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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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darüber kundtäte«, sagte er, »wäre das eine Gnade für uns alle.« Der Kaiser liebte derlei formaljuristische Abgrenzungen, und Marull rechnete darauf, daß es DDD willkommen sein werde, seine Ansichten über diese Frage zu definieren.
      Domitian ergriff denn auch die Gelegenheit. »Das Judentum«, setzte er auseinander, »ist und bleibt eine erlaubte Religion. Ich verkenne nicht, daß diese Religion ein Grundprinzip leugnet, welches alle andern Nationen des Reichs verbindet, das Prinzip nämlich, daß sich die Gottheit in dem Kaiser manifestiert. Während alle andern, die Anhänger der Isis und des Mithras nicht minder wie die der barbarischen Gottheiten der Germanen und der Briten, sich darin einig sind, daß dem Bild des römischen Kaisers und seinen Insignien göttliche Verehrung zieme, wollen die Juden allein diese klare Erkenntnis nicht gelten lassen. Nun denkt das tolerante Rom nicht etwa daran, ein armes, halsstarriges Volk, dessen Jämmerlichkeit durch seine ungeheuren Niederlagen bestätigt ist, mit Gewalt zur Erkenntnis der Wahrheit zu zwingen.« Er konnte es nach diesem Vordersatz nicht unterlassen, über seine Lieblingstheorien zu deklamieren, als wäre er im Senat. »Rom verbietet nicht die Gesinnung. Rom läßt einem jeden seinen Glauben, auch wenn dieser Glaube ein Irrglaube ist. Es kann ein jeder seinen Gott haben, und mag dieser Gott noch so merkwürdig ausschauen. Habe ein jedes Volk seinen Brauch, wenn nur er’s nicht hindert, uns zu gehorchen«, deklamierte er, und Regin sowohl wie Marull konstatierten, im Innern lächelnd, daß er sich bis in den Vers verstiegen hatte. »Da aber«, fuhr Domitian fort, »genau hier ist die Grenze. Dies eine gestattet Rom nicht, daß eines andern Volkes Gott in den Bereich seiner, der römischen Staatsreligion eingreife. Nicht hingehen lassen kann es Roms Erzpriester, wenn diese östlichen Menschen sich erdreisten, ihren Aberglauben durch Überredung und Propaganda weiterzuverbreiten. Sie hatten gefragt, mein Marull, wieweit die Verkündigung der jüdischen Lehre erlaubt ist. Ich antworte: sich zu dieser Lehre zu bekennen und ihre Bräuche zu üben ist unbeschränkt erlaubt allen denen, die zu ihrem Unglück in diesem Volk und dieser Lehre geboren sind. Nicht erlaubt ist es, diesen Aberglauben durch Lehre oder gar durch Tat zu verbreiten. Wer einen andern durch Worte oder gar durch das Beschneidungsmesser zu einem Anhänger der jüdischen Religion machen will, verstößt gegen die Majestät Roms und des Kaisers.«
      »Das ist klar formuliert«, sagte Marull. Doch Claudius Regin wandte behutsam ein: »Wenn wir uns zu diesem Grundsatz öffentlich bekennen, wird man uns dann nicht wieder vorwerfen, wir hätten Furcht vor diesem Jahve und vor der Überzeugungskraft seiner Lehre?« – »Vorsicht ist nicht Furcht«, erwiderte unwirsch Norban. »Wenn ich die Türe meines Hauses zusperre, so ist das berechtigte Vorsicht, nicht Furcht.« Der schlichte Soldat Bassus aber erklärte tapfer: »Ich habe Furcht vor dieser Lehre. Sie wirkt ansteckend. Ich war in Judäa. Ich habe es erlebt, welche Scheu dieser Gott Jahve und seine Lehre um sich breitet. Der Tempel, das da, hat meinen Soldaten Furcht gemacht, sie gelähmt. Es ist nicht gut für die Armee, die Prediger dieser Lehre auf sie loszulassen.«
      Betretenheit war nach diesem unumwundenen Eingeständnis. »Ich höre solche Worte ungern, mein Annius«, erklärte Domitian. »Aber sei dem wie immer, ich wünsche die Verbreitung dieser Lehre nicht, ich will meine Römer vor dieser Lehre schützen, ihre Verkündigung ist verboten. Ich habe gesprochen.«
      »Was also fangen wir mit unserm Wundertäter an?« kehrte kurz und sachlich Norban zum Ausgangspunkt zurück. Marull, mit einem kleinen Lächeln, meinte: »Wenn ich den Herrn und Gott Domitian recht verstanden habe, dann mag dieser Wundertäter seine Wunder ruhig weiter verrichten, aber unter seinen Juden, in Judäa, nicht hier in Rom.« – »Ich danke Ihnen, mein Marull«, antwortete der Kaiser. »Ich glaube, das ist der rechte Weg.« Der offenherzige Annius aber murrte: »Die Provinz Judäa ist nahe, viele Leute aus Rom haben dort zu tun, viele Schiffe fahren hin. Ich hätte den Mann lieber weiter fort gewußt. Warum ihn nicht aus den Grenzen des Reichs verbannen? Soll er seine Wunder den Skythen vormachen oder den Parthern, aber keinem römischen Untertan.« Alle freuten sich über den schlichten Soldaten.
      Domitian indes gab sich nicht zufrieden

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