Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
höchst unrömische Äußerung, die zudem in schlampigem Latein vorgebracht war, erwiderte Quintilian nichts mehr. Clemens aber fragte sich sogleich, wozu eigentlich er diese Äußerung getan habe, sie war ein überflüssiges Bekenntnis, eine jener nutzlosen Demonstrationen, die Jakob der Wundertäter und Domitilla streng verurteilten. Denn über die Gottheit und über die Wahrheit zu sprechen hatte Sinn nur vor Menschen, die für diese Wahrheit empfänglich waren.
      Reuig erzählte er Domitilla von dem Vorgefallenen. Sie erschrak. So dringlich hatte Jakob, bevor er in die Verbannung ging, ihnen eingeschärft, sie sollten sich nicht vordrängen zum Martyrium, sie sollten klug wie die Schlangen sein und bestrebt, die Herrschaft Jenes, des Antichrist, zu überleben. Aber davon ließ sie nichts verlauten, auch klagte sie nicht; um so tiefer ergriffen den Clemens die wenigen ergebenen Worte, die aus den schmalen Lippen der geliebten Frau kamen.
      Er bereute ehrlich seine unbedachte Äußerung. Aber wenn dadurch, wie es wahrscheinlich war, sein Schicksal beschleunigt werden sollte, so war ihm das im Grunde willkommen. Immer mehr war er des wüsten, ruchlosen Getriebes ringsum müde geworden, und es kostete ihn nichts, aus dieser leeren, lästigen Welt fortzugehen. Er war bescheiden von Natur, er glaubte sich nicht berufen, doch wenn die Gottheit auch ihn ausersehen haben sollte, für sie Zeugnis abzulegen, dann hätte also sein »faules, indolentes Leben« mehr Sinn gehabt und würde stärker in die Zukunft hineinstrahlen als das rastlose, tatenvolle DDDs. Dieser Gedanke machte ihn lächeln. Seine Erwartung dessen, was DDD beschließen werde, nahm immer mehr die Form einer zuversichtlichen Freude an, und wenn Domitilla bangte, so wartete Clemens mit hohem Gleichmut.
      Etwa zwei Wochen nach jenem Gespräch mit Quintilian gab ein Kurier auf dem Gute bei Cosa ein Handschreiben ab, in welchem Domitian den Clemens in besonders freundschaftlichen Wendungen ersuchte, er möge sich bald auf dem Palatin einstellen, der Kaiser sehne sich nach einem vertraulichen Gespräch. Domitilla erblaßte tief, ihre hellfarbigen Augen starrten verloren vor sich hin, ihr schmaler Mund war nicht fest geschlossen wie gewöhnlich, die Lippen waren ihr trocken geworden, und sie hielt sie leicht geöffnet. Clemens wußte genau, was sie dachte. Derartige vertrauliche Unterredungen mit dem Kaiser nahmen selten einen guten Ausgang, auch mit Sabin hatte DDD eine lange und besonders liebenswürdige Unterredung gehabt, bevor er ihn sterben ließ.
      Es war dem Clemens sehr leid, daß Domitilla so gar nichts empfand von der freudigen Ruhe, die ihn erfüllte. Das helle, zarte Gesicht des Vierzigjährigen schien noch jünger als sonst, als er von ihr Abschied nahm, es war von einer fast heiteren Sammlung. Er küßte die Zwillinge auf die reinen Stirnen, er strich ihnen über die sanften Haare. Meine kleinen Löwen, dachte er, so hatte er also auch von Domitian etwas gelernt.

    Domitian empfing den Vetter im Schlafrock. Er hatte ihn mit Ungeduld erwartet, er versprach sich einiges von dieser Unterredung. Er liebte dergleichen Gespräche. Denn es war, wie Clemens und Domitilla vermutet hatten: nach der verbrecherischen Äußerung des Vetters fühlte sich Domitian vor sich selber, vor den Göttern und vor Rom berechtigt, die Atmosphäre um die Knaben, seine künftigen Nachfolger, zu reinigen, und er hatte sich deshalb entschlossen, Clemens sterben zu lassen und Domitilla in die Verbannung zu schicken. Vorher aber wollte er sich mit dem Vetter auseinandersetzen. Und weil die Stunden, da er sich mit denen auseinandersetzte, denen er den Tod bestimmt hatte, seine besten Stunden waren, hatte er sich gelockert, um die Unterredung ganz zu genießen, und empfing den Clemens mit großer Wärme.
      Zunächst fragte er ihn aus, wie es auf seinem Gut stehe, wie man sich dort abgefunden habe mit den Veränderungen, welche sein Gesetz über die Einschränkung des Weinbaus zur Folge gehabt habe. Dann kam er zurück auf seine alten Klagen darüber, daß Clemens einen so großen Teil seiner Zeit auf dem Lande verbringe und sich auf diese Art den Pflichten eines römischen Prinzen entziehe. Wieder einmal hielt er ihm seine »Indolenz« vor und wies darauf hin, was alles er selber, Domitian, unternehme. Vor fünf Tagen erst habe er der Eröffnung einer neuen Straße beiwohnen können, der großen Straße zwischen Sinuessa und Puteoli. Sie habe Mühe und Schweiß

Weitere Kostenlose Bücher