Josepsson, Aevar Örn
darunter.
»Idioten«, schnaubte Katrín, »man sollte meinen, dass diese Reporter zumindest Isländisch könnten.« Sie schlug die Tür hinter sich zu, obwohl sie einen automatischen Türschließer hatte.
*
Aus dem Krankenhaus verlautete, dass der Zustand von Úlfur immer noch ernst war, aber im Augenblick stabil, was auch immer das bedeutete. Guðnis Zustand hingegen besserte sich erwartungsgemäß, und vielleicht sogar mehr als das. Darüber waren alle erleichtert. Nun kamen die unangenehmen Dinge auf Katrín und Stefán zu. Ihr Morgen war zum größten Teil damit ausgefüllt, den Anfragen der Journalisten und den Fragen der Kollegen von der Verkehrspolizei Rede und Antwort zu stehen, und nicht zuletzt auch den Fragen der Leute von der internen Dienstaufsicht. Im Gegensatz zu den Reportern fragten die nicht nur aus purer Neugierde.
Árni seinerseits lieferte dem Hund die Bibel ab und befasste sich anschließend mit der Durchsicht von Ólafurs Papieren, um dort möglicherweise Erklärungen für seinen plötzlichen Reichtum zu finden. Doch dann rief Geir ihn an und bat ihn darum, vorbeizukommen. Dieser Bitte kam Árni gerne nach, zumal seine Beschäftigung kaum irgendetwas gebracht hatte.
Sie kannten sich schon lange, Árni und Geir, und zwar seit der Zeit vor fast zehn Jahren, als Árni Geirs Tochter Anna kennen gelernt hatte und kurze Zeit später mit ihr zusammengezogen war. Obwohl sie sich nach drei konfliktreichen Jahren trennten, hatte sich die Freundschaft zwischen Árni und seinem Exschwiegervater in spe seitdem ohne Unterbrechung gehalten. Árni hatte den Alten im Verdacht, einen nicht geringen Anteil daran gehabt zu haben, dass Árni in die Polizeischule aufgenommen wurde und eine Stelle bei der Kriminalpolizei bekam, noch bevor er die Schule absolviert hatte. Nach Geirs Ansicht hatte er bereits genug gelernt. Árni hatte fünf Jahre an der Universität studiert, und zwar acht Fächer. Zwar immer nur ein Semester pro Fach, aber trotzdem …
Der süßliche und seltsam schwere Geruch des Todes schlug Árni entgegen, als er den Korridor im Leichenhaus betrat. Er hatte Árni nie etwas ausgemacht, weder, als er Geir neu kennen gelernt hatte, noch in späteren Jahren, als sich seine Besuche am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit seinem Job mehrten. Auch jetzt störte ihn der Leichengeruch nicht.
»Lieber Árni, schön, dich zu sehen«, sagte Geir, als Árni den Obduktionsraum betrat. »Und sieh dir das an, hast du jemals so etwas gesehen?«
Árni hätte sich bestimmt mehr erschrocken, wenn er nicht schon irgendwie geahnt hätte, was ihn erwartete. Das Wenige, was noch von Ólafur Áki Bárðarson übrig war, brachte ihn aber dazu, die Augen weit aufzureißen. Eine leichte Gänsehaut lief ihm über den Rücken.
»Noch nie«, gab er zu. »Weshalb ist er so braun?«
»Aah«, sagte Geir und rieb sich die Hände. »Ich muss zugeben, dass es die erste Mumie ist, die mir unters Messer kommt.«
»Mumie?«, echote Árni.
»Ja, das ist nichts anderes als eine Mumie. Bei ihm zu Hause waren nämlich optimale Bedingungen für einen Mumifizierungsprozess, zwei offene Fenster, gut geheizt, das hätte nicht besser sein können. Ich bin natürlich kein Spezialist auf diesem Gebiet, denn, wie gesagt, so etwas ist mir jetzt zum ersten Mal auf den Seziertisch gekommen. Ich habe mir allerdings inzwischen einiges angelesen, und die braune Farbe …« Er spreizte die Finger und sah Árni erwartungsvoll an. »Tja, wie soll ich das ausdrücken, da finden gewisse chemische Reaktionen statt. Wie genau willst du das wissen?«
Árni hätte Geir zwar gern den Gefallen getan, aber an diesem Morgen war er nicht so richtig dazu aufgelegt, einen langen Vortrag über sich ergehen zu lassen.
»Ich brauche bloß eine verkürzte Ausgabe«, sagte er, »und in verständlicher Sprache.«
Geir konnte seine Enttäuschung nur schwer verhehlen. »Na schön. Also, da finden chemische Reaktionen statt, die … Vermutlich ist die kürzeste Ausgabe die, dass das einfach eine natürliche Gerbmethode bei Lufttrocknung ist. Hier, fass ihn mal an …«
Árni folgte Geirs Anweisung und betastete Schädel und Brust.
»Wie Leder«, bestätigte er.
»Genau, richtiges Leder. Und sieh mal das hier …« Er deutete auf ein paar dunkle, unregelmäßig geformte Stücke in einer Schale auf dem Nebentisch. »Weißt du, was das ist?«
Árni tippte ein Stück vorsichtig an. »Das Herz«, sagte er zweifelnd, »und – die Nieren? Und das da, was ist
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