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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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Situation nicht entscheidend gewesen, Úlfur war direkt vor das Auto gesprungen, und sie hatte überhaupt nichts machen können. Ihre Reaktionen waren vollkommen korrekt gewesen, instinktiv, schnell, gezielt. Genau wie bei Guðni, als sie ihn auf dem Treppenabsatz in Krummahólar gefunden hatte. Falls Úlfur stirbt, ist es nicht meine Schuld, dachte sie. Und jetzt Schluss damit.
    Sie zog sich aus, nahm das Rotweinglas und ihr Handy mit ins Badezimmer und stieg in die Badewanne.
    »Nicht meine Schuld«, murmelte sie, »sondern mein Verdienst.«
    Und dann rief sie Sveinn an. »Kannst du nach Hause kommen? Heute Abend noch?«
    *
    »… Nehmen wir uns doch ein Beispiel vor, Hillary Clinton«, sagte der Meister in eindringlichem Ton. »Seht euch diese Frau an. Sie ist attraktiv, sie ist clever, sie ist charmant – aber die Ideologie, die Ansichten, für die sie steht, das ist die Ideologie des Antichristen, halleluja! Ich hingegen sage: Ehrrre dem Herrn!« Er stieß mit der Faust in die Luft, und der ganze Saal tat es ihm nach.
    »Die heutige Kollekte beläuft sich auf achtunddreißigtausendzweihundertundzwei Kronen«, murmelte er leise ins Mikrofon, und nach diesem beiläufigen Einschub erhöhte er seine Stimme wieder auf die volle Lautstärke. »Und er ist allenthalben, Brüder und Schwestern, der Antichrist – oder Satan, Beelzebub, ihr könnt ihn nennen, wie ihr wollt …«
    Der Mann ist unglaublich, dachte Árni, einfach unglaublich. Manchmal fehlte bei dem, was er sagte, jeglicher Zusammenhang, jegliche Logik – wie beispielsweise bei dieser Feststellung über Hillary Clinton. Nichts wurde konkretisiert oder begründet, er schleuderte seine Behauptungen der Gemeinde entgegen, aus, und dann das nächste Halleluja. Eines von mindestens hundert, die er an allen möglichen Stellen in seine Predigt einstreute, manchmal am Ende von Sätzen, aber häufiger noch mittendrin. Árni hatte das Gefühl, dass er diesen Einschub so verwendete, wie andere nicht wahr oder also . Aber trotz zeitweiliger Zusammenhanglosigkeit, trotz der Längen und Wiederholungen gelang es ihm, sich bis zum Schluss an einen dünnen, aber kontinuierlichen roten Faden zu halten, und die Leute saßen da und lauschten ihm wie gebannt.
    »… und sogar hier, mitten unter uns, Brüder und Schwestern, sitzt ein solcher, ein Ausgesandter des Antichristen!« Árni schrak zusammen und blickte auf den Meister, der mit sorgenvoller Miene ganz vorne an der Rampe stand. Ein Raunen ging durch den Saal, und die Leute blickten einander unsicher an. Unglaublich, dachte Árni. Ein totaler Spinner natürlich, aber augenscheinlich kein Dummkopf.
    »Doch fürchtet euch nicht, Brüder und Schwestern, hier wird er keinen Sieg davontragen. Nicht hier, nicht jetzt, denn wir haben das Wort GOTTES ! Halleluja! Wir werden ihn nicht mit Prügeln aus dem Haus treiben, wir werden ihm keine Gewalt antun, nein, wir wenden keine irdischen Waffen an, denn das steht uns nicht zu, unsere Waffen kommen von Gott, unsere Waffen SIND der lebendige Gott und sein Wort! HALLELUJA !«
    Árni auf seinem Platz mitten im Saal atmete bei diesen Worten erleichtert auf, da er überzeugt war, dass der erwähnte Ausgesandte des Antichristen niemand anderes war als er selber.
    »Er ist wie die Schlange, er hat die Absicht, alles zu vergiften, unsere Gemeinschaft mit dem Herrn zu zerrütten, aber das wird ihm nicht gelingen! Und wisst ihr, weshalb? Wenn er zu mir hingekrochen kommt, wenn diese Natter mich mit ihren giftigen Zähnen und Klauen zu packen versucht, da werde ich ihr entgegenstehen, halleluja, ich werde mich ihr entgegenstellen, womit? Mit Gottes Milde und Sanftmut, Brüder und Schwestern, und-jetzt-alle-miteinander: AMEEN ! Ich trete ihr entgegen wie David dem Goliath, wie Mose dem Pharao, ja, wie Christus den Pharisäern, und wie sie werde auch ich den Sieg davontragen!« Árni verlor für einen Augenblick den Faden, als er versuchte, sich eine Schlange mit Klauen vorzustellen, aber es gelang ihm, dem Rest der Predigt mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu folgen. Das war seiner Ansicht nach durchaus als eine Art von Wunder einzustufen.
    *
    »Du bist mir vielleicht einer«, sagte Stefán und setzte sich.
    »Was? Was habe ich denn jetzt schon wieder verbrochen?«, fragte Guðni heiser.
    »Ich habe da draußen mit einer Krankenschwester gesprochen und sie gefragt, wie es um dich steht.«
    »Und? Geht es ihnen mit meiner Genesung nicht schnell genug? Brauchen sie das Bett?«
    »Ich glaube, es

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