wie in denen der Außengunst, da ja seine Bildung und Manier aller Welt ungemein einzuleuchten scheint, so wenig du und ich das wohl auch zu begreifen vermögen. Alle lieben sie ihn und suchen seine Augen, nicht nur das Gesinde des Hauses, sondern auch das Volk auf den Land- und den Wasserwegen wie in der Stadt, ja, mir ward hinterbracht, daß bei seinem Erscheinen dort allerlei Weiber auf die Dächer steigen, um nach ihm zu gaffen und gar die Ringe ihrer Finger auf ihn zu werfen zum Zeichen der Lüsternheit. Dies ist nun der Gipfel des Greuels, und besonders deswegen war ich ungeduldig, mit Euch zu sprechen, Vorsteher, und Euren Rat zu hören, wie solcher Schamlosigkeit zu steuern sei, oder umgekehrt Euch meinen Rat wissen zu lassen. Denn diese Nacht, da mich der Schlaf floh, habe ich bei mir erwogen, ob man ihm nicht, wenn er sich zur Stadt begibt, Bogenschützen zuteilen sollte, die ihn begleiten und den so sich benehmenden Weibern Pfeile ins Gesicht schießen müßten, ausdrücklich gerade in das Gesicht hin – und bin zu dem Ergebnis gelangt, daß man allerdings und unbedingt so handeln und diese Maßregel treffen sollte; und da du nun endlich gekommen bist, beauftrage ich dich, die Anweisung dazu sofort ergehen zu lassen auf meine Verantwortung, wenn auch ohne mich gleich zu nennen, sondern du magst tun, als sei der Rat und Einfall deinem eigenen Kopfe entsprungen, und dich damit schmücken. Höchstens ihm allein, dem Osarsiph, magst du sagen, daß ich, die Herrin, es so gewollt, daß man den Weibern ins Gesicht schieße, und magst hören, was er etwa darauf zurückgibt oder wie er sich äußert zu meiner Maßnahme; danach aber sollst du es vor mich bringen, was er gesagt hat, und zwar von selbst und sofort, ohne daß ich dir erst Befehl schicken muß, zu erscheinen, nachdem ich die Qual des Wartens erduldet und den Kummer, in einer so schwierigen Sache allein gelassen zu werden. Denn es scheint leider, daß er, Kleiderwart, lässig geworden ist in dieser Angelegenheit, während ich mich mühe in Amun. Wie Seine Würden Beknechons und du es wolltet, habe ich meines Gatten Knie umschlungen, Peteprê's, des Truppenobersten, und mit ihm gerungen die halbe Nacht um die Beendigung dieses Ärgernisses, indem ich seiner Bequemlichkeit lästig fiel bis zur Erniedrigung meiner selbst,

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