Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
folgen.
Dieses war das letzte Feuer, das Priscus sah, sein letzter Abend und seine letzte Nacht. Auch der verwitterte, heftige Helvid büßte in dieser Nacht die Befriedigung, die er gespürt hatte, als er durch seinen Antrag gegen den Ligarius dem Kaiser seinen ganzen Haß und seine ganze Verachtung ins Gesicht geschleudert hatte, und folgte seinem Vater in den Hades, gewaltsam dorthin gestoßen wie dieser. Domitian aber durfte sich sagen, jetzt werde der alte Vespasian mit ihm zufrieden sein.
Eine Woche später dann gingen die verurteilten Frauen in die Verbannung. Es war eine wilde, barbarische Gegend, in die man sie schickte. Die füllige, damenhaft lässige Gratilla, gewohnt, drei Zofen um sich zu haben nur für ihre Körperpflege, wird es nicht leicht haben, wenn sie nun allein mit der alten, finsteren Fannia das kleine, rohe Haus bewohnen wird an der kalten, unwirtlichen Küste der nordöstlichen See. Wohl nahm Fannia die Lobschrift des Priscus auf ihren toten Gatten, diese Ursache ihres Exils, mit ins Exil. Wohl standen, als die Frauen dem Latinischen Tor zugingen, um die Stadt zu verlassen, sehr viele an ihrem Weg, aber ihre getöteten Männer wurden davon nicht lebendig, und der Pontus wurde dadurch nicht der Tiber.
An ihrem Wege stand auch der Senator Cornel, der Schriftsteller. Er hatte nicht teilhaben wollen am Tod seiner Freunde und war der Sitzung ferngeblieben, in der ihr Prozeß verhandelt wurde. Das war kühn gewesen. Freilich nicht allzu kühn, denn natürlich hatte er sich vorgesehen und drei Ärzte an sein Lager gerufen, um Zeugen einer Lungenentzündung zu haben. Auch jetzt hatte er sich, der bedachtsame Mann, lange gefragt, ob er sich unter diejenigen mischen solle, die die Frauen begrüßten, da sie ein letztes Mal vorübergingen. Er hatte sich überwunden, er wagte es, da stand er, sich tadelnd ob der überflüssigen Kühnheit, wartete, und als die Frauen kamen, streckte er den rechten Arm aus, sie auf lange Zeit, vielleicht für immer, ein letztes Mal grüßend. In seinem Herzen aber dachte er: Wie sinnlos und unnütz ist das alles! Arme, törichte Freunde! Warum habt ihr nicht gewartet, ob nicht der günstige Augenblick komme, diesen Kaiser zu fällen? Dann hättet ihr, nach seinem Tode, viel klarer und heftiger sagen können, was gegen ihn vorzubringen ist, als ihr es jetzt habt sagen können. Arme, törichte, tote Freunde, die ihr nicht begriffen habt, daß diese Zeit an uns eine einzige Forderung stellt: sie zu überleben! Arme, törichte, verbannte Heldenweiber! Eure einzige Chance ist, daß ich, der ich weniger töricht bin, euch vielleicht doch noch einmal ein Denkmal setzen kann.
Nachdem Domitian die Stadt gereinigt hatte von den Leuten, die seine und der Gottheit Feinde waren, beging er seine Säkularfeier. Es waren seit der Gründung der Stadt achthundertneunundvierzig Jahre vergangen, und es bedurfte einer kühnen Chronologie, um zu errechnen, daß nun ein neues Jahrhundert abgelaufen sei. Allein Domitian war ein kühner Mann, er errechnete es. Zusammengerufen durch Herolde wurde das Volk. Das Kollegium der Fünfzehn ließ die Mittel verteilen, wodurch ein jeder sich reinigen sollte, Fackeln, Pech und Schwefel. Das Volk seinerseits überbrachte dem Priesterkollegium die Erstlinge der Saat und des Viehes für die Götter. Der Kaiser selber opferte auf dem Marsfeld dem Jupiter und der Minerva, in seiner Gegenwart richteten adelige Frauen Gebete an die Juno, eine lebendige Forelle wurde der Erde geopfert, Chöre von Jünglingen und Jungfrauen sangen Hymnen, und der Kaiser weihte dem Gotte Vulkan ein Gelände, auf daß er die Stadt fürderhin gegen Feuer schütze.
In dieser Nacht schlief der Kaiser mit Lucia. »Erinnerst du dich«, fragte er, »was du mir vorausgesagt hast bei der Verurteilung der Vestalin? Nun, meine Lucia, wer hat recht gehabt?«
Der Sieg über den Senat füllte Domitian ganz aus; er bestätigte ihm, daß er sein Priestertum und sein Amt richtig auffaßte und im Sinne der Götter. Das trug ihn, hob ihn, er war glücklich.
Er hatte von jeher gerne gearbeitet, jetzt nahm er es mit seiner Arbeit und mit seinen Pflichten noch ernster. Früher hatte es der heftige, rastlose Mann trotz der vielen Strapazen geliebt, sein ungeheures Reich von einem Ende zum andern zu durchqueren, und ein Jahr hatte ihn in Britannien gesehen, das nächste an der untern Donau. Jetzt verbrachte er den größten Teil seiner Zeit im Rat mit seinen Ministern oder an
Weitere Kostenlose Bücher