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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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abstoßend, weichlich, weibisch, dumm, eines Römers ganz und gar unwürdig. Nein, beim Herkules, er mochte auch den Vetter Clemens nicht. Aber etwas hatte dieser ihm voraus, um eines beneidete ihn Domitian. Das waren die Zwillinge, die vierjährigen Prinzen Constans und Petron, die kleinen Löwen, wie Domitian die weichen, geschmeidigen und kräftigen Knäblein gerne nannte. Die Dynastie mußte fortleben, das war sein brennender Wunsch, weder Sabin noch Clemens eigneten sich für den Thron, was aus Julia entspringen werde, wußte man noch nicht, vorläufig also waren die Zwillinge alles, woran sich Domitian halten konnte, und in seinem Innersten spielte er mit dem Gedanken, sie zu adoptieren. Nur um ihretwillen nahm er den Vetter Clemens hin. Der erwiderte übrigens des Kaisers Abneigung und ließ sich Umarmung und Kuß sichtlich nur mit Widerstreben gefallen.
      Mehr reizte und belustigte den Kaiser des Vetters Frau, Domitilla, die er als letzte mit dem Kuß begrüßte. Eine Tochter seiner früh verstorbenen Schwester, hatte auch sie gewisse flavische Eigenschaften, blonde Haare und starkes Kinn. Doch war sie dünn, in jeder Hinsicht dünn, und karg auch von Worten. Freilich waren ihre hellfarbigen Augen beredt, ja fanatisch. Von Domitian sprach sie verächtlich nur als von »Jenem«, selbst »Wäuchlein« war ihr noch zu gut für ihn, und der Kaiser brauchte nicht seinen Norban, um zu wissen, daß Domitilla in ihm das Prinzip des Bösen sah. Bestimmt war sie es, die in ihrem schwachen Mann seine passive Feindseligkeit nährte, die zähe, stille Sanftheit seines Widerstands. Bestimmt war sie es, die ihn in die Gemeinschaft mit jener anrüchigen jüdischen Sekte hineintrieb. Der Kaiser, wie er Domitilla jetzt küßte, schloß sie fester in seine Arme als die andern. Es lag ihm nichts an ihr, doch um sie zu ärgern, beließ er es gerade bei ihr nicht bei dem zeremoniellen Kuß, sondern umfaßte die Widerstrebende lang und herzhaft.
      Bei Tafel war er gesprächig und angenehmer Laune. Zwar versagte er sich’s nicht, seine Vettern Sabin und Clemens und Domitilla auf die gewohnte Art zu hänseln. Aber er nahm es nicht übel, daß ihn Lucia anzüglich um seiner Mäßigkeit willen lobte und anerkennend feststellte, sein Bauch habe nur wenig zugenommen. Auch sprach er mit ernster Besorgtheit auf Julia ein, sie möge ihres Zustandes wegen auf sich achten, von dieser Speise essen und von jener nicht. Vor allem aber scherzte er mit den Zwillingen. Sanft strich er ihnen über das helle, weiche Haar – »meine kleinen Löwen«, sagte er. Die Prinzen ließen sich das gern gefallen, offensichtlich erwiderten sie die Neigung ihres Onkels. »Das Volk, die Soldaten und die Kinder lieben mich«, stellte der Kaiser zufrieden fest. »Alle, die unverdorbene Instinkte haben, lieben mich.« – »Habe ich verdorbene Instinkte?« fragte Lucia zurück. Und Julia, freundlich und gelassen, erkundigte sich: »Heißt das, daß Sie unsern Gott Domitian nicht lieben, meine Lucia, oder heißt es, daß Sie ihn trotz Ihrer verdorbenen Instinkte lieben?«
      Als die Tafel aufgehoben und die andern gegangen waren, fühlte sich Domitian besser gerüstet für das Gespräch mit Lucia. Trotzdem fand er, wie sie allein waren, keinen rechten Anfang. Lucia sah es, und ein Lächeln breitete sich über ihr Gesicht. So begann denn sie das Gespräch und nahm damit seine Führung in die Hand. »Ich habe«, sagte sie, »Ihnen eigentlich zu danken für meine Verbannung. Als ich erfuhr, daß Sie mir nicht einmal Sizilien, sondern das öde Pandataria zum Exil bestimmt hatten, war ich, ich gestehe es, verärgert und fürchtete, es werde recht langweilig werden. Statt dessen ist mir die Insel zu einem Erlebnis geworden, das ich nicht missen möchte. Angewiesen auf das Dutzend Mitverbannter und auf die eingeborene proletarische Bevölkerung, habe ich entdeckt, daß der Aufenthalt auf einer solchen öden Insel dem Innenleben ihrer Bewohner viel förderlicher ist als etwa der Aufenthalt in Alba oder auf dem Palatin.« Ich werde trotz allem den Norban fragen, sagte sich verbissen Domitian, ob und mit wem sie es dort getrieben hat. »Als Sie geruhten«, fuhr Lucia fort, »mich zurückzurufen, habe ich das beinahe bedauert. Dabei will ich gar nicht leugnen, daß jetzt, nach dem öden Pandataria, unser Alba mir Freude macht.«
      »Ich hätte die Gesetze über den Ehebruch strenger anwenden sollen«, meinte, stark überrötet, Domitian. »Ich hätte mich Ihrer

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