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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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war, dann doch nur um dessentwillen, was sich beim Fest der Guten Göttin ereignet hatte, und dann war doch er, Crispin, der Mitschuldige. Was also wollte der Kaiser? Machte er einen seiner schauerlichen Späße? »Ich sehe«, redete Domitian weiter, »es hat dir die Sprache verschlagen. Ich begreife das. Seit den Zeiten des Cicero ist keine Vestalin mehr gerichtet worden. Und unter mir: erst die Schwestern Oculatae, und nun diese. Die Götter machen es mir nicht leicht.«
      Crispin, die eigene Stimme klang ihm sonderbar fremd, fragte mühsam: »Waren da Beweise?« Der Kaiser lächelte. Es war ein langes, tiefes Lächeln, und an diesem Lächeln erkannte Crispin, daß er verloren war. »Beweise?« fragte Domitian, zuckte die Achseln und breitete ein wenig die Arme, die Handflächen gegen Crispin hin. »Was willst du, mein Crispin? Unser Norban hat eine Reihe von Tatsachen zusammengestellt, Indizien sagt man ja wohl in der Juristensprache, schlüssige Indizien. Aber was sind Beweise? Wenn man Cornelia gehört hätte und den Mann und die Frau, die Norban als ihre Mitschuldigen bezichtigt hat, dann hätten diese drei Beklagten sicher ebenso viele und ebenso schlüssige Gegenbeweise vorgebracht. Was sind Beweise?« Er richtete sich hoch, beugte sich gegen den steif und kalt dasitzenden Crispin vor und sagte ihm, vertraulich, ins Gesicht: »Es gibt einen einzigen Beweis. Der wiegt mehr als alles, was Norban gegen Cornelia, und alles, was Cornelia und ihre Mitschuldigen für sich anführen können. Auch den Herren Priestern meines Kollegiums schien dieser Beweis vollwichtig. Ich bin nämlich – dir kann ich es ja sagen, mein Crispin – nicht zufrieden mit dem Ausgang des sarmatischen Feldzugs. Die Götter haben meine Waffen nicht gesegnet. Und warum nicht? Deshalb«, er sprang hoch, »deshalb, weil diese Stadt Rom voll von Sünde und Unzucht ist. Als mir Norban mitteilte, was am Feste der Guten Göttin geschehen ist, da sind mir die Augen aufgegangen. Da erkannte ich, warum dieser sarmatische Feldzug nicht die Ernte einbrachte, die ich mir erhofft hatte. Was meinst du, mein Crispin? Sag es ehrlich, sprich dich aus: ist das nicht ein schlüssiger Beweis?«
      »Ja«, stammelte Crispin, auch er war aufgesprungen, als sich der Kaiser erhoben hatte, mit schlotternden Knien stand er da, leise schwankend, das hübsche Braun seines schmalen Gesichtes stach grünlich unter der Schminke hervor. »Ja, ja«, stotterte er, und, er konnte sich nicht länger zähmen, »aber wer, wenn ich das wissen darf, wer sind die Mitschuldigen?« fragte er. »Das ist ein anderer Punkt«, sagte der Kaiser schlau, doch immer mit dem gleichen Ton freundschaftlicher Offenheit. »Es geht natürlich um die Vorgänge bei dem Fest der Guten Göttin. Aber das weißt du ja wohl selber«, meinte er beiläufig, selbstverständlich, und ein neuer Schauer überlief den Crispin, als der Kaiser dieses: »Aber das weißt du ja wohl selber«, hinwarf. »Was der Kerl, der das Fest schändete«, fuhr Domitian fort, »angestellt hat, das ist im Grunde nichts als eine unsäglich dumme Nachahmung des Streiches des Clodius aus den Zeiten Julius Cäsars. Und gerade darum kann ich es noch immer nicht glauben, was unser Norban berichtet, so solid seine Unterlagen sind. Ich kann es einfach nicht glauben, daß in unserm Rom, in meinem Rom einer auf einen so unsäglich albernen Einfall hat kommen können. Ich versteh es nicht. Die Männer von damals mochten einem Clodius verzeihen: aber mein Priestergericht, mein Senat – das mußte sich doch jeder sagen, der auch nur den Verstand eines Huhnes hat –, ich und meine Richter, wir verzeihen solche Verbrechen nicht.«
      Da aber versagte dem Crispin die Kraft, die Glieder erschlafften ihm, er sackte vor dem Kaiser zusammen. »Ich bin unschuldig, mein Herr und Gott Domitian«, winselte er auf den Knien, und, immer von neuem, heulend, flennend: »Ich bin unschuldig.«
      »So, so, so«, meinte der Kaiser. »Dann ist also Norban im Irrtum. Oder ein Verleumder. So, so, so. Interessant. Das ist interessant.« Und plötzlich, blaurot im Gesicht, da er sah, wie Crispin seinen Schlafrock, ihn küssend, mit der Schminke seiner Wangen und seiner Lippen befleckte, brach er aus: »Und meinen Rock besudelst du auch noch mit deinen gemeinen Lippen, du Aussatz, du Sohn einer Hündin und eines besoffenen Fuhrknechts!« Er holte Atem, er entfernte sich von Crispin, der liegenblieb, er ging auf und ab und sprach grimmig vor sich hin: »So

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