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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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altertümlichen Heiligtum war vorgeschrieben. Cornelia also kannte genau jede Einzelheit des Tageslaufes, sie wußte, welche ihrer Mitschwestern jetzt die Wache hatte, jetzt dieses Opfer vollziehen mußte, jetzt jenes heilige Brot backen. Sie wußte, daß durch ihr Ausscheiden die drei Schwestern, die nach ihr in das Heiligtum eingetreten waren, nun jede einen Grad aufrückten. Bald, sowie der Kaiser zurückkommt, werden zwanzig Mädchen, alle unter zehn Jahren und von beiden Eltern her aus den ältesten Geschlechtern stammend, als Kandidatinnen präsentiert, und eine wird erlost werden, um sie, die ausgeschiedene Cornelia, als sechste zu ersetzen. Ins Heiligtum der Vesta einzutreten war eine der höchsten Ehren, welche die Götter und das Reich zu vergeben hatten. Töchter aller alten Geschlechter bewarben sich darum, viele Eifersüchte kämpften, wer berufen und erlost werden sollte. Ob Cornelia noch erfahren wird, wer sie ersetzen soll?
      Wer immer diese Neue sein wird, Cornelia beneidete sie von vornherein darum, daß nun sie das Leben wird führen dürfen, das bisher ihr, Cornelias, Leben gewesen war. Schön war Cornelias Leben gewesen. Genau zwanzig Jahre waren es jetzt, die sie im Heiligtum verbracht hat, eintönige, streng geregelte Jahre mit Vorschriften für Tag, Stunde, Minute. Und wie schön bewegt trotzdem waren die Tage dieses Lebens, wie still, gleichmäßig und dennoch in stetem Wechsel glitten sie vorbei. Man fühlte sich wie ein Fluß, so gelenkt, gebettet, geregelt, alles gehorchte einem hohen Gesetz.
      Die stille, fromme Heiterkeit, welche das Volk auf dem Gesichte der Cornelia wahrgenommen hatte, wenn an den großen Festen die Vestalinnen in der Prozession mitschritten, diese stille, fromme Heiterkeit, die sie mehr als die fünf andern zum Liebling der ganzen Stadt machte, war keine Maske. Vom ersten Tag an, da sie als Achtjährige in das Haus der Vesta gebracht worden war, hatte sie sich hier wohlgefühlt. Die Bedrückung, welche die andern als kleine Mädchen manchmal im Dämmer des heiligen Hauses empfunden haben wollten, sie, Cornelia, hatte sie nie gespürt. Keinerlei Angst hatte sie gespürt, als ihr Vater Lentulus sie in großer, festlicher Zeremonie dem Kaiser – es war damals Vespasian – als dem Erzpriester übergab und als sie mit kindlichem Eifer dem schlau und freundlich lächelnden alten Mann die Formel nachsprach, sie gelobe der Göttin und dem Reich, die Seele rein und den Körper fleckenlos zu bewahren. Dann, zehn Jahre lang, war sie von der freundlich ernsten Oberin Junia unterwiesen worden. Die einzelnen Verrichtungen, die es vorzunehmen galt, waren nicht schwer, aber es waren ihrer sehr viele, und wenn der Staat nicht unter dem Zorn der Göttin leiden sollte, dann durfte nicht das geringste Versäumnis unterlaufen. Doch zehn Jahre waren eine lange Zeit, da konnte man alles so lernen, daß es einem selbstverständlich wurde wie Ein- und Ausatmen. Cornelia lernte überdies mit Eifer; ihr gefiel der schlichte Sinn, der hinter den schlichten Bräuchen stand. Man lernte das Wasser in den spitzen Krügen schöpfen, auf das Feuer achten und es nach strengen Regeln unterhalten, man lernte Kränze flechten, um am Feste der Vesta die hellgrauen Esel zu schmücken, welche einem die Müller brachten, man lernte den geweihten Teig bereiten, welcher die Frauen vor Krankheit und Unheil schützen sollte. Die vielerlei Obliegenheiten waren alle leicht, doch sie mußten mit Würde und Anmut verrichtet werden, denn zahlreiche dieser Dienste geschahen unter den Augen des ganzen Volkes. Wenn die Jungfrauen der Vesta zum Capitol hinanstiegen, wenn sie ihre Ehrensitze einnahmen im Theater oder im Zirkus, immer waren nächst dem Kaiser sie diejenigen, auf welche die Zehntausende am meisten achteten.
      Cornelia liebte die Bräuche, und sie gefiel sich gut, wenn sie in der Öffentlichkeit erschien. Sie wie keine verstand es, ihren Dienst frommen, heiteren Gesichtes zu vollziehen und so, als ob sie nicht wüßte, daß hunderttausend Augen auf sie gerichtet waren. Im Innern spürte sie mit großer Freude, daß diese Augen auf ihr waren und daß sie, Cornelia, diese Augen nicht enttäuschte. Die Mittelfigur eines schönen, heiligen und heiteren Schauspiels zu sein füllte sie aus, und zu wissen, daß es das Wohl des Staates förderte, wenn sie ihre Obliegenheiten geordnet und gesammelt besorgte, wärmte ihr das Herz.
      In ihnen, in den sechs Jungfrauen der Vesta, verkörperte sich die

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