Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Eigen-Haus, erschraken sie, wie alles Unerwartete und was nicht ging, wie sie sich’s vorgestellt, ihnen schreckhaft war und ihnen gleich neue Verwicklungen und Unheimlichkeiten anzuzeigen schien. Was war nun das, und warum sonderte man sie ab in dem Grade, daß sie sich gar im Eigen-Hause vorstellen sollten? Meinte es Gutes oder Böses? Möglicherweise hatte es mit dem Gelde zu tun, dem vorigen, das ihnen auf dunkle Weise wieder geworden war, und sollte nun vielleicht diese Dunkelheit gegen sie ausgenutzt werden, also daß ihnen hier ein Fallstrick gelegt war und sie hinterzogener Zahlung wegen allesamt gefänglich einbehalten und zu elfen versklavt werden sollten? Sie führten das dunkle Geld, zusammen mit neuem Kauf-Metall, wieder mit sich, was sie aber wenig beruhigte. Vielmehr waren sie stark versucht, umzukehren, sich vor dem Mann nicht blicken zu lassen und ihr Heil in der Flucht zu suchen – aus Sorge vor allem um Benjamin, der sie aber gerade ermutigte und kühnlich darauf bestand, daß sie ihn vor den Markthalter führten, denn nun sei er gesalbt und geschmückt und habe keinen Anlaß, sich vor dem Mann zu verbergen; aber auch sie hätten keinen, denn nur irrtümlich habe das Geld sich wieder eingefunden, und man dürfe sich nicht schuldig gebärden, wenn man’s nicht sei.
    Schuldig, schuldig, sagten sie, ganz allgemein schuldig fühle man sich immer ein bißchen, wenn auch nicht im besonderen Fall, weshalb man sich denn auch in einem solchen, wo man gerade unschuldig sei, nicht ganz wohl fühle. Übrigens habe er, der Kleine, leicht reden; er sei immer unschuldig zu Hause gewesen und sei nicht in die Lage gekommen, dunkles Geld in seinem Sack zu finden, da sie sich ständig in der Welt herumzuschlagen gehabt und nicht alle Schuld hätten vermeiden können.
    Für so allgemeine Schuld, tröstete sie Benoni, werde der Mann schon Sinn haben; er sei ja ein Mann der Welt. Mit dem Gelde aber sei’s richtig, wenn auch dunkel, und sie kämen ja unter anderm, es zu erstatten. Ferner aber müsse Schimeon ausgelöst sein, das wüßten sie so gut wie er, und neues Korn müßten sie auch haben. An Umkehr und Flucht sei also garnicht zu denken, denn nicht nur das Andenken von Dieben, sondern auch das von Kundschaftern würden sie damit hinterlassen und würden noch überdies zum Brudermörder.
    Sie wußten das alles wirklich so gut wie er, und daß sie es auf die Gefahr der Gesamt-Versklavung hin unbedingt wagen mußten. Die schönen Bestechungen, die sie mit sich führten, Jaakobs Geschenk-Proben vom Preis ihres Landes, ermutigten sie etwas, und namentlich faßten sie den Vorsatz, zuerst gleich einmal mit dem Haushalter, dem untersetzten, eindeutig gutmütigen, zu reden, wenn sie ihn ausfindig machen könnten.
    Das gelang ihnen gut. Denn als sie vor des Markthalters Gnadenvilla kamen, im Schönen Viertel, unter dem Mauertor von ihren Eseln gestiegen waren und diese am Wasserspiegel vorbei gegen das Haus führten, kam der Vertrauen Erweckende ihnen bereits, die Terrasse herunter, entgegen, hieß sie willkommen, lobte sie, daß sie Wort gehalten, wenn auch nach einigem Zögern erst, und ließ sich gleich ihren Jüngsten zeigen, den er mit runden Augen besah und »Brav, brav« dazu sagte. Die Tiere ließ er von seinen Leuten ums Haus herum in den Hof bringen, befahl ihnen, die Ballen mit Kanaans Ruhm ins Haus zu tragen und führte die Brüder die Freitreppe hinauf, indes sie ängstlich erregt auf ihn einredeten wegen des Geldes.
    Einige hatten damit schon angefangen, sobald sie ihn nur erblickt hatten, beinahe von Weitem schon, sie konnten es garnicht erwarten.
    »Herr Haushofmeister«, sagten sie, »lieber Herr Ober-Meier«, so und so, es sei unbegreiflich, aber es sei einmal so gewesen, und hier sei zwiefältig Geld, sie seien ehrliche Männer. Gefunden, gefunden hätten sie vorhin die erlegten Silberringe, erst Einer und Alle dann, am Rastplatz in ihren Futtersäcken, und all die Zeit habe der dunkle Fund sie bedrückt. Aber hier sei er wieder, in vollem Gewicht, nebst anderem Gelde für neue Speise. Es werde doch wohl sein Gebieter nicht, Pharao’s Freund, die Sache auf sie bringen und gar ein Urteil über sie fällen?
    So redeten sie durcheinander, faßten ihn sogar an vor Sorge und gebärdeten sich, indem sie schworen, sie würden nicht durch die schöne Haustür gehen, ohne, er schwöre ihnen von seiner Seite, daß der Herr ihnen keinen Strick drehen werde aus dem vexierenden Vorkommnis von vorhin und es nicht

Weitere Kostenlose Bücher