Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
und neige dich, bitte, ihrer Bitte und ihrem ernstlichst sehnsuchtsvollen Verlangen! Siehe, du hast mich erlesen und groß gemacht vor den Töchtern des Landes, hast mich unterwiesen in der Welt und in Gott, dem einzig Höchsten, hast mir die Augen aufgetan, die blind waren, und mich gebildet, daß ich dein Gebilde bin. Wie ist doch dies mir zuteil geworden, daß ich Gnade fand vor deinen Augen und hast mich getröstet und deine Magd freundlich angesprochen, das vergelte dir der Herr, und möge dein Lohn vollkommen sein bei dem Gotte Israels, zu welchem ich gekommen bin an deiner Hand, daß ich unter seinen Flügeln Zuversicht habe! Denn ich hüte mich und bewahre meine Seele wohl, daß ich nicht die Geschichten vergesse, die du mich hast sehen lassen, und daß sie nicht aus meinem Herzen kommen all mein Leben lang. Meinen Kindern und Kindeskindern, wenn mir Gott solche gibt, will ich sie kund tun, daß sie sich nicht verderben und sich nicht irgend ein Bild machen gleich einem Mann oder Weib oder Vieh auf Erden oder Vogel unter dem Himmel, oder Gewürm, oder Fisch; noch daß sie ihre Augen aufheben und sehen die Sonne, den Mond und die Sterne, das ganze Heer, und fallen ab, ihnen zu dienen. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Darum, wenn Er mir Kinder gibt, so sollen sie mir nicht kommen von einem Manne aus fremdem Gottesvolk, nie und nimmer. Es kann aus deinem Hause, mein Herr, wohl Einer sich eine Tochter des Landes nehmen, wie ich es war, und sie zu Gott führen. Ich aber, wie ich nun bin, neugeboren und dein Gebild, kann nicht Ehemagd sein einem Unbelehrten und einem, der da zu Bildern betet aus Holz und Stein, von der Hand der Werkmeister, und die weder sehen, noch hören, noch riechen können. Siehe an, Vater-Herr, was du getan hast, da du mich bildetest, und hast mich fein und heikel gemacht in der Seele, daß ich nicht leben kann wie die Menge der Unwissenden und kann nicht den Ersten-Besten freien und mein Weibtum nicht hingeben einem Gottestölpel, wie ich sonst wohl schlichten Herzens getan hätte – das sind die Nachteile der Verfeinerung und sind die Schwierigkeiten, die Veredelung mit sich bringt. Darum rechne es deiner Tochter und Magd nicht zum Mutwillen an, wenn sie dich auf die Verantwortung hinweist, die du auf dich genommen, da du sie bildetest, und bist ihr schuldig geworden fast ebenso, wie sie dir, da du nun für ihre Veredelung aufkommen mußt.«
»Was du sagst, meine Tochter«, erwiderte er, »ist energisch und nicht ohne Hand und Fuß; es läßt sich mit Beifall hören. Sage mir aber, wo du hinauswillst, denn ich seh’ es noch nicht, und vertraue mir an, wohin du denkst, denn es ist mir dunkel!«
»Deines Volks«, sagte sie, »bin ich im Geiste, deines Volks allein kann ich im Fleische sein und mit meiner Weibheit. Du hast mir die Augen aufgetan – laß mich die deinen öffnen! Ein Reis wächst an Eurem Stamm, ’Er, deines Vierten Erster, und ist wie ein Palmbaum am Bach und wie ein schlank Rohr im Ried. So rede mit Juda, deinem Löwen, daß er mich ihm zum Weibe gebe!«
Jaakob war höchlichst überrascht.
»Da willst du hinaus«, antwortete er, »und dahin denkst du? Wahrlich, wahrlich, ich hätt’s nicht gedacht. Du hast mir von der Verantwortung gesprochen, die ich mir zugezogen, indem ich dich bildete, und machst mich nun stutzen gerade um ihretwillen. Natürlich kann ich reden mit meinem Löwen und mein Wort geltend machen vor ihm, aber kann ich’s verantworten? Willkommen bist du meinem Hause, und es tut seine Arme auf mit Freuden, dich zu empfangen. Aber soll ich dich gebildet haben zu Gott, daß du unselig werdest? Ungern rede ich mißlich von einem in Israel, aber die Söhne der Tochter Schua’s sind ja ein ungenügend Geschlecht und sind Taugenichtse vor dem Herrn, nach denen ich lieber nicht blicke. Wahrlich, ich zögere stark, dir zu willfahren, denn nach meinem Dafürhalten taugen die Knaben zur Ehe nicht, jedenfalls nicht mit dir.«
»Mit mir«, sagte sie fest, »wenn mit keiner sonst, – besinne sich doch mein Vater und Herr! Es war unumgänglich geboten, daß Jehuda Söhne habe. Nun sind sie, wie sie sind, von gutem Kern jedenfalls, denn in ihnen ist der Kern Israels, und können nicht übersprungen sein, noch kann man sie ausfallen lassen, es sei denn, sie fielen selber aus und bestünden die Probe des Lebens nicht. Unumgänglich ist’s, daß sie wiederum Söhne haben, zum mindesten einen, Einer zum mindesten, ’Er, der Erstgeborene, diese
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