Josepsson, Aevar Örn

das?«
    »Die Bauchspeicheldrüse«, gluckste Geir. »Alles eingetrocknet und perfekt erhalten, wie kleine Imitate. Die Leber dagegen war mehr oder weniger aufgefressen, und außerdem ist ihm sowohl außen als auch innen einiges weggenagt worden, aber insgesamt gesehen ist der Arme erstaunlich gut konserviert.«
    »Ich hätte geglaubt, dass nach so langer Zeit nichts als das Skelett übrig sein würde«, gestand Árni. »Ich hätte gedacht, dass Insekten und Würmer den Rest besorgen.«
    »Wenn er irgendwo draußen gelegen hätte, wäre das auch der Fall«, sagte Geir. »Und dasselbe gilt auch unter gewissen Umständen in Innenräumen. Aber unter diesen Bedingungen – also, die Fliegen kommen natürlich sofort, vor allem Stubenfliegen und Schmeißfliegen. Die legen ihre Eier in Mund, Nase und Augen, sobald ein Lebewesen seinen letzten Schnaufer getan hat. Und in die Wunden natürlich. Aber es hat seine Grenzen, was sie in der Zeit fressen können, die ihnen zur Verfügung steht, denn eine Leiche trocknet relativ schnell aus. Je trockener sie wird, desto weniger haben sie zu knabbern. Das verlangsamt die Verwesung und den ganzen Fäulnisprozess. Nach sechs bis acht Wochen, maximal zehn, setzt der Austrocknungsprozess ein.«
    »Luftgetrocknet also.«
    »Luftgetrocknet«, bestätigte Geir grinsend.
    »Und wie lange dauert so etwas?«, fragte Árni.
    »Wie ich schon sagte, die Verwesung beginnt sofort, und daran schließt sich der Austrocknungsprozess an, und der Körper schrumpft ziemlich rasch«, antwortete Geir. »Der Gesamtablauf – tja, Ólafur hat sich in den letzten vier bis sechs Monaten wohl kaum noch verändert, würde ich denken. Reesa vespulae, also der nordamerikanische Wespenkäfer, hat ihn auch angeknabbert, der ist ganz versessen auf so etwas, von denen gibt es aber nicht so viele im sechsten Stock eines Betonhauses. Und bevor ich’s vergesse, ich habe Friðjón die Überreste von seinen Klamotten geschickt, und auch seine Brieftasche. Die steckte in dem, was mal seine Hosentasche war, vier Tausendkronenscheine, Kleingeld und Kontokarte, alles an seinem Platz.«
    »Prima«, sagte Árni. »Aber du hast mich wohl kaum gebeten, hierherzukommen, um mir das zu sagen, oder?«
    Geir schlug die Hände zusammen. »Nicht zu fassen, Árni, was man ins Schwätzen geraten kann. Hier, sieh mal das hier …« Er zog Árni zum Seziertisch und wies auf eine dunkle Stelle an der ledrigen Haut über der dritten Rippe, »und das und das hier und das da.« Árni folgte seinen Bewegungen mit den Augen und nickte. Dort, wo Geir hinzeigte, waren überall deutliche Einkerbungen in der ledrigen Haut.
    »Ich habe euch das im Grunde genommen auch schon angedeutet, und jetzt kann ich es bestätigen. Ólafur hat vier Stiche erhalten, drei in den Brustkorb und einen in die Bauchhöhle. Wenn man genau hinschaut, kann man dahinter ein bestimmtes Muster erkennen. Sieh mal hier, das ergibt eine Linie, diagonal von links oben nach rechts unten.«
    »Aber woher weißt du, dass sie nicht …«
    »Moment, Moment, mein lieber Árni, nicht vorgreifen. Ich sage diagonal von links nach rechts und von oben nach unten, und das ist nicht einfach so ins Blaue hinein gesagt. Bist du es von mir gewohnt, dass ich ins Blaue hinein rede?« Árni schüttelte den Kopf. »Nein«, erklärte Geir, »das ist nicht meine Art. Wenn diese Einstiche – wenn diese Linie von rechts unten nach links oben verliefe, dann sähen diese Risse anders aus. De facto sind es auch an zwei Stellen mehr als Risse«, sagte er, während er auf die größeren Einkerbungen wies. »Also dann wären die Einschnitte anders, und auch diese Sprünge an den Rippen«, fügte er fröhlich hinzu und nahm ein paar Röntgenbilder zur Hand. »Hier, sieh mal, an den Rippen oberhalb der beiden größten Einstiche sind Sprünge, sie sind zwar sehr fein, aber sie sind trotzdem da, siehst du das nicht? Gut. Es geht um ein Brotmesser oder eine Brotsäge, wie immer du das Ding nennen willst. Einseitig gezähnt, ohne eine richtige Spitze. Und das bedeutet, dass der Messerrücken nach oben wies und die Schneide nach unten. Mit anderen Worten, die Schneide hat die untere Rippe angeritzt, und der Rücken hat die Rippe darüber beschädigt. Diese zwei Stiche«, sagte er eifrig, »die sind eingedrungen, nicht tief, aber sie landeten zwischen den Rippen. Und dann ist da noch der letzte Stich, der dem Ärmsten den Garaus gemacht hat. Das kann man schon mit bloßem Auge erkennen, aber auf den Röntgenbildern