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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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aufzwingen, den er ihr ausgesucht. Sie sträubte sich. Der Kaiser bekam einen Wutanfall. Widerspruch hatte er bisher von einem einzigen Menschen geduldet, von Lucia. Er war nicht gewillt, es hinzunehmen, daß nun auch Julia infolge ihrer Schwangerschaft übermütig und zu einer zweiten Lucia werde. Eher verzichtete er auf den Sohn. In zwei wüsten Auseinandersetzungen zwang er Julia, das Kind abtreiben zu lassen. Über dieser Operation war Julia gestorben.
      Domitian litt unter dem Tod der Julia, den er verschuldet. Er wollte sich das aber nicht anmerken lassen, vor allem nicht vor Lucia, und er fragte sie auf seine höhnische Art: »Nun, meine Lucia, sind Sie es zufrieden, daß Sie Julia losgeworden sind?« Die Kaiserin hatte Julia nie leiden mögen, sie hatte sie mit gelassenem, leicht spöttischem Stolz behandelt. Ihr Tod aber empörte sie, die Frau in ihr empörte sich gegen die Manneswillkür des Domitian, und vollends erbitterte sie seine alberne Frage. Sie mühte sich nicht, diese Gefühle zu verbergen, ihr helles, großes Gesicht verzog sich in Ablehnung und Widerwillen, und sie sagte: »Deine Liebe, Wäuchlein, scheint den davon Betroffenen nicht gut zu bekommen.«
      Hatte Domitian ihre Beschuldigung im Falle des Sabin verziehen, weil sie ungerecht und ungereimt war, so traf ihn diese Anmerkung über Julia um so tiefer, weil sie stimmte. Das Feindselige, das von Anfang an in seinen Beziehungen zu Lucia gewesen war, verschärfte sich, und es war seither in seinen Umarmungen ebensoviel Groll wie Begier. Ein solches Verhältnis war Lucia nur recht. Ihn indes wurmte es, daß er von ihr nicht loskam, er war klein vor sich selber, wenn er mit ihr zusammen war, er bezähmte sich, seine Umarmungen wurden immer seltener, und schließlich beschränkten sich seine Zusammenkünfte mit ihr auf jene Gelegenheiten, da sie sich der Öffentlichkeit zusammen zeigen mußten. Ihre Begegnungen wurden förmlich, wachsam, sie waren einer auf der Hut vor dem andern. Seit mehreren Wochen, seit mehr als einem Monat, hatte Lucia den Kaiser überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen.
      Es war also ein Wagnis gewesen, jetzt zu ihm vorzudringen, unangemeldet, es war nicht ganz leicht gewesen, die vielen Wachen und Kämmerer zu passieren, und mit einer etwas unbehaglichen Spannung wartete Lucia, wie er sich verhalten werde. »Sie hier, meine Lucia?« begrüßte er sie, und schon an seiner Stimme merkte sie, daß er eher angenehm als unangenehm überrascht war. So war es auch. Wenn Domitian in den letzten Monaten Auseinandersetzungen mit ihr vermieden hatte, dann deshalb, weil er fürchtete, sie werde ihm Wahrheiten sagen, die zu hören er nicht geneigt war. Diesmal indes vermutete er, sie komme wegen Cornelia – sie war mit ihr verwandt und hatte sie gern, wie jedermann in Rom sie gern hatte –, und in der Sache mit Cornelia fühlte er sich sicher; sich darüber mit ihr auseinanderzusetzen, darauf freute er sich geradezu.
      Richtig begann sie denn auch, und schon nach wenigen Sätzen, von Cornelia. Ohne Rücksicht auf den im Winkel kauernden Silen sprach sie mit ihm, doch nicht ohne Schmeichelei; denn ihr lag daran, Cornelia zu retten. »Ich nehme an«, sagte sie, »Sie wollen den Senat schrecken. Sie wollen zeigen, daß es niemand im Reich gibt, er sei so geachtet und beliebt, wie er wolle, vor dem Sie zurückwichen. Außerdem bezwecken Sie wahrscheinlich, dem Senat zu zeigen, daß Sie ein strengerer Hüter römischer Tradition sind als wer immer vor Ihnen. Aber Sie sind zu klug, um nicht selber zu wissen, daß hier Preis und Einsatz nicht im rechten Verhältnis stehen. Was sie im besten Fall gewinnen können, wiegt nicht auf, was Sie in jedem Fall verlieren müssen. Schonen Sie Cornelia!« Domitian grinste. »Interessant diese Ihre Auffassung«, sagte er, »interessant. Aber Sie haben sich erhitzt, meine Lucia, ich fürchte, der Aufenthalt in diesem Glashaus bekommt Ihnen nicht. Darf ich Ihnen einen Spaziergang durch den Garten vorschlagen?«
      Sie gingen durch eine Platanenallee; sie waren jetzt allein, der Kaiser hatte mit einer heftigen Bewegung alles ringsum verscheucht. »Ich weiß, daß dergleichen Gerede über meine Absichten in Rom umgeht«, sagte er beiläufig, »aber Sie, meine Lucia, sollten derlei billiges Zeug nicht nachschwatzen. Der Fall liegt höchst einfach. Es geht um Religion, um Moral, um nichts sonst. Ich nehme mein Amt als Erzpriester ernst. Das Heiligtum der Vesta, ihr Herd, ist meinem Schutze

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