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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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ein weiteres Mal eine Nummer, die er inzwischen schon auswendig konnte.
    »Hallo Helena Dögg, hier spricht Stefán Einarsson, dein Vater Guðni ist einer von meinen Mitarbeitern. Noch einmal mit demselben Anliegen. Dein Vater liegt im Krankenhaus auf der Intensivstation, er ist schwer krank. Vielleicht besuchst du ihn mal, darüber würde er sich freuen. Ich mich auch.« Damit beendete er sein Gespräch mit der Voicemail.
    Niemand, hatte die Krankenschwester gesagt. Niemand hatte Guðni in den drei Tagen besucht, die er nun schon auf der Intensivstation lag, mit Ausnahme von ihm, Katrín und Árni.
    *
    »Gott steh dir bei, junger Mann, wie kommst du denn auf so eine absurde Idee?«, fragte der Meister besorgt. Árni verschlug es die Sprache. In der Überzeugung, dass diesem Phrasendrescher gegenüber Angriff die beste Verteidigung war, hatte er sich ihm vorgestellt und ihn um eine Unterredung unter vier Augen gebeten. Er begann das Gespräch damit, Magnús dafür zu danken, dass er nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, ihn als Ausgesandten des Antichristen aus dem Saal zu prügeln.
    »Mein Freund, hast du nicht gesagt, dass du bei der Kriminalpolizei bist? Wie in aller Welt kommst du bloß darauf, dass ich in dir einen Vertreter des Bösen sehe?«
    Árni drehte und wand sich auf seinem Stuhl, er hatte die Sprache noch nicht wiedergefunden. »Nein, lieber Bruder, damit war ein junger Bursche gemeint, sehr viel jünger als du – du hast ihn vielleicht gesehen? Groß, mit langen Haaren. Ein durchaus präsentabler Junge, aber langhaarig …« Der Meister schüttelte betrübt den Kopf. »Das ist wohl leider immer noch sehr üblich. Dieser junge Mann saß mit arroganter Miene da, hatte den Kopf in den Nacken geworfen und versuchte, meinem Blick standzuhalten, versuchte, mich so weit zu provozieren, dass ich ihn vor die Tür setzen würde. Was ich natürlich nicht getan habe, das dürfte dir nicht entgangen sein.«
    Árni hatte größte Lust, den Meister danach zu fragen, was er – in Anbetracht der Haarpracht des Erlösers – an langhaarigen jungen Männern auszusetzen hatte, aber er widerstand der Versuchung. »Wer ist denn dieser junge Mann?«, fragte er.
    »Wie er heißt, spielt keine Rolle. Er ist einer von denen, die sich bei den Arabern anbiedern, eines von diesen verlorenen Schafen, die sogar eine regelrechte Vereinigung gegründet haben, um gegen die rechtmäßigen Herren im Heiligen Land zu kämpfen, eine Vereinigung, die mit Tatsachenverdrehungen und Lügen für die Sache der Ungläubigen eintritt. Er schreibt Artikel in den Zeitungen und schwatzt im Radio über die Verbrechen des Staates Israel gegen die Ungläubigen. Und hier bei uns erscheint er auch regelmäßig, und zwar nur, um mich und die mir Anvertrauten zu provozieren.«
    Árni befeuchtete seine Lippen. »Das hier ist doch eine christliche Gemeinde, oder nicht?«, fragte er.
    Magnús sah ihn scharf an. »Selbstverständlich. Was ist denn das für eine Frage?«
    »Nein, ich … Das da mit Israel, das habe ich nie richtig begriffen.«
    »Vielleicht kann ich dir das bei Gelegenheit erklären«, sagte der Meister souverän. »Im Augenblick ist es dazu viel zu spät, und meine Zeit ist begrenzt. Auch kann ich kaum glauben, junger Mann, dass du gekommen bist, um etwas über die zwölf Stämme Israels zu erfahren?«
    »Nein«, gab Árni zu. Er hätte sich zwar liebend gern auf ein hübsches Wortgefecht mit dem Meister über die zwölf Stämme Israels und deren Schicksal eingelassen, bevor der Messias zurückkehren konnte. Aber der Meister hatte Recht, es war schon spät. Und ohnehin zwecklos, mit solchen Leuten zu diskutieren, glaubte Árni zu wissen.
    »Es geht um Ólafur Áki Bárðarson«, sagte er.
    »Gott sei seiner Seele gnädig.« Der Meister senkte den Kopf und murmelte etwas vor sich hin, was Árni für ein Gebet hielt. Dann blickte Magnús hoch und sah Árni direkt in die Augen. »Was möchtest du über diesen braven Mann wissen?«
    »Er … er hat doch hier gearbeitet, oder nicht? Und hat sich hier nützlich gemacht?«
    »Ja. Ein überaus hilfsbereiter und gewissenhafter Zuarbeiter des Herrn, das war Ólafur. Er hat sich bei uns um das Lautsprechersystem und die Beleuchtung gekümmert. Ein großer Verlust für die Gemeinde.«
    »Gewissenhaft?«
    »Ja, sehr gewissenhaft. Ich weiß, dass er … dass er mit persönlichen Problemen zu kämpfen hatte, aber wenn es galt, dem Herrn zu dienen, war er stets zur Stelle. Er kam immer zeitig

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