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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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Reich.
    Wahnsinn, dachte Árni, und das nicht zum letzten Mal an diesem Abend.
    *
    »Für heute Abend ist Schluss«, erklärte Stefán resolut. »Und keine Widerrede, du fährst jetzt nach Hause. Es sei denn, du würdest auf ein Glas Rotwein bei uns hereinschauen wollen?«
    Katrín schüttelte den Kopf. »Nein, ich möchte lieber nach Hause. Trotzdem vielen Dank. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.«
    »Bist du dir sicher? Bist du nicht allein zu Haus, ist nicht Sveinn irgendwo mit den Kindern unterwegs?«
    »Ich bin schon okay«, sagte Katrín resolut, »mach dir keine Gedanken. Im Ernst«, fügte sie hinzu, und als sie Stefáns Miene sah, versuchte sie zu lächeln. »Mir fehlt wirklich nichts. Nichts, was nicht ein guter Nachtschlaf wieder in Ordnung bringen könnte.«
    »Mag sein«, sagte Stefán zögernd, »aber ich mach mir vielleicht genau wegen des Nachtschlafs Gedanken.«
    »Ich kann dir zumindest versprechen, dass ich den eher in meinem eigenen als in einem fremden Bett bekomme«, antwortete Katrín, immer noch resolut. »Bis morgen.« Sie ging zu ihrem braven alten Mazda, startete ihn und fuhr nach Hause ins Hvassaleiti-Viertel.
    Der junge Aushilfspolizist aus Búðardalur hatte sie alle vier nach Borgarnes gebracht, wo sie sich von ihm und seinen nervlich angespannten Kollegen aus diesem hübschen Örtchen verabschiedeten. Sie mieteten einen Leihwagen, verstauten die zwei Plastiktüten mit Úlfurs Habseligkeiten und seinen Schlafsack im Kofferraum und fuhren weiter nach Reykjavík. Sein Wagen, ein dunkelgrüner, drei Jahre alter Opel Vectra, den sie in dem Schuppen gefunden hatten, war am Sonntag in Reykjavík gestohlen worden. Es wäre natürlich verlockend gewesen, mit dem Auto, das anscheinend vollkommen in Ordnung war, in die Stadt zu fahren, aber sie hielten sich an die Regeln und ließen ihn stehen, wo er war. Am nächsten Tag würde jemand vom Erkennungsdienst hingeschickt werden, der den Wagen nach eingehendem Check nach Reykjavík zurückbringen würde.
    Auf dem Weg nach Borgarnes hatten alle die meiste Zeit geschwiegen, aber als Stefán und Katrín wieder unter sich waren und die Brücke bei Borgarnes überquert hatten, wurde Stefán ungemein gesprächig. Katrín war sich nicht sicher, ob sie nicht die schweigsame Variante bevorzugte. Sie wusste, dass Stefán es gut meinte, so war es nicht, aber trotzdem ärgerte es sie. Hätte er sich auch so viele Gedanken wegen Árni gemacht, dachte sie, oder wegen Guðni, wenn die am Steuer gesessen hätten? Sie gestattete sich, das zu bezweifeln, und deswegen war sie so ärgerlich. Nicht weil Stefáns Besorgnisse ihretwegen überflüssig gewesen wären, sie sehnte sich nämlich im Augenblick tatsächlich nach Trost und einer warmen, verständnisvollen Umarmung. Wahrscheinlich würden Árni und Guðni nach einem solchen Tag ebenfalls ein Bedürfnis danach verspürt haben. Zumindest Árni, korrigierte sie sich, in Bezug auf Guðni war sie sich nicht so sicher.
    Warum ist das so, fragte sie sich, wie kommt es, dass sogar Leute wie Stefán, der sie von Anfang an mit offenen Armen in das Team aufgenommen hatte und seitdem ständig bemüht war, ihr die Wege zu ebnen, und der überdies vermutlich kurz davor stand, ihr eine leitende Position anzuvertrauen, wenn alles gut ging – wie kommt es, dass sogar ein Mann wie er sich immer noch Frauen gegenüber benehmen muss, als seien sie Mimosen, wenn irgendetwas schiefläuft? Und gleichzeitig finden sie nichts natürlicher, als dass Männer in der gleichen Situation einen auf hart machen, die Zähne zusammenbeißen und so tun sollen, als sei nichts passiert.
    Wie zuvor fand sie auch jetzt keine Antwort auf diese Frage. Sie parkte ihre Klapperkiste, schloss das Auto sorgfältig ab und nahm die Treppe zu ihrer Wohnung im Laufschritt.
    Rotwein, dachte sie, ein Glas Rotwein wäre vielleicht doch nicht schlecht, auch wenn er nicht aus Stefáns eigener Produktion stammte. Im Regal lagen drei Flaschen: ein Rioja, ein argentinischer Merlot und ein deutscher Weißwein. Sie entschied sich für den Rioja. Unterdessen ließ sie eine Badewanne einlaufen und ging im Geiste noch einmal die Ereignisse des Tages durch. Die Höchstgeschwindigkeit auf der unbefestigen Landstraße war achtzig gewesen. Die meiste Zeit war sie erheblich schneller gefahren, aber nicht das letzte Stück auf dem holperigen Seitenweg. Sie hatte kaum mehr als sechzig draufgehabt, als Úlfur urplötzlich auf der Straße aufgetaucht war, aber das war in dieser

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