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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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kommen sollte, und sie sind gekommen. Von heute den dritten Tag werden sie hier sein – mit dem Kleinen«, sagte er, »mit dem Kleinen! Diese Gottesgeschichte stand still eine Weile, und wir hatten zu warten. Aber Geschehen ist immerfort, auch wenn keine Geschichte zu sein scheint, und sachte wandert der Sonnenschatten. Man muß sich nur gleichmütig der Zeit anvertrauen und sich fast nicht um sie kümmern, – das lehrten mich schon die Ismaeliter, mit denen ich reiste –, denn sie zeitigt es schon und bringt alles heran.«
    »Gar viel also«, sagte Mai-Sachme, »wäre denn nun zu bedenken und der Fortgang des Spiels genau zu veranstalten. Sind dir Vorschläge gefällig?«
    »Ach, Mai, als ob ich’s nicht alles längst bedacht und verordnet hätte und hätte beim Dichten irgend die Sorgfalt gespart! Das wird sich abspielen, als ob’s schon geschrieben stände und spielte sich eben nur ab nach der Schrift. Überraschungen gibt es da nicht, sondern nur die Ergriffenheit davon, daß Gegenwart gewinnt das Vertraute. Auch bin ich gar nicht aufgeregt dieses Mal, sondern nur feierlich ist mir zu Mut, da wir zu Weiterem schreiten, und höchstens vor dem ›Ich bin’s‹ schlägt mir denn doch das Herz, nämlich für sie erschrecke ich davor – für sie hältst du da besser wohl einen Braus bereit.«
    »Es soll geschehen, Adôn. Aber, willst du auch keinen Rat, so rat’ ich dir doch: gib acht auf den Kleinen! Er ist nicht nur halb deines Blutes, sondern dein Vollbruder, und dazu, wie ich dich kenne, wirst du manches nicht lassen können und wirst ihn mit der Nase auf die Fährte stoßen. Überdies ist der Jüngste immer der Schlauste, und leicht könnte es sein, daß er dein ›Ich bin’s‹ schlüge mit einem ›Du bist’s‹ und dir das ganze Spiel verrückte.«
    »Nun, wenn auch, Mai! Ich hätte nicht viel gegen die Abwandlung. Das gäbe ein großes Lachen, wie wenn Kinder ein Aufgetürmtes über den Haufen werfen und jubeln dazu. Aber ich glaube nicht an deine Besorgnis. So ein Knirps – und wird Pharao’s Freund, dem Vice-Horus und großen Geschäftsmann in sein Gesicht sagen: ›Pah, du bist weiter nichts als mein Bruder Joseph!‹ Das wäre ja unverschämt! Nein, daß ich’s bin, das Wort der Rolle wird mir schon bleiben.«
    »Willst du sie wieder im großen Amte empfangen?«
    »Nein, diesmal hier. Ich will zu Mittag das Brot mit ihnen essen, sie sollen zur Tafel gezogen sein. Schlachte und richte zu, mein Haushalter, für elf Gäste mehr, als vorgesehen für den Tag, den dritten von heute. Wer ist geladen für übermorgen?«
    »Einige Ehrenhäupter der Stadt«, sprach Mai-Sachme seinem Täfelchen nach. »Seine Würden, Ptachhotpe, Vorlese-Priester vom Hause des Ptach; der Kämpfer des Herrschers, Oberst Entef-oker, von des Gottes Standtruppe hier; der erste Landvermesser und Marksteinsetzer Pa-nesche, der ein Felsengrab hat, wo der Herr liegt; und vom großen Ernährungsamt ein paar Meister der Bücher.«
    »Gut, es wird ihnen merkwürdig sein, mit den Fremden zu speisen.«
    »Allzu merkwürdig, muß ich fürchten, Adôn. Denn da ist leider die Schwierigkeit, laß dich gemahnen, mit dem Speise-Sittengesetz und gewissen Verboten. Manchem möcht’ es ein Anstoß sein, mit den Ibrim das Brot zu essen.«
    »Aber geh mir doch, Mai, du sprichst ja wie ein Dûdu, ein Zwerg, den ich kannte, ein Grundsatzfrommer! Lehr’ du mich meine Ägypter kennen – als ob die sich noch grausten! Sie müßten sich ja auch grausen, mit mir zu essen, denn daß ich nicht Nilwasser trank als Kind, ist keinem verborgen. Aber da ist Pharao’s Ring ›Sei wie ich‹, der schlägt alles nieder. Mit wem ich esse, der wird ihnen recht sein auch zur Mahlzeit, denn außerdem ist ja da auch Pharao’s Lehre noch, die jeder bewundert, der bei Hofe gefallen will, daß alle Menschen die lieben Kinder sind seines Vaters. Im übrigen richte uns nur besonders an, daß die Form gewahrt bleibe: den Ägyptern besonders, den Männern besonders und mir besonders. Meine Brüder aber sollst du genau nach der Reihe setzen und nach ihrem Alter, – den großen Ruben zuoberst und Benoni zuletzt. Mach da keinen Fehler, ich will sie dir noch einmal der Ordnung nach nennen, schreib dir’s in die Tafel!«
    »Schon gut, Adôn. Aber es ist gefährlich. Woher weißt du so genau ihre Altersfolge, daß sie nicht stutzen sollten?«
    »Ferner sollt du mir meinen Becher aufstellen, in den ich blicke, nun ja, den silbernen Schaubecher.«
    »So, so, den Becher.

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