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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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selbst Justus ihm erklärt, jetzt noch zu bleiben sei mehr theatralisch als tapfer. Einmal ist er denn auch wirklich zurückgegangen nach Judäa, er hat sich sein neues Gut Be’er Simlai genau betrachtet, aber er hat nur gefunden, daß es unter der ausgezeichneten Obhut seines alten Theodor Bar Theodor zumindest ebensogut gedeiht wie unter seinem eigenen Aug, und er ist zurückgegangen nach Rom.
      Jetzt ist er froh, daß sich alles so gefügt hat, daß er diese schlimmen Jahre in Rom verlebt hat, abseits der Dinge und doch mitten in ihnen. Jetzt also ist sein Werk fertig, und der Vorwand, mit dem er vor sich selber und vor Mara sein Bleiben begründet hat, der Vorwand, sein Werk gerate besser fern von Judäa, ist hinfällig, sein Versprechen ist fällig geworden. Allein er hätte es einfach nicht über sich gebracht, jetzt das Schiff zu besteigen, um sich in Judäa zu vergraben. So hat er denn schließlich die »Zwischenlösung« gefunden, das neue Argument, mit dem er sein Bleiben in Rom wenigstens noch für eine Weile begründen kann. Wenn die Universalgeschichte Wirkung tun soll, hat er sich und Mara vorgemacht, dann sei beim Erscheinen des Buches seine Gegenwart wichtig, beinahe unentbehrlich; schon dem Claudius Regin sei er das schuldig, der soviel Liebe, Geduld und Geld darauf verwandt habe, ihm die Arbeit zu ermöglichen. Das war ein brüchiges Argument, Mara hatte resigniert und ein wenig bitter gelächelt, und es waren unbehagliche Minuten gewesen, als er ihr vorgeschlagen hatte, sie möge vorausfahren, er werde mit Matthias im Frühjahr nachkommen. Jetzt aber lagen diese unangenehmen Minuten hinter ihm, man ist nun schon den sechsten Tag unterwegs, morgen, spätestens übermorgen wird man in Brundisium angelangt sein, das Schiff wird in See stechen, es wird Mara und die Kinder nach Judäa tragen, und dann wird es Winter sein, und vor dem nächsten Frühjahr braucht er nicht daran zu denken, nach Be’er Simlai zu reisen.
      Der Wind rötet und strafft Josefs Gesicht. Heute sieht man es ihm nicht an, daß er hoch in den Fünfzigern ist. Er hält das langsame Tempo der Wagen nicht aus, er reitet ein Stück voran.
      Hell klingen die Hufe seines Pferdes auf der gequaderten Straße. Das muß man diesem Kaiser Domitian lassen, die Appische Straße ist unter ihm besser gehalten als je unter seinen Vorgängern. Ein endloser Zug nach der einen Seite und nach der andern. Josef überholt Wagen und Reiter, und Wagen, Reiter und Sänften kommen ihm entgegen. Ein Fuhrknecht, wie er sein Pferd zwischen einem Wagen und einer Sänfte durchzwängt, ruft ihm zu: »Na, na, nicht gar so eilig! Oder bist du auf der Flucht vor der Polizei?«, und Josef, gut gelaunt, ruft zurück: »Nein, aber ich reite zu meinem Mädchen«, und alle lachen.
      Er hält auf einer kleinen Höhe, er hat den Wagen weit hinter sich gelassen, er wartet. Sein Junge Matthias kommt heran, er hat es im Wagen wieder einmal nicht ausgehalten, munter sprengt er auf ihn los, er zwingt dem wenig stattlichen Pferd einen Galopp ab. Josef freut sich, wie er seinen Jungen sieht. Groß prescht er heran, er ist mit seinen vierzehn Jahren schon fast so groß wie Josef selber. Er hat, sein Matthias, das gleiche hagere, knochige Gesicht, die lange, leichtgekrümmte Nase, das dichte, schwarzglänzende Haar. Seine Haut ist gerötet vom Wind, das Haar, wiewohl nicht lang, flattert ein wenig, die heftigen Augen leuchten in der Freude der raschen Bewegung. Wie ist er ihm ähnlich, und gleichwohl unähnlich! Matthias hat nichts von dem Übersteigerten, das ihm so viele Freuden und Qualen verschafft hat, er hat statt dessen viel geerbt von dem harmlos freundlichen Wesen der Mutter, von dem Kindhaften, das sie sich bis heute bewahrt hat. Auch die Offenheit der Mutter hat er, er schließt sich leicht und freundschaftlich an, doch ohne Zudringlichkeit. Nein, er ist kein hübscher Junge, denkt Josef, wie Matthias so heranreitet, im Wind, ohne Hut, eigentlich ist kein Einzelzug seines Gesichtes hübsch, aber dennoch, wie liebenswert ist er, wie spiegelt sich sein offenes, knabenhaftes Herz in seinem Antlitz und in seinen Bewegungen, seine lebendige, naive Anmut! Er ist ein junger Mann und doch noch ganz ein Kind, es ist kein Wunder, daß die Freundschaft aller ihm zufliegt. Josef beneidet ihn um dieses seines kindhaften Wesens willen, und er liebt ihn darum. Er selber ist niemals ein Kind gewesen, er war mit zehn Jahren altklug und ein Erwachsener.
      Matthias hielt

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